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Opium bei Frau Rauscher

Opium bei Frau Rauscher

Titel: Opium bei Frau Rauscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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alle Hände voll zu tun. Es war die typische Sachsenhäuser Atmosphäre, die Herrn Schweitzer wieder am Leben teilhaben ließ. Daß er Maria vermißte, war nicht weiter tragisch, morgen würde sie ja wieder bei ihm sein. Die Grüne Soße mit Kartoffeln und hartgekochten Eiern, die er als Hauptspeise serviert bekam, erschien ihm wie eine Verlockung aus dem Paradiese.
    Nach dem Mahl war er sogar wieder zu einem Schwätzchen mit Helmut fähig. Dabei ging es, wie sollte es auch anders sein, um den Mordfall. Herr Schweitzer jedoch hielt sich bedeckt, was sein Mitwirken anging. Der Wirt meinte, es sei doch gehupft wie gesprungen, ob man die Leiche nun fand oder eben nicht, die Sikora sei doch schon so gut wie verurteilt. Der Detektiv ließ sich nun doch zu einer Äußerung hinreißen, nämlich der, daß es sehr wohl einen Unterschied mache, sei man nun der Leiche habhaft oder vermisse man sie weiterhin. Jaja, kam man schließlich überein, so eine Leiche helfe manchmal schon aus der Bredouille. Genau, und weiter als bis zur Griesheimer Schleuse kann sie sich ja nun auch nicht fortbewegt haben. Allerdings seien Leichen ab und an sehr eigen, kann also sein, sie verheddern sich unterwegs in Baumwurzeln oder versenkten Fahrrädern oder so, da stecke man nicht drin, im Eigenleben einer Leiche.
    Ein Blick nach links, ein Blick nach rechts. Was sah er da? Eine Leuchtreklame, die da nicht hingehörte. An und für sich sind solche illuminierten Hinweise in einer Großstadt nichts Außergewöhnliches, ein urbaner Mikrokosmos ist schließlich einem steten Wandel unterworfen, trotzdem stutzte Herr Schweitzer. Keine fünfzig Meter rechts vom Eichkatzerl, die Dreieichstraße Richtung Main hoch, befand sich eine weitere Fast-Stammkneipe des Detektiven. Der Frühzecher. Dort trafen sich Sachsenhausens Nachtschwärmer, wenn alle anderen Kneipen schlossen. Seit über einem Jahrzehnt galt dieses Lokal als Institution nimmermüder Trinker. Und genau so lange wies ein unscheinbarer Schriftzug über der Einganspforte auf den Frühzecher hin. Nun hatte sich der Wirt und Altrocker René also in Unkosten gestürzt und sich mit den roten Leuchtröhren eine neue Vermarktungsstrategie zurechtgelegt. Herr Schweitzer fühlte sich magisch angezogen. Er wollte nur mal gucken. Ein Bier, vielleicht zwei, auf keinen Fall mehr. Nur noch sporadisch hatte er in den letzten Monaten dem Frühzecher einen Besuch abgestattet. Man wird ja auch älter, und der Körper spielte immer weniger mit. Er rechnete nicht damit, daß um diese Uhrzeit schon viel los sein würde.
    Und er sollte recht behalten. Fatalerweise jedoch erblickte Herr Schweitzer seinen Kumpel Frederik Funkal als einzigen Kunden am Tresen hocken. Als einfacher Streifenpolizist war dieser natürlich nicht oder nur peripher in den Mordfall Sikora involviert. Mit neuen Informationen war also nicht zu rechnen.
    „Grüß dich, Simon. Was treibt dich mal wieder her?“ wurde er auch sogleich bei seinem Eintritt von René willkommen geheißen.
    „Deine neue Reklame. Mann, die ist so groß, bestimmt kann man die schon vom Weltall aus erkennen.“
    „Ha, siehst du. Und wenn sie schon so alte Männer wie dich anlockt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie sich amortisiert hat.“
    Herr Schweitzer fand nicht, daß er schon zu den alten Männern gehörte. Mit einem jugendlichen Schwung erklomm er den Hocker links von Funkal.
    Auch jener begrüßte ihn: „Schau an, schau an, der Herr Detektiv. Hab gehört, du mischst beim Sikora-Fall mit.“
    „Wie man’s nimmt“, präzisierte Herr Schweitzer, der sich schon lange nicht mehr darüber wunderte, wie schnell in Sachsenhausen Neuigkeiten die Runde machten. Und zu René: „Ein Bierchen, wenn’s keine Umstände macht.“
    „Ist schon in Arbeit.“ René deutete zum Zapfhahn.
    Der Detektiv registrierte die beiden vor Funkal stehenden Pilsgläser. Er dachte sich nichts dabei, denn wenn der Polizist Durst hatte, war es meist ein großer. Und was ihm dann am wenigsten behagte, war das Warten. Doch heute verhielt es sich anders. Das zweite Bier war gar nicht ihm. Es gehörte dem Oberkommissaren Schmidt-Schmitt, der gerade von der Toilette zurückkehrte und große Augen machte, als er Herrn Schweitzer sah. „Wen haben wir denn hier? Ist das aber eine Überraschung.“
    „Die Überraschung ist ganz meinerseits. Guten Abend, Herr Schmidt.“
    „Gerade eben noch haben wir uns über dich unterhalten“, erklärte Frederik Funkal.
    „Hoffentlich nur Gutes“, sagte

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