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Opferzahl: Kriminalroman

Opferzahl: Kriminalroman

Titel: Opferzahl: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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eine kleine Bewegung mit dem Kopf und sagte:

    »Siamak Dulabi, Gränsholmsbacken 19.«

    »Und das ist wo?«

    »In Värberg«, sagte Kill.

     

    *

     

    Kerstin Holm schickte Jorge Chavez, der aussah, als würde er jeden Augenblick auf die Bretter gehen, nach Hause, und hoffte, dass Gunnar Nyberg wie abgesprochen in seinem Zimmer bereitsaß. Die anderen hatte sie ebenfalls heimgeschickt, damit sie ein paar Stunden Schlaf bekamen.

    Wann sie selbst Zeit zu schlafen haben würde, wusste sie nicht. Vor dem Einsatz im Rödabergspark war es ihr nicht gelungen, sich auszuruhen - zu vieles ging ihr durch den Kopf -, aber sie wusste, dass Nyberg Gelegenheit zum Ausruhen gehabt hatte. Er war nach ihrer Erkundung auf direktem Weg nach Hause gefahren, allerdings nicht in seine Wohnung in Nacka, sondern in Ludmilas Wohnung, die bei Licht besehen viel mehr Zuhause für ihn war als Nacka. Ludmila wohnte außerdem nur einen Steinwurf vom Präsidium entfernt, er hatte also hoffentlich etwas Schlaf gehabt. Nicht nur Sex.

    Denn dass er den gehabt hatte, wusste sie. Sie hatte ihn gegen elf Uhr angerufen, nur um noch ein paar Gedanken wegen der Postierung im Rödabergspark mit ihm durchzusprechen, doch es waren nur einige sonderbar gestöhnte russische Phoneme an ihr Ohr gedrungen, die sie veranlasst hatten, auf der Stelle - und ein wenig verschämt - den Hörer wieder aufzulegen.

    Und sogleich hatte sie den schmerzlichen Mangel in ihrem eigenen Leben empfunden. Sie dachte an Bengt Äkesson und die wenigen Male, die sie miteinander geschlafen hatten. Sie dachte an die Kraft in dem Körper, der jetzt in einem Krankenbett dahinsiechte. Sie dachte an seinen Penis.

    So kam es dazu, dass Gunnar Nyberg in einem Rosenstrauch im Rödabergspark landete.

    Jorge Chavez hatte sich nur widerwillig zu seiner Frau Sara Svenhagen nach Hause begeben. Doch ohne Proteste. Der Widerwille galt in erster Linie der eigenen Müdigkeit - die sich nicht länger verbergen ließ. Er hatte ganz einfach nach dem Verhör mit Kill einen viel zu schlappen Eindruck gemacht, und er war sich dessen zutiefst bewusst.

    Also trottete er davon, und Kerstin Holm steuerte auf Gunnar Nybergs Zimmer zu.

    Der saß da und guckte sich im Internet Autos an. Richtige Rennschlitten. Als sie eintrat, sah er auf, und sein Blick war völlig ungetrübt. Ja, doch, er hatte Schlaf gehabt. Diese schönen Stunden nach der Liebe, die mehr Ruhe schenken als der unruhige Singleschlaf einer ganzen Nacht.

    Wenn sie sich richtig anstrengte, konnte sie sich noch daran erinnern.

    »Zeit nach Värberg zu fahren«, sagte sie.

    »Okay«, sagte Gunnar Nyberg. »Ich fahre.«

    »Du fährst nicht«, sagte Kerstin Holm.

    Und so fuhren sie in aller Ruhe durch einen völlig stillen, menschenleeren Sonntagmorgen. Die Sonne, die langsam höher stieg und ihre goldenen Strahlen über Ärstaviken schickte, als sie die Liljeholmsbro überquerten, war inzwischen zur Spätsommersonne geworden. Es war halb sechs, Sonntag, der siebte August, und kein Mensch war zu sehen. Als sei Stockholm zu Eis gefroren. Und es war eine sehr schöne Ödnis.

    Värberg, das gemeinsam mit den Stadtteilen Skärholmen, Sätra und Bredäng den Ortsteil Skärholmen bildete, wurde in den Sechzigerjahren gebaut. Von Grund auf, in allen seinen Teilen. Und das waren viele. Es waren die niedlichen Teile hinunter nach Johannesdal und zum Mälaren, Reihenhaus an Reihenhaus, und es waren die so typischen Millionenprogrammteile näher am problematischen Skärholmen. Värberg war ganz einfach ein Schweden in Miniatur.

    Der Gränsholmsbacke lag nicht ganz unerwartet in der Millionenprogrammhälfte. Kerstin Holm parkte vor der Haustür, und sie gingen hinein, betrachteten die Namenschilder, fanden »Dulabi« und nahmen den Aufzug in den zweiten Stock.

    Es war die Tür, die dem Lift am nächsten lag. Sie hatte nichts Besonderes an sich. Nur eine ganz normale Tür auf einem ganz normalen Etagenflur.

    Kerstin Holm flüsterte:

    »Du weißt, warum ich dich mitgenommen habe.« Gunnar Nyberg sah auf die Uhr, sah, dass es 5.49 Uhr war, und flüsterte zurück:

    »Um das Auto zurückzufahren, nicht wahr?« Kerstin Holm verzog das Gesicht und sagte: »Okay.«

    Worauf Gunnar die Tür eintrat.

    Sie gingen mit gezogenen Waffen hinein.

    Siamak Dulabi saß an seinem Schreibtisch. Sein Computer vor ihm gab ein herzzerreißend schrilles Piepen von sich. Es klang, wie wenn man eine Menge Tasten gleichzeitig drückt und sie stundenlang gedrückt

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