Opferzeit: Thriller (German Edition)
Mann mit einer Mission, der gerade zur Hälfte in die Luft gesprengt wurde – und genau das er ist ja auch. Die Schmerzmittel haben noch nicht angefangen zu wirken, und er ist sich auch nicht sicher, ob sie das jemals tun werden. Er bleibt stehen und wendet sich dem Detective zu. Das Gerichtsgebäude ist noch fünfzig Meter entfernt »Raphael Moore?«
»Ja. Ich glaube, du kennst ihn.«
»Ich hab vor Kurzem noch mit ihm gesprochen«, sagt Schroder und denkt zurück an ihre Unterhaltung vom Samstag und an die von Donnerstagabend. Er denkt an das ungute Gefühl, das die Begegnung mit Raphael bei ihm hinterlassen hat. Jetzt weiß er warum. Bald wird er sich diesen Gefühlen wieder stellen und sich fragen müssen, was er mehr hätte tun können. Er hätte sich mehr darum bemühen müssen, Kent davon zu überzeugen, dass mit diesem Kerl etwas nicht stimmte. Oder er hätte sich ihm einfach an die Fersen heften sollen.
Mit seinem intakten Arm kramt er in seiner Tasche nach seinen Wake-E-Tabletten, aber sie sind nicht mehr da, sie müssen rausgefallen sein, entweder als er durch die Luft geschleudert wurde oder als er wieder auf dem Boden auftraf. »Melissa muss ihn gekannt haben«, sagt er, während er weiter seine Taschen durchwühlt.
»Es könnte auch nur Zufall gewesen sein«, sagt Hutton. »Vielleicht hat sie einfach nur eine Bombe in irgendeinem Auto versteckt, das gerade in der Gegend herumstand. Es könnte sein …«, setzt er an, dann klingelt sein Handy.
Hutton nimmt den Anruf entgegen, was Schroder die Gelegenheit gibt, darüber nachzudenken, was Huttons es könnte sein wohl gefolgt wäre, und er fügt eine Menge seiner eigenen es könnte sein hinzu. Die beiden Männer setzen sich wieder in Bewegung. Hutton murmelt nicht viel mehr als ein gelegentliches Aha oder ein in Ordnung ins Handy. Schroder ist froh, dass es nicht seine Aufgabe ist, mit der Frau zu reden, die gerade dabei war, Raphaels Exfrau zu werden, und die nun, technisch gesehen, seine Witwe ist. Er denkt an Raphaels Enkel und fragt sich, wie sie wohl auf den Verlust reagieren werden, und ob der Verlust ihrer Mutter nicht zu ein schneidend war, als dass der Tod ihres Großvaters sie noch sonderlich treffen würde. Dann denkt er an Jack Mitchell, an den Tag, an dem sie Joe Middleton verhaftet haben, und wie sehr es Jack damals juckte, dem Serienkiller eine Kugel zu verpassen. Das ist kein es könnte sein, sondern ein es hätte sein können . Und durch dieses es hätte sein können hätte der heutige Tag völlig anders verlaufen können. Seine Fantasie kreist weiter um diese verpasste Gelegenheit. Kein Joe, kein Prozess, keine Demonstrationen, keine Schüsse und keine Bomben. Heute Nacht, wenn das Adrenalin wieder abebbt, werden eine Menge Schuldgefühle auf ihn lauern.
Sie kommen an Raphaels Wagen vorbei. Der Ort der Explosion leert sich langsam und die Polizeipräsenz hat zugenommen. Die verbleibenden Demonstranten werden bis zum nächsten Häuserblock zurückgetrieben, wo sie sich wieder zu einer Menge verdichten, während Polizeibeamte versuchen, den Schauplatz abzuriegeln. Das gelingt den Cops nicht so gut, wie sie es gerne hätten, denn innerhalb der Absperrung befinden sich nach wie vor ein paar Leute, die weder Cops noch Opfer noch Sanitäter sind, sondern zumeist Medienleute. Der als Ablenkungsmanöver gedachte Konvoi ist nun nicht länger von Menschen umringt. Schroder und Hutton gehen über die Kreuzung, biegen am Ende des Blocks nach links und steuern auf die Rückseite des Ge richtsgebäudes zu, wo vier Streifenwagen mit ausgeschalteten Sirenen und blinkenden Blaulichtern stehen.
»Das waren interessante Informationen«, sagt Hutton. »Zeugen haben ausgesagt, der Mann, der in Raphaels Wagen gestiegen ist, sei ein Polizeibeamter gewesen.«
Schroder hält erneut inne, dreht sich mit dem Rücken zum Gerichtsgebäude und mustert Hutton, dessen Kopf im Hintergrund von Raphaels qualmendem Auto eingerahmt wird. »Was?«
»Das ist noch nicht alles«, sagt Hutton. Ein paar Meter weiter diskutieren Reporter mit den Polizisten, die sie zurückzudrängen versuchen. Schroder und Hutton gehen weiter. »Einer weiteren Aussage zufolge handelt es sich bei dem Mann in dem Wagen um denselben, der hier rauskam«, sagt er und deutet hinüber zu dem Bürogebäude, in das im Augen blick kontinuierlich Spurentechniker strömen.
»Auf Zeugenaussagen kann man sich nie verlassen«, sagt Schroder.
»Schon klar, aber der Kerl, der ihn beim Einsteigen gesehen
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