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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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dafür, wenn dieser Apfelweinkellner partout nicht von mir lassen kann.
    „Und? Hat’s was gebracht, daß ich auf Toilette war?“ fragte Maria.
    Herr Schweitzer zog eine Schnute: „Nicht wirklich. Semmler kapiert’s einfach nicht. Das könnte interessant werden, sollte sich Lola von ihm abschleppen lassen.“
    Buddha Semmler indes war total gut drauf. Das war der hiesige Menschenschlag fast immer, wenn Apfelwein in Strömen floß. Akrobatisch wirbelte er Lola herum, drehte sich mit ihr engumschlungen um die eigene Achse und schrie schon bald den Refrain mit. Schlampenfieber. Immer wieder rutscht das Mieder.
    Nach der dritten Wiederholung machte sich das Gros der Männer auf. Man wolle noch unbedingt in eine Disco in Hibbdebach, wo ein Freund von ihnen heute nach Mitternacht, also jetzt, seinen Dreißigsten feierte. Es gäbe Champagner und Lachsschnittchen in Hülle und Fülle. Simonchen lehnte dankend ab, nein, mitkommen wolle er nicht, sehr müde sei er.
    Mit einem lauten Rums ließ Lola die Rolläden herunter. Danach kassierte sie die Herrschaften ab. „Ich mach heut mal pünktlich Feierabend. Mein Freund Jürgen wartet schon auf mich.“
    Diese Aussage stieß bei Buddha Semmler auf Entsetzen. Gedanklich hatte er Lola nämlich schon flachgelegt.
    Herr Schweitzer allerdings, der ja um das wahre Geschlecht Lolas wußte, seufzte zufrieden, denn nun war er aus der Verantwortung für seinen Kumpel raus. Zusammen mit dem Nackten Jörg verließ man das Lokal.
    Buddha Semmler, der einst seinen Spitznamen wegen seines Bauches bekam, machte sich schnell vom Acker. Ein nur ganz kurzer Gruß ließ seine Enttäuschung erahnen.
    Der Nackte Jörg schwang sich auf sein Fahrrad.
    „Sag mal, ist dir nicht kalt?“ fragte Lola noch, denn die Temperatur hatte sich um den Gefrierpunkt eingependelt.
    „Kalt sind nur die Menschen. Tschüs“, war des Nackten Jörgs eigenwillige Antwort.
    Als dieser im Nieselregen verschwunden war, sagte Lola: „Von hinten sieht es aus, als fahre unser Jörgeli ohne Sattel. Vielleicht sollte ich diese Sünde auch mal begehen. Macht bestimmt viel Spaß.“
    Und Maria hieb in dieselbe Kerbe: „Einen Kettenschutz braucht der Nackte Jörg beim Radeln auch nicht.“
    Einige Sekunden verstrichen, dann hatte es auch Herr Schweitzer kapiert. „Stimmt, Maria. Was sollte sich in der Kette auch verheddern können …“
    „Huch, da ist ja mein Taxi schon. Kann ich euch zwei Hübschen noch irgendwo absetzen?“
    „Kommt drauf an, wo du hinfährst“, entgegnete Maria.
    „Bischofsweg, rechts von der Darmstädter. Beim Sportplatz oben.“
    „Oh, das ist günstig. Oder magst du noch woanders hin, Simon?“
    „Nein, nein. Schon gut. Wir fahren mit.“
    Das Taxi hielt, und sie stiegen aus. Die letzten dreihundert Meter wollten Maria und Herr Schweitzer zu Fuß gehen.
    Durch das große Verandafenster sahen sie Jürgen in einem weißen Bademantel im Zimmer umherlaufen.
    „Macht’s gut, Kinderchen. Und laßt euch mal wieder blicken“, verabschiedete sich Lola. Sie kramte nach ihrem Schlüssel. Das Taxi entfernte sich.
    „Ja, du auch. Wir kommen bestimmt mal wieder vorbei.“
    Als sie sich Marias Bungalow näherten, hauchte Maria in Herrn Schweitzers Ohr: „Und nun, mein Schatz, gucken wir mal, ob wenigstens bei dir ein Kettenschutz nötig wäre.“
    „Aber Maria, das weißt du doch.“
    Es gibt Menschen, die leben auf Kosten anderer. Dann gibt es Menschen, die wollen im Leben niemandem etwas schuldig bleiben. Herr Schweitzer gehörte der letzten Kategorie an, auch wenn er die eine oder andere Telefonrechnung erst verspätet überwies. Dieser Wesenszug war Produkt der Erziehung durch seine verstorbene Mutter.
    Dies muß man wissen, will man verstehen, warum Herrn Schweitzer die zusätzlichen zweitausend Euro von Sabine Sikora keine Ruhe ließen. Theoretisch hätte er sich darauf berufen können, daß die Auftraggeberin nicht explizit auf ein Foto von Lola bestanden hatte. Doch was nutzte es, wenn ihn das Gewissen plagte. Und der Umstand, daß Lolas Wohnung quasi um die Ecke von Marias Bungalow lag, nährte sein Unbehagen obendrein.
    Ganz bewußt hatte er den Sonntag gewählt, Zur schwulen Frau Rauscher hatte da ihren Ruhetag, und die Chance, Lola in ihrer Wohnung zu wissen, war nach Herrn Schweitzers Ansicht recht gut. Er hatte sich Marias beste Kamera ausgeliehen. „Paß ja gut drauf auf“, hatte sie ihm mit auf den Weg gegeben.
    Es muß so eine Stunde nach Sonnenuntergang gewesen sein – genau ließ

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