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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Einer war größer als die anderen und neben ihm stand ein kleinerer. Paul Hjelm glaubte sie zu erkennen, aber sie standen zu weit entfernt von der Kamera.

    Die Kette wurde durchtrennt und das große Tor zur Seite gezogen. Die Polizisten gingen hinein. Und kamen enttäuscht wieder zurück. Der große und der kleine Polizist schrien sich etwas zu. Und in dem Augenblick, als der kleinere etwas rief, was in der stummen Filmsequenz nicht zu hören war, und mit der geballten Faust gegen das Tor schlug, zoomte die Kamera ihn heran.

    Paul Hjelm hielt den Film an.

    Und sah Jorge Chavez.

    Scheiße, dachte er und verspürte einen Brechreiz. Nicht schon wieder.

    Er drehte den Laptop um einhundertachtzig Grad, sodass Arvid Lagerberg auf den Bildschirm sehen konnte.

    »War das der Polizist, den Sie gesehen haben?«, fragte Hjelm mit trockener Stimme.

    Arvid beugte sich vor und sah sich das Standbild blinzelnd an. Dann nickte er und sagte:

    »Ja, der war es.«

    »Sind Sie ganz sicher, Arvid? Dass es dieser Polizist war, den Sie vorgestern Nacht auf dem Weg zum U-Bahn-Eingang am Fridhelmsplan gesehen haben? Der erst lief und dann umkehrte und abhaute?«

    »Er hatte es sehr eilig zur U-Bahn«, sagte Arvid und nickte immer noch. »Aber als der Rauch kam, kehrte er auf der Stelle um und verschwand in derselben Richtung, aus der er gekommen war.«

    »Das heißt, hinunter zur St. Eriksbro?«

    »Ja«, sagte Arvid Lagerberg.

Sie verließen die Arrestzelle gemeinsam, und Arvids Schlussworte lauteten:

    »Sperrst du mich jetzt richtig ein?«

    »Nein«, sagte Paul Hjelm. »Jetzt lasse ich Sie richtig laufen, Arvid. Machen Sie was draus. Und danke für Ihre Hilfe.«

    Dann trennten sie sich.

    Sobald Hjelm die Flure der Arrestzellen verlassen hatte, holte er sein Handy hervor und rief in Chavez' Zimmer bei der A-Gruppe an. Dies sollte eine Sache zwischen ihnen beiden und niemandem sonst sein.

    Aber es war nicht Chavez, der antwortete. Es war Jon Anderson.

    Hjelm sprach einfach drauf los:

    »Ist Chavez nicht da?«

    »Nein«, sagte Jon Anderson und klang ziemlich kleinlaut. »Bist du sicher, dass du nicht mit mir reden willst? Ihr habt mich doch schon den ganzen Vormittag in der Mangel gehabt.«

    Anderson hatte ihn sofort an der Stimme erkannt. So ist das mit der Anonymität, dachte Hjelm finster.

    »Haben wir?«, war er jedoch gezwungen zu sagen.

    »Wegen der Schießerei letzte Nacht«, sagte Anderson. »Bei der ich einem Gangsterboss die Pistole aus der Hand geschossen habe.«

    Und dann noch dieser stolze Ton, dachte der interne Ermittler in Paul Hjelm. Alles klar.

    »Nein, ich wollte nur mit Jorge über etwas Privates reden. Weißt du, wo er ist?«

    »Hast du seine Handynummer nicht?«

    »Doch. Weißt du, wohin er wollte?«

    »Er wollte einen Mann namens Jamshid Talaqani suchen. Er und Kerstin haben eine Freundin von ihm in Bredäng ausgemacht. Anna Blom. Bredängsvägen 244. Sie sind gerade los.«

    »Danke«, sagte Hjelm so gutmütig, wie er konnte. »Guter Schuss, übrigens.«

    »Danke«, sagte Jon Anderson überrascht.

    Sie sind gerade los, dachte Paul Hjelm und lief zur Garage des Präsidiums.

    Mit Vollgas fuhr er nach Bredäng.

    Es schien ein schöner Spätsommersonntag zu werden. Die Sonrr stand hoch am Himmel und leuchtete groß. Es war schwierig, nicht geblendet zu werden auf der Fahrt nach Süden auf der E 4 mit dem außerordentlich chefgemäßen Dienst-Audi, der dem Leiter der Stockholmer Abteilung der Sektion für interne Ermittlungen zustand.

    Während er über seine Kopfhörer »Paranoid Android« hörte und mittels verschiedener Sitzpositionen der Sonne auszuweichen versuchte, dachte er an Jorge Chavez.

    An diesem Punkt hatte er schon einmal gestanden. Ganz am Anfang seiner Zeit bei den Internen war Chavez mit Anzeigen und übler Nachrede überzogen worden, und Hjelm hatte gegen seinen engsten Freund ermitteln müssen. Das hatte gezehrt, nicht nur an ihrem Verhältnis, sondern auch an Paul Hjelm selbst. Er war drauf und dran gewesen, bei den Internen aufzuhören und zur A-Gruppe zurückzukehren. Wenn sie ihn denn wiederhaben wollten.

    Aber es war anders gekommen. Die Sache hatte sich geregelt, Chavez hatte sich als unschuldig erwiesen, ihre Freundschaft war wiederhergestellt.

    Und jetzt war es also wieder so weit.

    The panic, the vomit.

    The panic, the vomit.

    God loves his children, God loves his children, yeah!

    Als er in Gedanken so weit gekommen war, befand er sich bereits in Bredäng.

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