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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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trug typische HipHop-Klamotten. Er grüßte den Mann hinter der Theke mit einem in die Luft gestreckten Finger und schloss die Tür. Im gleichen Moment sagte Gunnar Nyberg unmittelbar neben ihm:

    »Kräkan?«

    Der Angesprochene fuhr zusammen und starrte auf den enormen Polizisten.

    »Wer will das wissen?«, brachte er schließlich heraus.

    »Ein freundliches schwedisches Paar, das möchte, dass du dich einen Augenblick an unseren Tisch setzt.«

    »Was'n los? Seid ihr vom anderen Ufer? Mieses Sexleben?« Er hatte seinen Hip-Hopper-Ton wiedergefunden.

    »Ich bestehe darauf«, sagte Gunnar Nyberg und spürte, dass es angebracht war, den Polizeiausweis hervorzuholen.

    Was Kräkan veranlasste, ihn gehorsam zum Fenstertisch zu begleiten. Er setzte sich auf den dritten Stuhl und sagte:

    »Falls ihr glaubt, dass ich jemand verpfeife, sei ihr aufm falschen Dampfer.«

    »Du sollst nichts weiter tun, als ein paar Kumpeln das Leben retten.«

    »Wie die Bullen so sagen.«

    »Es geht um Folgendes«, sagte Kerstin Holm und beugte sich über den Tisch. »Wir glauben, dass du ein Kumpel von den vieren bist, die an diesem Tisch zu sitzen pflegen.«

    »Ja?«, blaffte Kräkan aufmüpfig. »Und?«

    »Zwei von ihnen sind tot«, sagte Holm. »Mehran und Siamak. Sagen dir die Namen etwas?«

    Kräkan erbleichte zusehends.

    »Ja, klar«, sagte er schließlich. »Wir waren Kumpel in der Schule. Alle fünf. Aber ihr irrt euch. Siamak ist nicht tot. Mehran ist tot. Ihr verwechselt sie. Er wurde von irgendeinem Psycho überfahren.«

    »Alle fünf?«

    »Ja, die alte Gang. Klar kenne ich sie.«

    »Warum habt ihr angefangen, euch hier zu treffen?«

    »Korrekter Laden«, sagte Kräkan mit einem Achselzucken. »Echt guter Kuchen. Zaban, you know.«

    »Ihr fünf wart also eine feste Gang?«

    »Damals ja.«

    »Wieso? Jetzt nicht mehr?«

    »Wir hatten uns eine Menge Jahre nicht getroffen. Aber dann wollte Jamshid uns wieder zusammenbringen. Hatte so eine Idee.«

    »Wann war das?«

    »Wir haben, ja, verdammt, vor acht Jahren aufgehört, nach der neunten Klasse.«

    »Ich meine: Wann hat Jamshid sich wieder gemeldet und wollte die alte Gang wieder zusammenbringen?«

    »Weiß nicht«, sagte Kräkan. »Zwei Monate?«

    »Aber du bist abgesprungen, Kräkan«, sagte Kerstin Holm. »Du wolltest nicht mitmachen.«

    »Was soll denn der Scheiß jetzt?«

    »Es waren immer nur die vier am Tisch hier, nicht wahr? Und trotzdem warst du immer hier, Kräkan. Wo hast du gesessen?«

    Kräkan schwieg. Er machte ein paar Drehbewegungen mit den Schultern, verzog aber keine Miene.

    »Ich habe nicht gelogen, Kräkan«, sagte Holm. »Mehran ist tot, und Siamak ist auch tot. Wir waren gerade bei Siamak zu Hause am Gränsholmsbacke und haben seine Leiche gesehen. Er hat sich sehr gründlich die Pulsadern aufgeschnitten. So sah es auf jeden Fall aus.«

    Kräkan starrte sie an und sagte:

    »Nein, verdammt, nie Siamak. Nie.«

    »Doch, leider.«

    »Aber ihr habt sie doch nicht mehr alle«, sagte Kräkan. »Ihr wollt mich verarschen. Ihr lügt doch!«

    »Wir lügen nicht, Kräkan. Du musst jetzt alles erzählen, was du weißt, dies hier ist blutiger Ernst. Erzähl jetzt die ganze Geschichte.«

    Kräkan saß reglos da und starrte vor sich hin. Schließlich begann er zu erzählen, fast mechanisch:

    »Jamshid rief an und sagte, wir sollten uns wieder treffen, die alte Gang. Geil, dachte ich. Der Einzige von den alten Kumpels, den ich manchmal sah, war Siamak, und das auch nicht gerade oft. Wir trafen uns zum ersten Mal hier. Kamen uns wieder näher, du weißt schon. Es war alles wieder da, du weißt schon wie das ist mit Freunden, die man eine Zeit aus den Augen verloren hat: einmal Kumpel, immer Kumpel. Wir trafen uns ein paarmal, echt geil, aber anders als früher. Mehran und seine verfluchte Uni, cleverer Typ. Jamshid ziemlich stiff, aber okay. Arman einfach a nice guy. Und Siamak, der Mann mit den Kontakten. Der kannte Gott und die Welt.«

    »Da wurdet ihr also wieder Kumpel?«

    »Eine Zeit lang«, nickte Kräkan. »Eine Zeit lang war es echt cool. Cool, sich zu treffen, Tee zu trinken, über Mädels zu quatschen, auf 'n Putz zu hauen. Du weißt schon.«

    »Und dann?«

    »Dann fing Jamshid an, zur Sache zu kommen.«

    »Zur Sache?«

    »Ja, du weißt schon. Alles wurde ernst. Er quatschte vom Dschihad und ihr wisst schon. Von den Wurzeln und vom Kulturerbe. Und er redete vom Koran, dem heiligen Buch, und vom Propheten und den heiligen Kriegen.

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