Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
Stockwerk war alles still. Eliza lief den Gang entlang, bis sie zur Nummer 172 kam. Sie machte sich gar nicht erst die Mühe, anzuklopfen, sondern schob die Tür einfach auf und trat ein.
Felix stand am Fenster und starrte hinaus. Er drehte sich nicht um, als er die Tür ins Schloss fallen hörte. Offensichtlich erwartete er niemand Feindseliges.
Nun ja, sein Pech.
Mit ein paar Schritten war Eliza ebenfalls am Fenster, packte Felix am Kragen und zog ihn zu sich herum. »Wo ist das Zeug?«, wollte sie wissen.
Felix schnappte nach Luft. Er versuchte, sich loszureißen, aber Elizas Griff um seinen Kragen war zu fest.
»Sag schon: Wo ist das Zeug, dass sie dir geben, damit du wieder du selbst bist?«, wollte Eliza wissen.
Felix biss sich auf die Unterlippe. Dann nickte er zu seinem Nachttisch hinüber, auf dem eine Kanne mit einer trüben, gelblichen Flüssigkeit stand. Sie war noch halbvoll. »Seit ich mit ihnen zusammen arbeite, gibt es Saft zu trinken. Früher war es immer nur Wasser. Sie meinten, es wäre eine Belohnung, und das war es irgendwie ja auch. Immerhin trinke ich für mein Leben gerne Ananassaft.« Er schüttelte den Kopf. »Als ob ich die ganze Sache noch nicht durchschaut hätte. Kannst du mich jetzt bitte wieder loslassen? Ich werde dir schon nichts tun.«
Eliza spürte, wie sie ein bisschen rot wurde. Felix hatte tatsächlich keine Anstalten gemacht, sich zu wehren oder seine Fähigkeiten einzusetzen. Peinlich berührt ließ sie seinen Kragen los. »Der Saft, sagst du?«
Doch Felix reagierte nicht auf ihre Frage. Er zupfte seinen Schlafanzug zurecht, als sei es ein dreireihiger Anzug. Dann drehte er sich wieder zum Fenster um. Eliza konnte von hier aus das Laborgebäude sehen. Licht drang durch die Fenster auf den kleinen Park zwischen den Gebäuden, und hinter dem Glas konnte man die Silhouetten der Menschen erkennen, die drinnen hin- und hergingen.
»Weißt du, was da draußen los ist?«, wollte Felix wissen. Er klang überaus interessiert, aber in Eliza regte sich trotzdem ein Widerwille, ihm zu viel zu verraten. Andererseits konnte sie sich nichts Besseres vorstellen, als ihm eins auszuwischen.
»Das ist meine Freundin«, meinte sie locker. »Sie wird uns hier rausholen.« Sie ging auf den Nachtschrank zu und musterte die Saftkanne misstrauisch.
»Klingt eher so, als sei sie selbst in Schwierigkeiten geraten«, meinte Felix und drehte sich wieder zu Eliza um. Er musterte sie mit einem intensiven Blick. »Wirst du gehen, um ihr zu helfen?«
Elizas Hand schwebte vor dem Griff der Kanne. Sie wagte noch nicht recht, zuzupacken.
»Klar«, sagte sie.
Er sah sie lange an. Dann nickte er. »Tut mir leid wegen neulich Nacht«, sagte er leichthin. »Ich wusste einfach nicht mehr, was ich tun konnte. Also habe ich Ja gesagt, als sie mich gefragt haben, ob ich für sie arbeite. Aber gerne tu ich das nicht. Kennst du wirklich Robin?«
Eliza nickte in Richtung des Fensters. »Rica ist Robins Freundin«, meinte sie. »Sie will ihn ebenso hier rausholen wie mich.«
Felix’ Augen wurden weit. »Robin ist hier?«
Wieder nickte Eliza, doch ihr Blick wich dabei nicht von der Kanne. Sie kam sich vor wie eine Schlange, die ein Kaninchen fixierte. »Darf ich?«
»Bitteschön.« Felix zuckte mit den Schultern. »Wenn du mir etwas versprichst.«
»Was denn?« Eliza packte die Kanne und goss das danebenstehende Glas halb voll Saft.
»Nehmt mich mit, wenn ihr von hier abhaut, ja?«
Eliza hatte das Glas bereits halb erhoben, jetzt hielt sie in der Bewegung inne. Sie betrachtete Felix nachdenklich. Gerade erst hatte er sie ans Institut verkaufen wollen, jetzt bat er darum, mitkommen zu dürfen. Sie sollte Nein sagen. Wenn sie erst mal hier raus waren, konnte es ohnehin nicht mehr lange dauern, bis alle anderen Kinder auch frei kamen. Doch in Felix’ Blick lag keine Böswilligkeit, und nichts, aber auch gar nichts deutete für Eliza darauf hin, dass er versuchte, sie mit Pheromonen zu beeinflussen.
»Okay«, meinte Eliza, dann stürzte sie das Glas hinunter.
* * *
Der Raum war klein und erinnerte Rica an eine Gefängniszelle. Die Wände waren weiß, es gab ein Bett, einen kleinen Tisch und einen Stuhl, jedoch waren sämtliche Kanten abgerundet, als hätte man Angst, sie könne sich etwas antun. Das Licht kam von einem Strahler, der in der Decke eingelassen worden war, und in einem winzigen, mit einem Vorhang abgetrennten Raum, befanden sich ein Waschbecken und eine Toilette.
Das war es auch
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