Opium bei Frau Rauscher
Scheinwerferlicht ein Interview.
Akribisch und detailgetreu beschrieb der unfreiwillige Held Schweitzer dem Oberkommissar Schmidt-Schmitt, wo er sich kurz vor, während und kurz nach der Tat überall aufgehalten hatte. Und die Kotzbrocken im Brunnen stammten von ihm, da brauche kein Gen-Test vorgenommen zu werden. Er, Herr Schweitzer, sei da kurzzeitig destabilisiert gewesen.
Nach nur fünf Minuten war der Käse gegessen, und der Detektiv hatte seine Schuldigkeit getan. Das Angebot Schmidt-Schmitts, ihn die wenigen Meter zu Maria zu fahren, lehnte Herr Schweitzer ab. Das sei nicht nötig, außerdem tue ihm gerade jetzt, nach all der Aufregung, Frischluft besonders gut. Falls noch was sei, der Herr Oberkommissar wisse ja, wie man ihn erreichen könne. Und auf jeden Fall soll man gut auf die Kamera aufpassen, die sei seiner Freundin.
Im Bademantel saß Herr Schweitzer auf dem Sofa in Marias Wohnzimmer. Gerade eben hatte er seinen Abenteuerbericht beendet. „Das ist ein echter Knüller, gelle?“
Doch seine Freundin war weit davon entfernt, beeindruckt zu sein: „Ich weiß nicht. Da geht der Herr weg, um ein paar belanglose Fotos zu schiessen, und dann kommt er total verdreckt mit einem Mord zurück. Das kann auch nur dir passieren.“
Ein bißchen mehr Respekt hatte sich Herr Schweitzer schon erhofft.
„Ich schmeiß jetzt deine Klamotten in die Waschmaschine. Wenn du noch einen Tee magst, du weißt ja, wo du ihn findest.“
„Hab noch, danke“, grummelbrummelte er. Kurz dachte er daran, noch ins Weinfaß zu gehen. Und wenn auch sonst niemand da sein sollte, die Wirtin Bertha würde seine Geschichte wie ein ausgetrockneter Schwamm aufsaugen. Im Gegensatz zu Maria hatte die alte Dame ein Gespür für Heldentum. Allein, Herrn Schweitzers körperliche Konstitution ließ das nicht zu. Von der ganzen Rennerei brannte ihm noch immer die Lunge, und so nach und nach stellten sich auch die ersten Anzeichen eines Muskelkaters ein. „Maria“, schrie er.
„Ja, mein Schatz.“
„Hast du noch etwas Franzbranntwein? Mir tun die Füße weh.“
„Ach Gottchen. Wir sollten mal wieder ausgiebig wandern gehen. Ich hab keine Lust, meine besten Jahre mit einem Wrack zu verbringen.“
Gnagnagna, grummelbrummelte Herr Schweitzer abermals. „Bin kein Wrack.“
Maria kam mit einer Flasche wieder. „So, mein Kleiner. Jetzt leg mal die Füßchen auf meinen Schoß.“
Er befolgte die Anweisung.
„Äh, nein, Simon. Du gehst jetzt erst mal duschen.“ Dabei rümpfte Maria die Nase.
Der Held schlüpfte in die Pantoffeln – deswegen auch Pantoffelheld – und ging ins Badezimmer. Er duschte heiß, bis die Haut glühte.
Dann erwartete ihn der nächste Hammer: „Simon, du weißt noch, daß wir morgen abend in Bornheim zu einer Vernissage eingeladen sind und ich dort Fotos machen soll? Du hast denen hoffentlich gesagt, daß du die Kamera morgen wieder brauchst.“
Das hatte Herr Schweitzer natürlich vergessen. Doch dessen ungeachtet konnte so eine blöde Vernissage nie und nimmer mit einer Mordaufklärung konkurrieren. „Natürlich, Liebling. Der Herr Oberkommissar hat mir versprochen, gleich morgen früh die Kamera vorbeizubringen.“
„Dann ist ja gut.“
Nichts war gut. Nicht nur, daß er zur Zeit verdammt viel zu verarbeiten hatte, nein, nun mußte sich Herr Schweitzer auch noch um die Kamera kümmern. Das Leben konnte einem manchmal echt zur Last werden. Er schlürfte seinen Tee und wünschte sich, es wäre Whiskey. Der Gedanke gefiel ihm. Whiskey. Irgendetwas brauchte er, sonst würde er nicht einschlafen können. Nicht nach so einem Tag. In der Küche besorgte sich Herr Schweitzer das Benötigte, versank noch ein bißchen in Selbstmitleid und schlief ein.
In derselben Nacht, allerdings am Morgen, als der Detektiv sich noch unruhig im Bett wälzte, standen am Frankfurter Flughafen zwei Männer vor der Paßkontrolle. Sie waren nur leicht bekleidet, denn am Zielort erwarteten sie tropische Temperaturen. Wenn alles glattging, würde ihre Maschine als eine der ersten starten. Der Reisepaß dessen, der als erster durchging, lautete auf den Namen Waldemar Hanuch. Der Ausweis war ebenso echt wie der seines Begleiters Lothar Beitz, der gehörig schwitzte. Das hatte seinen Grund. Lothars Reisedokument gehörte nämlich einem anderen, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten ähnelte und eine Stange Geld dafür bekommen hatte, in ein paar Tagen den Paß als gestohlen oder verloren zu melden. Lothar Beitz war also
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