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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Ladefläche lag ein Mensch, und je näher sie kam, desto klarer sah sie, dass es niemand anders als Mutter Sophia war. Die Äbtissin lag vollkommen reglos da, gebettet auf eine gepolsterte Holzbahre und in eine lehmfarbene Decke gehüllt. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Gesicht eingefallen und grau. Schlief sie? Oder war sie schon gar nicht mehr am Leben? Voller Erstaunen sah Klara, dass Mutter Sophia wie früher ihre Äbtissinnentracht trug – so als ob sich die Inquisitoren davon überzeugt hätten, dass sie sie zu Unrecht verdächtigt hatten, und Mutter Sophia in all ihre alten Würden wieder eingesetzt hätten. Was konnte diesen plötzlichen Sinneswandel nur bewirkt haben? Aber nein, dachte Klara dann – wenn sie Mutter Sophia vorhin halbwegs richtig verstanden hatte, dann hatten die Inquisitoren sie zwar freigelassen, aber »nur zum Schein«. Doch was das nun wieder bedeuten sollte, verstand Klara erst recht nicht.
    Um den Wagen herum hatte sich unterdessen eine Menschentraube gebildet. Mit respektvoll gedämpften Stimmen, wenngleich sichtlich angeregt besprachen die Leute in allen Einzelheiten, was sich da vor ihren Augen abspielte. Eine Äbtissin war schließlich eine hochgestellte Frau und so jemanden bekam man nicht jeden Tag aus nächster Nähe zu sehen. Dass sie allem Anschein nach schwerkrank war, machte den Fall nur noch interessanter. An welchem Gebrechen mochte die fromme Frau leiden? Rein äußerlich war ihr jedenfalls nichts anzumerken – keinerlei Beulen, Verbände oder schwärende Wunden, die Rückschlüsse auf das zugrunde liegende Siechtum erlaubt hätten. Allerdings trug die Dame ja die wallende Robe einer Augustineräbtissin und war überdies bis unter die Achseln in die Decke eingehüllt.
    Nur mit Bitten und Schelten gelang es den beiden Augustinernonnen, aus der Karosse auszusteigen und sich nach hintendurchzuschlängeln. Eine von ihnen musste bereits in den Vierzigern sein, die andere war gewiss zehn Jahre jünger. Auch Klara schob sich unauffällig immer näher an den Wagen heran. Dabei wäre sie am liebsten längst wieder auf- und davongerannt – sie spürte doch ganz genau, dass hier irgendetwas nicht stimmte! Aber was nur?
    Vorn auf dem Kutschbock saß ein noch junger Mann mit bronzefarbener Haut, der sich um das wilde Treiben in seinem Rücken überhaupt nicht zu bekümmern schien. Vollkommen reglos saß er da, und genauso unverwandt sah ihn Klara an: Von irgendwo her kam dieser breitschultrige junge Mann ihr doch bekannt vor! Doch sie kam einfach nicht darauf, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte.
    Er trug das derbe Gewand eines gewöhnlichen Kutschers oder Knechtes, und vielleicht lag es ja daran, dass sie sich nicht erinnern konnte? Seine Hände jedenfalls waren blitzsauber und sorgsam gepflegt. Für so etwas hatte sie einen Blick – das waren gewiss nicht die Finger eines Mannes, der von früh bis spät seine Gäule schirrte und zügelte, fütterte und striegelte. Auf dem Kopf trug er eine schmierige Lederkappe, und als er sich mit einer gezierten Bewegung an der Schläfe kratzte, rutschte die Kappe ein wenig zur Seite – und über seinem schwarzen Haarkranz blitzte der kahl geschorene Schädel auf.
    Dieser junge Mann war also ein Mönch – und nun fiel Klara auch ein, wann sie von einem solchen bronzehäutigen jungen Kirchenmann schon einmal gehört hatte.
    Johannes Mergelin hatte ihr von ihm erzählt. Der Inquisitor Cellari besaß zwei Gehilfen, und einer war jener Frater Meinolf, den sie aus Hannes’ Mund und Rachen angeschrien hatte. Der andere aber musste gerade dieser dunkelhaarige und bronzehäutige Jüngling sein, der dort vorn auf dem Kutschbock thronte wie eine Skulptur. Alexius – ja, ganz genauso hieß er. Und in seiner rechten Hand (wohlverborgen, aber nicht gut genug) hielt er einen winzigen Spiegel, in dem er so verstohlen wieaufmerksam beobachtete, was da hinten bei seiner Kutsche geschah.
    Klaras Gesicht fühlte sich mit einem Mal glühend heiß an. Doch als sie sich über die Stirn fuhr, war ihre Haut eiskalt. So als ob sie auch selbst schon mehr tot als lebendig wäre. Beklommen sah sie zu, wie die beiden Nonnen die bedauernswerte Mutter Sophia mitsamt ihrer Bahre vom Wagen herunterhoben. Die Menschenmenge wich widerwillig auseinander und machte eine schmale Gasse frei. So behutsam, als ob sie eine Steige voll roher Eier transportierten, trugen die Augustinerinnen Mutter Sophia an den Gaffern und Soldaten vorbei zum Portal. Im nächsten Moment hatte

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