Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
schon.
Rica saß auf dem Bett und starrte die Wand an. Viel mehr gab es hier auch nicht zu tun. Die Sicherheitsleute, die sie vor Nathans Zimmer gefasst hatten, hatten sie wortlos durch den kleinen Park hierher eskortiert, sie in den Raum geschoben und hinter ihr die Tür verschlossen. Seitdem war Funkstille.
Was werden sie mit mir tun?
Rica biss sich auf die Unterlippe. Sie konnte spüren, wie ihr Herz schlug und ihre Hände zitterten. Jetzt war das passiert, was sie schon immer befürchtet hatte. Inzwischen wusste sie, dass das Institut keinerlei Skrupel hatte. Vermutlich würden sie sie irgendwie beseitigen.
Was werden sie mit mir tun?
Die Wand war schrecklich weiß. So hell, dass es blendete. Rica hätte am liebsten einen Farbkasten genommen und die Wand bemalt. Ob Eliza wusste, dass sie gefasst worden war? Oder Nathan? Hatte er mitbekommen, was vor seiner Tür geschehen war? Sie konnte nichts, aber auch gar nichts von draußen vernehmen. Und vermutlich drang auch kein Laut aus dem Zimmerchen heraus auf den Flur.
Wenn sie mich foltern wollen oder so etwas, ist das hier die perfekte Umgebung. Niemand wird hören, wenn ich schreie.
Quatsch. Warum sollte sie jemand foltern?
Was werden sie mit mir tun?
Ganz allmählich spürte Rica, wie ihre Muskeln sich langsam entspannten. Sie versuchte, tief durchzuatmen. Ich werde es ruhig angehen müssen, sonst werde ich noch verrückt.
Unsicher sah sie sich im Raum um. Nichts Neues. Was hatte sie denn auch erwartet? Aber jetzt, wo sie sich mehr Zeit nahm, das Zimmer zu betrachten, fiel ihr auf, dass es gar nicht so sehr wie eine Zelle aussah. Mehr wie ein Time-Out-Raum. Ein Zimmer, in dem sich Leute beruhigen konnten, die einen kleinen Aussetzer hatten. Vermutlich auch deswegen die abgerundeten Kanten. Wer war hier normalerweise untergebracht?
Diese Frage ließ sich natürlich nur schwer beantworten. Im Grunde wusste sie immer noch nicht mehr über die ganze Angelegenheit als vor ein paar Monaten. Rica ließ sich aufs Bett zurückfallen, um zur Abwechslung mal die Decke anzustarren.
Etwas bohrte sich hart und eckig in ihren Rücken. Rica zuckte zusammen, dachte im ersten Moment an etwas, das in der Matratze eingelassen war, vielleicht ein Sensor oder so etwas, bis ihr das Buch wieder einfiel. Das Tagebuch, das sie in den Hosenbund gestopft hatte. Die Sicherheitsleute hatten ihr die Plastiktüte voller Laborbücher abgenommen, aber durchsucht hatten sie sie nicht. Offensichtlich waren sie der Meinung gewesen, dass sie schon alles gefunden hatten, was es zu finden gab. Rica setzte sich wieder auf und sah sich um. Keine Spur von einer Kamera zu sehen.
Rica griff in ihren Hosenbund und zog das Buch hervor. Sie betrachtete den honigfarbenen Einband und wartete, bis das Zittern ihrer Hände ein wenig nachließ. Wenn sie schon nichts Besseres zu tun hatte, als hier zu sitzen und Angst zu haben, dann konnte sie auch in das Buch sehen. Immerhin ging so die Zeit besser um, und vielleicht würde sie ja ausnahmsweise irgendetwas erfahren, das ihr weiterhalf. Zögernd schlug sie das Buch auf.
Elisabeth Marner , stand auf der Innenseite und – wie sie schon zuvor gesehen hatte – Tagebuch . Rica blätterte vorwärts zum ersten Eintrag.
Montag, 8. August
Ich habe den Job im Nathans-Institut für genetische Forschung angefangen. Ich bin sehr aufgeregt, ich habe schon viel von der Arbeit dieses Instituts gehört. Vor einigen Jahren ist ihnen die erste künstliche Befruchtung gelungen, lange vor dem ersten offiziellen Retortenkind. Ich habe nie ganz verstanden, warum das Institut um diese Tatsache ein solches Geheimnis macht, aber man sagte mir, das hinge mit interner Politik und den eigentlichen Zielen zusammen, die das Institut verfolgt.
Jedenfalls hatte ich heute meinen ersten Tag und bin in die Labore eingewiesen worden. Es ist eine hervorragende Anlage, alles auf dem neusten Stand der Technik, sauber, ordentlich, und die Mitarbeiter sind auch alle freundlich. Ich arbeite in der Abteilung für DNA-Analyse, ich schlüssele die Stränge auf, damit andere nach bestimmten Gensequenzen suchen können. Noch weiß ich nicht, was es ist, das sie suchen, aber man hat mir versichert, dass ich bald in alles eingeweiht werde.
Es ist wirklich eine spannende Zeit. Ich freue mich schon auf die Arbeit hier. Es ist alles so … fortschrittlich, dass ich es kaum glauben kann.
Rica runzelte die Stirn. Das klang interessant, aber noch nicht besonders aufschlussreich. Aber immerhin hatte
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