Optimum - Purpurnes Wasser (German Edition)
wandte sich Eliza an Felix, der die ganze Zeit mehr oder weniger unbeeindruckt weitergegessen hatte.
Felix zuckte mit den Schultern.
»Aber schau dir mal die an«, meinte er und nickte mit dem Kinn in Richtung des Tisches, an dem die Erwachsenen saßen. Alle schienen synchron zu Eis erstarrt zu sein, sie waren furchtbar blass im Gesicht, und sie starrten die beiden Kinder mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Entsetzen an. Eliza stellte es sich ungefähr so vor, wenn ein gläubiger Christ auf den Gottesbeweis stieß.
»Was haben die?«, wollte sie wieder von Felix wissen. Sie rechnete nicht damit, dass sie eine Antwort von ihm bekommen würde, aber er lächelte beinah boshaft.
»Die beiden sind das Optimum«, sagte er. »So sollten auch wir werden.«
* * *
Rica erwachte davon, dass in der Küche Geschirr klapperte. Sie gähnte, streckte sich und genoss das Gefühl, im Bett zu liegen, und in Sicherheit zu sein.
Der Eindruck von Urlaub wurde noch verstärkt, als sie barfuß und nur im Pyjama in die Küche getappt kam und ihr Kaffeeduft entgegenschlug. Robin stand am Herd und briet offensichtlich Spiegeleier, denn auch von dort kam ein verführerischer Geruch, der Rica das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Der kleine Wohnzimmertisch war gedeckt.
Für zwei Leute.
Ricas gute Laune erhielt sofort einen Dämpfer. »Wo ist mein Vater?«
»Guten Morgen.« Robin drehte sich um. »Nicht mehr hier. Er hat dir einen Brief dagelassen.« Er deutete auf einen gefalteten Zettel auf der Küchenzeile.
Er ist schon wieder abgehauen. Rica brauchte den Brief nicht zu lesen, um zu wissen, was darin stand. Sie hatte sowieso nicht vorgehabt, seinen Anweisungen zu gehorchen, aber dass er so einfach ohne Abschied verschwunden war, machte sie noch ärgerlicher.
Doch für Ärger war später noch genug Zeit. Sie tappte zu Robin hinüber, schlang von hinten ihre Arme um seine Taille und drückte ihr Gesicht in sein T-Shirt. Es roch neu und noch nicht besonders nach ihm. »Wie geht es dir?«, murmelte sie. »Ich hab dich lieb.«
»Wenn du mir nicht in den nächsten Minuten die Rippen eindrückst, geht es mir ziemlich gut«, erwiderte er, wand sich aus ihrer Umarmung und drehte sich zu ihr um. Er schloss die Arme um Rica und zog sie zu sich heran. »Ich hab dich auch lieb«, murmelte er in ihr Haar. Sein Atem kitzelte auf ihrer Kopfhaut. Rica schloss die Augen und atmete tief. Irgendwo dort unter dem Frische-Kleider-Geruch war auch ihr Robin, den sie brauchte. Den sie liebte. Ohne den sie nicht sein wollte.
»Wir machen weiter, oder?«, flüsterte Robins Stimme.
Rica zuckte leicht zusammen. Das war nun nicht gerade das Thema, über das sie gerade hatte reden wollen.
»Ich meine, du lässt dich doch von der Fürsorge deines Vaters nicht mehr einlullen, als du dich durch die Drohungen vom Institut beeindrucken lässt, oder?« Dieses Mal konnte Rica einen flehenden Ton in seiner Stimme ausmachen.
»Du willst es auch?«, murmelte sie.
Robin zögerte lange, bevor er antwortete. »Natürlich«, flüsterte er dann. »Ich will wissen, was mit uns los ist. Was mit mir los ist. Um ehrlich zu sein, das Gefühl, eine tickende Zeitbombe zu sein, macht mir eine Riesenangst.«
Rica presste sich so fest an ihn, als wolle sie in ihn hineinkriechen. »Du bist keine Zeitbombe«, flüsterte sie zurück. »Du bist der beste Junge, der mir je begegnet ist.«
Kapitel dreizehn
Allein
Nach dem Frühstück fuhren sie in die nächstgelegene Stadt. Das Ferienhaus hatte weder Telefon noch Internetempfang, aber es gab eine Bushaltestelle in unmittelbarer Nähe, und das war alles, was Rica brauchte.
»Was genau hast du nun vor?« Robin schob den Rucksack voller Kram, den sie sich eingepackt hatten, von einer Schulter auf die andere. »Wir haben kaum Geld und immer noch keine Ahnung, wohin wir sollen.«
»Zum Institut natürlich«, gab Rica zurück.
»Aber wo das ist, weißt du doch immer noch nicht«, widersprach Robin.
Rica zuckte mit den Schultern. »Ich habe eine Idee«, versprach sie unsicher. Sie hatte gestern Nacht an die Unterhaltung denken müssen, die sie an dem Abend belauscht hatte, an dem sie mit Robin ausgegangen war. Frau Jansen und die Kerle vom Institut. Dabei war ein Name gefallen, den sie gekannt hatte. Michelle Kaltenbrunn. Frau Jansen hatte doch etwas in der Richtung »Tochter vom Boss« gesagt. So lange Rica aber noch nicht wusste, ob diese Spur sie weiterbringen würde, wollte sie lieber noch nichts sagen.
Der Bus kam, und fast
Weitere Kostenlose Bücher