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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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er starb?«

    »Ich dachte schon, du würdest nie mehr fragen.« Kerstin Holm drückte ein paar Tasten und gelangte zum Anfang des Dokuments. Da stand: »We were just amateurs.«

    Danach begann ein Wald verschiedenster Buchstaben und Zeichen. Und offenbar war die Returntaste tatsächlich involviert gewesen, denn es war kein dichtes Textbild, sondern eher ein gelichtetes.

    Und der Text war absolut bedeutungslos.

    »Mist«, sagte Kerstin Holm. »Was heißt das?«

    »Wir waren nur Amateure«, übersetzte Nyberg folgsam.

    »Hör schon auf«, sagte Kerstin Holm. »Was bedeutet es?«

    »Ein Bekennerschreiben auf Englisch«, sagte Gunnar Nyberg. »Nicht ganz überzeugend, wenn du mich fragst.«

    Kerstin Holm blinzelte und sagte:

    »Die Spurensicherung kann jeden Moment hier sein. Dann fliegen wir raus. Versuche etwas zu finden, los schnell. Irgendwas.«

    »Aber ohne etwas anzufassen«, fügte Nyberg hinzu und machte sich auf der Stelle über Schubläden und Bücherregale her. Und Holm tat desgleichen.

    Das meiste war weitgehend leer. Die Schreibtischschubladen waren staubfrei, was bei routinierten Polizisten immer schnell Misstrauen hervorruft. Als sie die Kriminaltechniker vor der zersplitterten Tür die Treppe heraufkommen hörten, hatten sie es schon aufgegeben. Es bedurfte keiner Worte zwischen ihnen, um zu verstehen, dass die Wohnung durchsucht worden war. Äußerst gründlich.

    Wahrscheinlich von einem Mörder, der ein albernes, falsches Bekennerschreiben auf Englisch geschrieben hatte.

    Und der das aus einem ganz speziellen Grund getan hatte.

    Im Flur begegneten sie Brynolf Svenhagen. Der zeigte auf die zersplitterte Tür und sagte:

    »Wie schaffst du das immer wieder?«

    Gunnar Nyberg zuckte mit den Schultern und sagte:

    »Schlechtes Material. Sechzigerjahre.«

    Dann waren sie wieder draußen auf Gränsholmsbacken. Nyberg streckte die Hand aus. Holm betrachtete sie. Nyberg zog sie nicht zurück. Schließlich ließ Holm den Wagenschlüssel hineinfallen.

    Es war so etwas wie ein Dejá-vu-Erlebnis.

    »Aber wir fahren nicht besonders weit«, sagte Gunnar Nyberg, während er den Fahrersitz kräftig nach hinten schob.

    »Es ist Sonntag, und sechs Uhr am Morgen«, sagte Kerstin Holm. »Ich glaube, das können wir vergessen.«

    »Nicht alle in unserer multikulturellen Welt haben die gleichen Gewohnheiten wie wir«, sagte Nyberg und ließ den Prius an. »Du bist Kulturimperialistin, meine Schöne.«

    Dann fuhren sie vollkommen lautlos ein paar Hundert Meter, bevor Nyberg bremste und anhielt.

    Das Vereinslokal am Värbergsväg wirkte zweifellos geschlossen. Aber als Nyberg die Türklinke herunterdrückte, ging die Tür auf. Sie betraten einen kleinen, ziemlich heruntergekommenen Versammlungsraum. Tische und Stühle von billigster Ikea-Qualität standen an den Wänden, und die Wände waren regelrecht zugekleistert mit Ankündigungen und Postern auf Arabisch und Persisch.

    Arabisch und Persisch?, dachte Gunnar Nyberg. Wie konnten Sara Svenhagen und Lena Lindberg behaupten, dass es sich um Arabisch und Persisch handelte? Man sah ja überhaupt keinen Unterschied. Persisch wird nämlich auch mit arabischen Buchstaben geschrieben - obwohl es eine indoeuropäische Sprache ist, im Unterschied zum semitischen Arabisch, und also dem Schwedischen eindeutig nähersteht. Das war an diesen Plakaten aber kaum zu erkennen. Und für einen kurzen Moment dachte Nyberg, dass ordentliche Sprachkenntnisse für die schwedische Polizei immer wichtiger wurden. In der neuen Welt reichte es nicht mehr aus, herumzulaufen und auf bräsige Weise schwedisch zu sein. Man musste viel mehr können. Er hasste es, sich unwissend zu fühlen.

    Gut, er lernte Russisch. Nyberg besuchte tatsächlich einen Abendkurs in Russisch. Ludmila hatte ihm einen guten empfohlen. Denn wenn sie zu ihrer Familie nach Moskau kamen - und sie wollten über Weihnachten dorthin -, konnte er nicht herumlaufen und bräsig schwedisch sein.

    Er fand überhaupt, dass das Wissen über die Welt außerhalb Schwedens heutzutage wichtig war. Man konnte sich eigentlich nicht mehr damit herausreden, dass einem etwas fremd war. Die Welt wurde in rasendem Tempo globalisiert. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden konnte jeder Mensch zu jedem Ort auf dem Erdball gelangen. Geografische Fremdheit war nur noch eine Erinnerung. Kulturelle Fremdheit würde wahrscheinlich nie nur eine Erinnerung sein.

    Was taten wir eigentlich gerade in der Welt. Bauten den Turm zu Babel wieder

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