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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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sagte:

    »Es ist ein Versammlungslokal.«

    Nyberg nickte, als habe der Mann ihm ein großes und wichtiges Geheimnis enthüllt.

    »Aha«, sagte er. »Und ich kann es schon heute schließen.«

    »Was?«, stieß der Mann hervor.

    »Wenn Sie mir nicht die Antworten geben, die ich haben will, bevor ich durch diese Tür hinausgehe, wird Ihr Lokal für alle Zukunft geschlossen sein.«

    Die Augen des großen Mannes wurden noch eine Ahnung schmaler. Aber er blieb auf seiner Seite der Theke.

    »Mehran und Siamak haben sich hier getroffen, nicht wahr?«, fragte Nyberg.

    In diesem Moment wurde es offensichtlich, dass der Mann seinen inneren Kampf verloren hatte. Er sagte knapp:

    »Ja.«

    Nyberg nickte und fragte:

    »Aber nicht allein, nicht wahr? Es waren noch mehr, die sich hier trafen?«

    Das letzte Widerstandsnest auf dem inneren Schlachtfeld des Mannes erwachte zum Leben. Seine Augen wurden wieder schmal.

    »Sie müssen mich jetzt entschuldigen«, sagte er.

    »Nein, ganz und gar nicht«, gab Gunnar Nyberg zurück. »Im Gegenteil. Wer waren sie?«

    »Ich weiß nicht«, antwortete der Mann und sah seine letzten inneren Soldaten fallen.

    »Wie viele?«

    »Vier«, sagte der Mann. »Immer vier. Sie sitzen immer am gleichen Tisch. Dort drüben am Fenster. Aber ich weiß nicht, wie sie heißen. Ich kenne ihre Gesichter, aber keine Namen.«

    »Warum kommen sie gerade hierher?«

    »Dies hier ist eine Freizone. Man darf denken, was man will, keine Grenzen.«

    »Darf man auch fundamentalistisch denken?«

    Der Mann hob die Hände in einer Geste, die Hoffnungslosigkeit signalisierte.

    »Ich nehme an, Sie wissen, wie viele Iraner es in Schweden gibt?«, sagte er. »Es sind viele. Diejenigen, die nicht schon vor dem Schah geflohen sind, sind vor dem Fundamentalismus geflohen. Wir bereiten der hiesigen Gesellschaft so gut wie keine Probleme.«

    »Ich bin ganz Ihrer Meinung«, entgegnete Nyberg. »Ich habe es nicht auf eine Volksgruppe abgesehen, sondern auf einige wenige Individuen.«

    »Das können Sie sich einreden. Um es auszuhalten.«

    »Versuchen Sie nicht, dies zu einer Frage von Vorurteilen zu machen. Wir haben mit großer Mühe diese beiden Individuen ausfindig gemacht, und genau in dem Moment, da wir sie finden, sterben sie. Es geht also mindestens ebenso sehr darum, den beiden Übrigen das Leben zu retten. Wer sind die beiden?«

    »Wie gesagt, ich weiß es nicht. Aber ich glaube, ich kenne jemanden, der es weiß. Er wird Kräkan genannt und kommt jeden Morgen um sieben Uhr hierher, sonntags wie wochentags. Sie können ja auf ihn warten.«

    »Danke«, sagte Gunnar Nyberg und zeigte wieder auf die Glasglocke. »Kann man die essen?«

    Der Mann blickte Nyberg finster an und sagte:

    »Es sind Zabankuchen, Butterteigschnitten mit Mandelfüllung, Safran und Rosenwasser. Aber Sie müssen Tee dazu trinken.«

    »Zwei Tee und zwei Zabankuchen bitte!«

    Das Bestellte kam auf einem kleinen Tablett, und Nyberg trug es zu einem Fenstertisch, an den Kerstin sich schon gesetzt hatte.

    »Herrlich«, sagte sie und roch am Tee.

    »An genau diesem Tisch saßen die heiligen Reiter von Siffin und planten ihre Taten«, sagte Gunnar Nyberg und setzte sich. Er biss herzhaft in seinen Zabankuchen und konnte nicht umhin festzustellen, dass es ein kulinarischer Leckerbissen war. Ein Meisterwerk.

    »Jesses«, sagte er. »Dabei sahen sie so verschrumpelt aus.«

    »Kräkan?« Kerstin Holm war skeptisch.

    Danach sagten sie fast eine halbe Stunde lang gar nichts. Siamak Dulabis Leiche holte sie ein. Vor ihrem inneren Auge gingen sie noch einmal die kleine Wohnung ab, sorgfältig, jeden Winkel. Nein, da war nichts, sie war gestaubsaugt. Die Spurensicherung würde nichts finden, so viel war klar.

    Schließlich sagte Kerstin Holm:

    »Sie sind also zu viert. Wer sind die, die wir gefunden haben? Der Theoretiker und der Techniker? Soll man das so sehen? Hat Siamak Dulabi die Bombe gebastelt? Gab es irgendetwas in seiner Wohnung, das darauf hindeutete?«

    »Nichts, was nicht beseitigt worden ist«, sagte Gunnar Nyberg.

    »>We were just amateurs<«, zitierte Kerstin Holm. »Tja, du«, sagte Gunnar Nyberg.

    Dann schwiegen sie wieder, bis die Tür aufging. Nyberg warf einen schnellen Blick zu dem großen Mann hinter der Theke und erhielt ein diskretes Nicken als Antwort. In der Tür erschien ein schlanker, mittelgroßer Mann mit einem Aussehen, das möglicherweise als iranisch gedeutet werden konnte. Er war gut zwanzig Jahre alt und

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