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Opus 01 - Das verbotene Buch

Titel: Opus 01 - Das verbotene Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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die Uniformjacke beinahe sprengte. Den Holzknüppel in der Linken, die rechte Hand auf seinem Messerknauf, sah er mit grimmiger Miene die Gasse hinab.
    Glücklicherweise schenkte er Amos keinerlei Beachtung. Unauffällig knüllte der seinen Zettel zusammen und ließ ihn in eine Kellerluke am Straßenrand fallen. Während er sich an dem Büttel vorbeischlängelte, schlugen die Glocken überall auf den Kirchtürmen neuerlich die Stunde: Es war bereits halb zwei.
    Weiter und weiter stieg Amos im Gassengewirr den Berg hinauf, bis er auf eine breitere Straße stieß. Hier waren nicht nur Fußgänger unterwegs – auch Reiter auf Pferden und sogar prachtvolle Kutschen bahnten sich ihren Weg. Die Straße war ungepflastert und mit Pferdemist, Unrat und Schlaglöchern übersät. Doch ganz oben, an ihrem Ende, konnte Amos nun die gewaltige Burg mit ihren Türmen und Wällen sehen. Irgendwo in den Gassen darunter, zwischen den hoch aufragenden Patrizierhäusern, musste also die Druckerei sein, wo er jenen Hebedank treffen sollte.
    Mit frischem Mut folgte er der Straße, auch wenn das Gedränge hier noch ärger war. Ein Reiter überholte ihn – mit Flüchen und Sporen trieb der ungeduldige Mann sein geschecktes Pferd voran. Auf dem Rücken trug er einen runden Schild, der in der Sonne schimmerte und spiegelte. Geblendet kniff Amos die Augen zusammen, da bäumte sich die Schecke plötzlich auf, und fast gleichzeitig erklang ein heller Schrei. Der Reiter fluchte, das Pferd machte einen Satz und war im nächsten Augenblick im Durcheinander verschwunden. Zwei Schritte vor Amos aber lag am Straßenrand eine junge Frau.
    Sie lag auf dem Rücken, ein Bein angewinkelt, das Gesicht blass und verzerrt. Amos kauerte sich neben sie, fasste nach ihrer Hand. Sie musste etwa in seinem Alter sein, eher ein Mädchen noch als eine junge Frau.
    »Bist du verletzt?«, fragte er.
    Sie schüttelte nur leicht den Kopf. Ihre Kleidung war einfach, beinahe ärmlich – ein graues Kittelkleid, das ihr bis zu den Schienbeinen reichte, dazu Holzpantinen. Das weizenblonde Haar lag um ihren Kopf ausgebreitet im Straßendreck – wie Sonnenstrahlen, dachte er.
    Aus katzenhaft grünen Augen sah sie ihn an. »Hilfst du mir hoch?« Ihre Stimme klang ein wenig zittrig. Behutsam zog er sie auf ihre Füße, und noch bevor sie richtig stand, warf sie sich ihm an den Hals. Er spürte ihren warmen Atem an seinem Ohr, ihre Hand auf seinem Rücken, die zweite an seiner Brust. »Danke«, flüsterte sie, wandte sich um und verschwand in einer Seitengasse.
    Amos schaute ihr benommen hinterher. An seiner Schulter meinte er noch die weiche Wärme ihrer Wange zu fühlen, auf seiner Brust ihre tastende Hand. Da erst dämmerte ihm das Schreckliche: Sie hatte ihn übertölpelt! Er riss sein Wams auseinander, fuhr mit beiden Händen darunter, suchte unter seinem Hemd, auf dem Boden, überall.
    Aber der Briefumschlag war fort. Und die Diebin ebenso.
7
    »
H
e, warte!«
    Sie war schon am anderen Ende der Gasse, als Amos aus seiner Erstarrung erwachte. Und natürlich dachte sie gar nicht daran, auf ihn zu warten: Gerade noch konnte er sehen, wie sie dort hinten rechter Hand in die nächste Gasse oder vielleicht in ein Haustor einbog.
    So schnell er konnte, rannte Amos hinter ihr her. Der Beutel mit Kronus’ Gulden tanzte am Riemen vor seiner Brust – für das Geld hatte sich das Mädchen offenbar gar nicht interessiert. So wenig wie gestern der Dreckskerl in Pegnitz.
    Beide wollten nur den Brief – dabei konnten sie von diesem geheimnisvollen Umschlag doch gar nichts wissen! Oder etwa doch?
    Amos hastete die Gasse entlang. Sie war noch enger, finsterer, schmutziger als die Straßen, durch die er bisher gekommen war. Die Häuschen am Wegrand sahen düster und baufällig aus. Schmale Fenster, hinter denen Augenpaare zu lauern schienen. Ein großer gelber Hund sprang aus einer Tür und rannte kläffend neben ihm her. Verschwinde, Mistvieh!, dachte Amos, und der Hund schien die lautlose Beschwörung tatsächlich zu verstehen: Er ließ von ihm ab, hockte sich mitten auf die Straße und sah Amos trübselig hinterher.
    Aber auch wenn er gelben Hunden neuerdings Gedankenbefehle senden konnte – für das blonde Mädchen galt das anscheinend keineswegs. Am Ende der Gasse blieb Amos stehen. Rechts gab es eine schmale Öffnung zwischen zwei halb zusammengebrochenen Häusern – dort hinein musste die Diebin verschwunden sein. Mit mulmigem Gefühl im Magen rannte er weiter – in einen

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