Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
gemütliche Sofaecke stand vor einer verglasten Front, durch die man einen schönen Ausblick auf den Garten hatte.
»Setz dich.« Ricas Vater gestikulierte in Richtung der Sofas. »Ich nehme an, du trinkst auch einen Kaffee?«
»Hast du auch was zu Essen hier?« Rica merkte erst jetzt, wie hungrig sie eigentlich war. Kein Wunder, sie hatte den Tag über kaum etwas gegessen.
»Im Auto«, erwiderte ihr Vater. »Ich hole es gleich. Erst Kaffee.« Betont gelassen machte er sich an der Kaffeemaschine zu schaffen, während Rica sich im Zimmer umsah. Es war gemütlich hier. Nicht gerade überdekoriert, eher schlicht, mit hellen Möbeln, viel Licht und klaren Linien. Es gab keinen Fernseher, nur einen kleinen, alten Gettoblaster mit Radio, der in einem Regal vor sich hin staubte. Sie war sich nicht einmal sicher, ob man hier Internet bekam.
»Was ist das hier, dein Versteck?«, wollte sie wissen, während die Kaffeemaschine anfing zu brodeln und ihr Vater in einem Schrank nach Tassen kramte.
»So was Ähnliches«, erwiderte er. »Zuerst war es wirklich nur eine Ferienwohnung, aber das Institut weiß nichts davon, weil ich sie damals bar bezahlt habe.«
»Bar?« Selbst Rica war klar, dass normalerweise niemand solche Summen mit sich herumtrug, wie man sie für den Kauf eines Hauses benötigte. Das klang jetzt wieder sehr nach Geheimdienst, da mochte ihr Vater sagen, was er wollte.
Er lachte. »Sozusagen. Ein alter Freund von mir wollte das Haus loswerden. Geld hat er genug. Er wollte mir das Häuschen schenken, aber das wollte ich dann doch nicht auf mir sitzen lassen. Ich hab ihm zweihundert Euro dafür gegeben, aber schon die wollte er kaum nehmen.«
»Zweihundert?« Wieder sah Rica sich um. Das Haus war klein, aber keinesfalls heruntergekommen, lag angenehm und war hübsch eingerichtet. Nichts, was man für zweihundert Euro kaufen konnte.
»Ich sagte doch: Marten braucht das Geld nicht«, antwortete ihr Vater. Dann verschwand er kurz, um aus dem Auto Taschen mit Lebensmitteln zu holen. Rica sah ihm ungeduldig dabei zu, wie er Nudeln, Reis und Kartoffeln auspackte und Dosen für eine halbe Kompanie in einen der Schränke räumte. Aus der nächsten Tasche füllte er den kleinen Kühlschrank bis zum Rand.
»Wie lange willst du hierbleiben? Das reicht ja für Jahre!«
»Nicht ich«, erwiderte er. »Ihr beide.« Damit goss er Kaffee in zwei Tassen und trug sie zum Tisch.
»Also«, sagte er und ließ sich auf das Sofa fallen, »was willst du wissen?«
Rica musterte ihn. Sie hatte so viele Fragen auf dem Herzen gehabt, so viele Gedanken, die ihr durch den Kopf schwirrten, so viele Pläne, aber jetzt schien ihre Zunge wie gelähmt zu sein. Alles, was sie tun konnte, war dazusitzen, und diesen Mann anzustarren, der ihr Erzeuger war.
Er sah müde aus, das war ihr ja schon aufgefallen. Aber davon abgesehen hatte seine ganze Erscheinung etwas unbestreitbar Abenteuerliches. Das wirre, blonde Haar, die verblassende Sonnenbräune, der trainierte Körper … Und dann war da noch der Ausdruck in seinen Augen. Wachsam. Ein wenig neugierig. Und ein wenig schelmisch, auch wenn das unter Sorge und Müdigkeit fast überhaupt nicht zur Geltung kam. Ihr Vater, musste Rica feststellen, war ein attraktiver Mann.
»Wie hängst du in der ganzen Sache drin?« Die Worte waren über ihre Lippen, bevor sie eine Chance gehabt hatte, darüber nachzudenken. »Warum hast du für das Institut gearbeitet? Warum tust du es jetzt nicht mehr? Was hast du vor? Du hast doch was vor, oder? Und warum hast du Ma und mich allein gelassen?«
Mist, die letzte Frage hatte sie eigentlich gar nicht stellen wollen. Das tat jetzt wirklich nichts zur Sache und ließ sie klingen, wie jeden anderen Teenager, der sich durch die Trennung der Eltern beleidigt fühlte.
Ihr Vater nippte an seinem Kaffee. Er sah aus, als müsse er gründlich nachdenken. »Die letzte Frage zuerst«, meinte er dann. »Ich habe euch allein gelassen, weil ich zurück zum Institut wollte. Ich hatte gekündigt, aber … sagen wir, es sah so aus, als könnten die dort dringend meine Hilfe gebrauchen. In mehr als einer Hinsicht.«
»Was soll das heißen?«, unterbrach ihn Rica.
»Eins nach dem anderen«, beschwichtigte er. »Jedenfalls fand ich es keine gute Idee, wenn deine Mutter und du in Institutsangelegenheiten hereingezogen würdet. Ich dachte sogar, es wäre am besten, wenn niemand so richtig von euch weiß. Deswegen habe ich versucht, einen möglichst großen Abstand zwischen mich
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