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Ophran 3 Die entflohene Braut

Titel: Ophran 3 Die entflohene Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karyn Monk
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härter, tiefer. Er wollte Amelia an sich binden, wollte ein Teil von ihr sein, nicht nur in diesem Augenblick, sondern für immer. Wieder und wieder drang er in sie ein, ergriff Besitz von ihr, gab sich ihr hin, bis sie sich, schließlich wie mit einem Leib bewegten, mit einem Atem, einem Herzen. Er wollte sich zügeln, wollte es ewig währen i lassen, doch sein verräterischer Körper gehorchte ihm nicht und bewegte sich stattdessen noch ungestümer. Und plötzlich stürzte Jack in einen Abgrund. Er schrie auf vor Freude und Furcht, presste seine Lippen auf Amelias Mund, drang ein letztes Mal tief in sie ein und überflutete sie mit seiner  Liebe. Die Arme fest um sie geschlungen, rollte er auf die Seite und küsste Amelia erneut.
    Verlass mich nicht, flehte er lautlos und fragte sich, wie er es ertragen sollte, wenn sie es schließlich tat.
    Er löste die Lippen von den ihren und schloss die Augen, unfähig, Amelia anzusehen - aus Angst, sie könne die schmerzhafte Zerrissenheit seiner Seele erkennen.
    Amelia schmiegte die Wange an Jacks Brust und lauschte seinem heftig pochenden Herzen. Nichts hatte sie auf das vorbereitet, was eben geschehen war. Nichts! Sie lag reglos da, hörte ihn atmen und fragte sich, ob er wohl ähnlich aufwühlende und verwirrende Gefühle hatte wie sie. Sie wollte, dass er etwas sagte, ihr erklärte, wie es mit ihnen weitergehen würde.
    Er schwieg.
    Ein leises Gefühl der Verlorenheit ergriff von ihr Besitz und vertrieb die überwältigende Freude, die sie kurz zuvor noch empfunden hatte. Jack wird mich niemals heiraten wollen, erkannte sie. Er sah in ihr nichts als eine verwöhnte Erbin, die nicht in der Lage war, die Welt zu verstehen, aus der er stammte, oder das entsetzliche Leben, das er hatte ertragen müssen. Deshalb hatte er sie nicht an der Wahrheit über seine Vergangenheit teilhaben lassen. Zum ersten Mal in ihrem Leben erwies sich ihre Herkunft als Nachteil für sie. Vielleicht wäre sie ein wenig begehrenswerter für ihn gewesen, wenn sie noch über ihre Mitgift verfügt hätte, denn dann hätte sie ihn wenigstens beim Aufbau seiner Reederei unterstützen können. Doch so, wie die Dinge lagen, hatte sie ihm nichts zu bieten. Nichts außer sich selbst und einem jämmerlich geringen Einkommen von zweihundert Pfund im Jahr, vorausgesetzt, sie tat nichts, was zu ihrer Entlassung führte, während sie die unbekannten Gewässer des Angestelltendaseins befuhr.
    Wenn Jack sich damit zufrieden geben konnte, war dies gewiss der richtige Augenblick, es zu sagen.
    Er schwieg.
    Amelias tränenfeuchter Blick fiel auf das Porträt von Charlotte, das über dem Kamin hing. Als sie es zum ersten Mal gesehen hatte, war ihr nicht bewusst gewesen, dass das  Mädchen im Sessel Jacks Schwester darstellte - die Namenspatronin seines geliebten Segelschiffs. Nun, da sie Charlotte kannte, besaß das Bild eine tiefere Bedeutung für sie. Wenn Charlotte versuchte, die Rose aufzuheben, die zu ihren Füßen lag, würde sie sich an ihren Dornen verletzen, ließ sie sie jedoch liegen, würde die Blume welken und sterben. Wenn Charlotte im wahren Leben zu laufen versuchte, beurteilte sie jeder nach ihrem Gebrechen - voller Mitleid natürlich, doch auch überzeugt davon, dass es viele Dinge gab, zu denen sie nicht in der Lage war. Würde sie jedoch nicht zu laufen versuchen, wäre ihr Leben einsam und voller Beschränkungen. Amelia dachte daran, wie reizend Charlotte war, wenn sie unbeholfen umherging, wie sie darauf bestanden hatte, sie, Amelia, zu ihrem Vorstellungsgespräch zu begleiten, obwohl das bedeutete, viele Treppen steigen und sich dem neugierigen Starren der Leute aussetzen zu müssen. Doch Charlotte hatte jeden Fremden angelächelt, an dem sie vorüberhumpelte, und versucht, ihm die Befangenheit zu nehmen. Sie verfügte zwar nicht über Annabelles Lebhaftigkeit oder Grace’ Selbstbewusstsein, doch sie hatte den Widrigkeiten des Schicksals die Stirn geboten und sich ein erfülltes Leben aufgebaut.
    Vielleicht gelingt mir das auch, überlegte Amelia zaghaft.
    Ein lautes Schnarchen zerriss die Stille der kleinen Kammer. Jacks Umarmung hatte sich so weit gelockert, dass Amelia sich von seinem warmen Körper lösen konnte. Fröstelnd und beschämt klaubte sie hastig ihre Kleidungsstücke vom Boden auf und zog sich an. Die Mischung aus Alkohol und Erschöpfung hatte Jack in einen tiefen Schlummer fallen lassen. Amelia deckte ihn behutsam mit seinem zerknitterten Hemd und seinen wollenen Hosen zu

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