Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
helfen?«
Marten lächelte. Er griff ebenfalls nach einer Tasse und schenkte sich Tee ein, wahrscheinlich, um seine Antwort noch ein wenig hinauszuzögern.
»Ich bin nicht zufrieden mit der Art, wie die Dinge hier laufen«, sagte er schließlich. »Du und die anderen Kinder vom Projekt werdet behandelt wie Versuchsobjekte, wie Schachfiguren, die man auf einem Tisch hin- und herschieben kann. Niemand scheint daran zu glauben, dass ihr ja auch Menschen mit Gefühlen seid.«
Eliza nippte wieder an ihrem Tee, sagte aber nichts. Sie musterte Marten eindringlich. Der kleine Mann hatte sein Gesicht halb abgewandt und schien mehr mit seinem Bücherregal als mit Eliza zu sprechen. »Und das ist der ganze Grund?«, bohrte sie schließlich nach, als Marten nach wie vor keine Antwort gab.
Er lächelte ertappt. »Tatsächlich habe ich noch einen anderen. Seit die jüngeren Mitarbeiter hier in den Laboren die meiste Arbeit übernommen haben, gibt es für mich nicht mehr viel zu tun. Man braucht mich nicht mehr, das hat man mir unmissverständlich zu verstehen gegeben. Natürlich können sie mich nicht rausschmeißen, immerhin habe ich den Laden gegründet, aber sie können mich auf ein Abstellgleis schieben. Sozusagen. Ich nehme jetzt nur noch repräsentative Funktionen wahr, spreche also mit Eltern, die sich Nachwuchs wünschen und so etwas.«
»Kurz gesagt: Sie sind eifersüchtig auf die, die jetzt ihren Job übernommen haben«, meinte Eliza. Sie war ein bisschen enttäuscht. Insgeheim hätte sie sich gewünscht, dass dieser freundliche alte Mann einen besseren Grund für seinen Widerstand hätte. Aber wahrscheinlich war es falsch, seine Motive zu hinterfragen. Sie sollte dankbar sein, dass er ihr überhaupt half.
Wieder lächelte der Mann ertappt. »Ein bisschen«, gab er zu. »Aber ich bin auch wirklich an eurem Schicksal interessiert. An deinem, Vanessas, Nathans, Robins, Jos …« Er machte ein versonnenes Gesicht. Es war fast so, als habe er gerade von seinen eigenen Kindern gesprochen.
»Sie kennen uns alle«, stellte Eliza fest.
»Von Geburt an«, bestätigte Marten schlicht. »Ich kann mir vorstellen, dass diese Erkenntnis für dich nicht gerade angenehm ist, aber so ist es nun mal. Und wenn ich euch einmal auf den Weg gebracht habe, werde ich euch in Ruhe lassen. Versprochen.«
Auf den Weg gebracht. Als bräuchte sie diesen alten Kerl, um ihren Weg zu finden. Inzwischen war Eliza mehr wütend als ängstlich.
»Wie dem auch sei«, fuhr Marten fort und legte die Fingerspitzen seiner Hand zusammen, »wir müssen sehen, dass wir dich hier wieder herauskriegen.«
»Da sind wir einer Meinung«, meinte Eliza. Erleichterung durchflutete sie. »Haben Sie einen Schlüssel?«
Marten lachte. »So einfach ist das nicht. Ihr könnt hier nicht einfach wieder herausspazieren. Man würde euch sofort wieder zurückholen. Nein, wir müssen etwas anderes organisieren, und ich habe da schon eine Idee.«
»Sie denken an eine Revolution.« Eliza hatte die Worte in sarkastischem Ton ausgesprochen, doch an der Reaktion auf Martens Gesicht sah sie, dass sie wahrscheinlich recht damit hatte. »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.«
Marten seufzte, trank einen tiefen Schluck Tee und verbrachte dann eine gefühlte Ewigkeit damit, sein Bücherregal anzustarren. »Ich weiß nicht, ob ich es Revolution nennen würde, ich denke nicht an einen blutigen Aufstand, wenn du das meinst, aber ich möchte hier etwas ändern, das ist wahr.«
»Und wie soll das gehen? Hier sind nur ein Haufen Kinder.«
»Bisher habt ihr nie so richtig zusammengearbeitet«, sagte er leise. »Bisher wart ihr einfach nur irgendwelche besonderen Kinder, jeder mit seinen eigenen Fähigkeiten.«
»Und jetzt sind wir eine Gruppe Superhelden aus dem Comic?«, ätzte Eliza. Sie konnte spüren, wie die Enttäuschung in ihr immer größer wurde. Ganz offensichtlich war Marten ein Traumtänzer. Was auch immer er sich vorstellte, es würde vermutlich nicht funktionieren. »Sie vergessen wohl die Inhibitoren? So hat die Schwester doch das Zeug genannt, oder? Wir sind doch alle geimpft worden, dass wir unsere Fähigkeiten nicht einsetzen können.«
Marten winkte ab. »Die Inhibitoren wirken nicht lange. Seit sie euch das erste Mal gespritzt wurden – in eurer Kindheit – hat euer Körper gelernt, sie abzubauen. Wenn es an der Zeit ist, werdet ihr einsatzfähig sein.« Er seufzte. »Aber wenn ihr wirklich etwas erreichen wollt, dann müssen alle Kinder, die sich in dieser
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