Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
Vom Netzwerk:
kann ich für Sie tun?“ Nicht die Spur von Unbehagen oder Überraschung war aus der angenehmen Stimme der jungen Dame herauszuhören.
    Herr Schweitzer sortierte sich. Er öffnete seinen Parka, auf daß der saubere Pullover die Ernsthaftigkeit seines Anliegens transportierte. „Sie mögen mich für verrückt halten …“
    „Keineswegs, mein Herr.“
    Der Einstieg war schon mal ganz gut, fand Herr Schweitzer, der ja selbst nicht recht glauben wollte, was in den letzten Minuten so alles passiert war. „Also. Nicht ganz ein Kilometer von hier ist mindestens ein Mord geschehen. Wir sollten die Polizei verständigen.“
    „Das klingt sehr vernünftig. Haben Sie auch überprüft, ob die oder der Tote wirklich tot ist? Wenn nicht, könnte ein Rettungswagen helfen. Dazu sind die da.“
    Wau, dachte Herr Schweitzer, die Dame ist echt cool, da sollte ich mir mal eine Scheibe abschneiden. Natürlich wußte er nicht, daß sie nur deswegen so cool war, weil sie vor ein paar Tagen, kurz vor der Hochzeit, ihr Freund hat sitzen lassen. Selbst ein Atompilz über Offenbach hätte sie nicht aus ihrem Fatalismus reißen können. Okay, okay, ein Atompilz über Offenbach wäre so schlimm auch wieder nicht gewesen. So denken zumindest viele Frankfurter. Nach der Dekontamination könnte man vielleicht einen Freizeitpark daraus machen. Mit einem kleinen See zum Tretbootfahren.
    „Ja, einen Rettungswagen auch.“
    Die Dame griff nach dem Hörer. „Wohin soll ich sie schicken?“
    „Die genaue Hausnummer weiß ich nicht, aber Bischofsweg, fast Ecke Lerchesbergring wäre echt super“, antwortete Herr Schweitzer, der von der Lässigkeit der Rezeptionistin beeindruckt war und sich bereitwillig anstecken ließ. Mittlerweile war ein Kollege hinzugekommen und wunderte sich gar arg ob des Dialogs der beiden. Der Detektiv fügte noch hinzu: „Vor dem Haus steht ein silbergrauer Mercedes, nur so als Orientierungshilfe.“
    „Und die Polizei? Wollen Sie hier abgeholt werden?“
    Des Herrn Schweitzers Adrenalin war inzwischen verpufft, und er fühlte sich fix und fertig. Außerdem würde er um keinen Preis der Welt alleine zum Tatort zurück wollen. „Oh, wenn Sie das arrangieren könnten …“
    „Selbstverständlich, mein Herr. Sie sind ja hoffentlich nicht der Mörder, sondern bloß ein harmloser Zeuge. Oder täusche ich mich gerade?“
    Ihrem Kollegen stand der Mund sperrangelweit offen.
    „Nein, nein, gottbewahre! Ich bin doch kein Mörder.“
    „Ansonsten hätten Sie ja auch eine Pistole statt der Kamera dabei.“
    Au weia, dachte Herr Schweitzer, als er das Gerät total verdreckt an sich herunterhängen sah, das gibt Ärger mit Maria. „Apropos Pistole, da draussen …“, er deutete auf die Drehtür, „… läuft die Mörderin rum.“
    „Eine Frau?“
    „Ja.“
    „Personenbeschreibung?“
    „Barfuß.“
    „Das dürfte reichen. Nicht mal der Nackte Jörg läuft bei diesem Wetter barfuß durch die Gegend.“
    Der Kollege sah sich bemüßigt einzugreifen: „Wenn ich auch mal …“
    „Du hältst jetzt die Klappe. Hast du nicht zugehört? Da draußen läuft eine Mörderin herum. Warum also ist die Pforte noch nicht verschlossen? Oder sollen unsere Gäste auch noch niedergemetzelt werden?“
    Des derart rüde Angesprochenen Kinnlade klappte herunter. „Na klar, die Tür zumachen. Jawohl.“ Er tat wie ihm geheißen.
    Für’s Protokoll: Der Notruf ging um 19 Uhr 59 ein. 20 Uhr 04 bog ein Streifenwagen mit Blaulicht und Tatütata auf die Einfahrt zum Holiday Inn ein. Um 20 Uhr und 9 Minuten suchten bereits mehr als zehn Streifenwagen das Gebiet rund um den Südfriedhof nach einer weiblichen Person, barfuß, eventuell gefährlich, weil bewaffnet, ab.
    Herr Schweitzer mußte im Wagen sitzenbleiben, während die beiden Beamten mit entsicherten Waffen im Anschlag das Haus betraten. Gerne hätte er seine Freundin angerufen, die sich bestimmt schon Sorgen machte. Ausserdem hatte er vergessen, den Polizisten mitzuteilen, daß das Verbrechen von ihm gefilmt worden war. Der eintreffende Rettungswagen parkte an der Stelle, wo einstmals der silbergraue Benz stand. Wieso ist der eigentlich weg? fragte sich nun Herr Schweitzer, der das Verschwinden erst gar nicht bemerkt hatte.
    Über den Polizeifunk konnte er die neusten Entwicklungen bei der Suche nach Sabine Sikora verfolgen. Wenn er das Gekrächze richtig verstand, war die Fahndung weiterhin in vollem Gange. Jemand forderte Spürhunde an, und sämtliche Ausgänge des Südfriedhofs

Weitere Kostenlose Bücher