Ophran 3 Die entflohene Braut
auf gerissen. Es war, als habe sie etwas entdeckt, als habe sie hinter die sorgfältig errichtete Fassade seiner Gleichgültigkeit geschaut und einen Blick auf den Schmerz und die Verlustangst erhascht, die sich dahinter verbargen. Er wollte ihre Sorge und ihr Mitgefühl nicht. Er hatte sich um sie zu kümmern, nicht umgekehrt! Mit einiger Mühe gelang es ihm, eine spöttische Miene aufzusetzen - in der Hoffnung, Amelia würde sich davon täuschen lassen und zu dem Schluss kommen, er sei nichts weiter als ein grober, gefühlloser Schuft.
„Verlass mich, wenn du willst“, knurrte er wütend. „Es schert mich einen Dreck! “
Amelia zuckte zusammen, als ob er sie geohrfeigt hätte.
Irgendetwas jedoch hielt sie zurück, hielt sie davon ab, sich auf dem Absatz umzudrehen, aus Jacks Arbeitszimmer zu rauschen, nach Oliver zu rufen und ihn zu bitten, sie auf der Stelle zu Annabelle zu kutschieren. Es war etwas in Jacks Augen, etwas, das er durch sein grobes Benehmen zu überspielen versuchte. Es war ein so tiefes Gefühl der Verzweiflung, dass Amelia sich fragte, warum sie es erst jetzt entdeckt hatte. Alles, was Jack sagte und tat, gab ihr zu verstehen, dass sie ihm nichts bedeutete, dass sie gehen sollte.
Aus seinen rauchgrauen Augen jedoch sprach das stumme Flehen, sie möge ihn nicht verlassen.
Den Blick fest auf ihn gerichtet, ging Amelia entschlossen auf ihn zu. Und als sie ihm so nahe war, dass sie beinahe seinen kräftigen Herzschlag an ihrer Brust spürte, hob sie die Hand und berührte sacht die gezackte weiße Narbe auf seiner Wange.
„Ich werde dich nicht verlassen, Jack“, sagte sie schlicht. „Außer, wenn du es wirklich willst. “
Jack starrte sie an, verzaubert von ihren Worten, ihrem Duft, ihrer Liebkosung. Sie versprach, bei ihm zu bleiben. Doch warum? In diesem Augenblick schien es kaum von Bedeutung. Er hatte geglaubt, sie zu verlieren, doch er hatte sich getäuscht. Seine Gedanken wurden zu sehr von Wut und Verlangen beherrscht, um der Frage weiter auf den Grund zu gehen. Beseelt von dem Wunsch, Amelias Versprechen zu besiegeln, sie an sich zu binden, damit sie es sich nicht anders überlegen konnte, ließ Jack die Flasche fallen und zog Amelia in seine Arme.
Und dann, von abgrundtiefer Verzweiflung überwältigt, schluchzte er auf und presste seine Lippen auf die ihren. Amelia löste die Hand von Jacks narbiger Wange, schlang die Arme um seinen Nacken, zog seinen Kopf zu sich hinab und erwiderte seinen Kuss. Als sie sich leidenschaftlich an ihn schmiegte, spürte sie, wie seine Wärme und seine Kraft sie umhüllten wie ein undurchdringlicher Schutzschild. Verlangen durchströmte ihren Körper, brachte ihr Blut in Wallung und ihre Haut zum Glühen, bis ihre Welt nur noch aus dem whiskysüßen Geschmack seines Mundes, dem Reiben] seiner rauen Wange und dem harten Druck seiner Männlichkeit gegen das feuchte Delta zwischen ihren Schenkeln bestand. In irgendeinem verborgenen Winkel ihres Bewusstseins war ihr klar, dass es falsch war, was sie tat, doch eine übermächtige Sehnsucht hatte ihr den Verstand benebelt, und sie war nur noch von dem Gedanken besessen, Jack zu halten, zu berühren, zu küssen, zu seiner Seele vorzudringen und ihm verständlich zu machen, dass sie ihn nicht verlassen würde, ganz gleich, was andere in der Vergangenheit getan hatten. Und so strich sie mit den Fingern durch sein dunkles, zerzaustes Haar, erkundete seinen Mund mit ihrer Zunge, küsste ihn leidenschaftlich, gab sich ihm hin und eroberte ihn gleichzeitig, und es kümmerte sie nicht, ob es richtig oder falsch war. Sie begehrte ihn mit einer Heftigkeit, neben der alles andere verblasste. Alles, was zählte, waren sein muskulöser warmer Körper, seine zärtlichen Hände, die über ihre! Brüste, ihren Rücken und ihre Hüften glitten, und der harte Beweis seiner Manneskraft, der gegen ihren Schoß drückte und sie mit brennendem Verlangen erfüllte. Sie wollte den Schmerz auslöschen, der ihn quälte, und die Last von seinem Herzen nehmen, bis Jack es nicht mehr nötig hatte, falschen Trost im Alkohol und im Zorn zu suchen. Und so ließ sie ihn gewähren, als er an den Knöpfen ihrer Jacke nestelte, und wehrte sich selbst dann nicht, als er das widerspenstige Kleidungsstück schließlich ungeduldig aufriss. Ihrer Leinenbluse widerfuhr dasselbe Schicksal, doch Amelia konnte nichts weiter tun, als den Kopf in den Nacken sinken zu lassen und leise aufzuschreien, als Jack die Hände auf die kühle Seide
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