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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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wen es erprobt werden sollte, gerieten ›Dichter‹ und ›Priester‹ aber wiederum in Streit. Die ›Priester‹ nämlich wollten, dass es unbedingt durch zwei oder drei junge Leser erprobt werden sollte – weil die heilsame alte Magie ja an euch, die nachwachsenden Generationen, weitergegeben werden sollte. Wir ›Dichter‹ waren dagegen der Ansicht, dass es vollkommen ausreichte, wenn wir innerhalb der Bruderschaft ausprobierten, welche magischen Fähigkeiten
Das Buch
in uns erweckte.«
    »Aber bei diesem Streit haben sich dann die ›Priester‹ durchgesetzt?«, warf Klara ein.
    Mutter Sophia gab nur ein unbestimmtes Seufzen von sich und schwieg dann so lange, dass Klara schon glaubte, die alte Frau wäre vor Erschöpfung abermals eingeschlafen. Doch als Klara ihren Kopf hob und zu ihr aufsah, erwiderte die Äbtissin mit einem bekümmerten Lächeln ihren Blick.
    »Wir ›Dichter‹ hatten uns ja in allen entscheidenden Fragen durchgesetzt«, antwortete sie mit merklich matterer Stimme. »Da schien es uns nur recht und billig, dass wir den ›Priestern‹ in diesem Punkt auch einmal ihren Willen ließen: Wir stimmten also zu, dass
Das Buch
durch einige junge Leser ausprobiert werden sollte – und dass allein die ›Priester‹ bestimmen dürften, um wen es sich bei diesen Probelesern handelte. Einmal mehr wunderten wir uns über unsere ›Priester‹-Brüder und ihre sonderbaren Ideen. Aber wir dachten uns weiter nichts dabei – und niemand von uns wäre auch nur im Traum auf die Idee gekommen, zu welchen schrecklichen Mitteln die ›Priester‹ in der Folge greifen würden.«
    Klara schaute zu Mutter Sophia empor und die Kehle wurde ihr eng. »Sie haben Amos und mich ausgewählt. Und Leander«, brachte sie heraus. »Aber warum gerade uns?« Sie musste erst einmal einen Schluck Tee trinken, so trocken war ihr Mund mit einem Mal. »Unsere Eltern haben sie umgebracht, um uns unter ihre Kontrolle zu bringen – nur aus welchem Grund? Was ist an uns so Besonderes – an Amos, Leander und mir?«
    Das Herz klopfte ihr plötzlich wie rasend in der Brust. Sie schlug die Hände vor ihr Gesicht und schaute erst wieder auf, als sie ganz sicher war, dass sie nicht gleich aufs Neue losheulen würde.
    Sie wollte jetzt endlich wissen, was hinter alledem steckte. Wer diese Wahnsinnigen waren, die ihre Eltern im Schlaf kaltblütig ermordet, ihren Wagen einfach angezündet und nur sie selbst vorher in Sicherheit gebracht hatten. Warum es diesen Leuten verdammt noch mal so wichtig war, dass gerade Amos und sie
Das Buch der Geister
als Erste lasen und ausprobierten.
    »Einer der Auserwählten«, sagte Mutter Sophia so leise, dass Klara die Ohren spitzen musste, »war ja ein Enkel unseres Ordensbruders Kasimir von Hohenstein – schon deshalb sah für uns alles ganz unverdächtig aus. Ritter Kasimir gehörte doch selbst zu den ›Dichtern‹, und sein Sohn Ferdinand – Amos’ Vater – war ja anfangs auch ganz begeistert von diesem Plan. Amos hat als kleiner Junge einige bemerkenswerte Fähigkeiten an den Tag gelegt – er war ein besonders empfindsames Kind, das beispielsweise spüren konnte, wenn jemand in seiner Nähe ernstlich krank war. Wir alle freuten uns, dass die ›Priester‹ eine so gute Wahl getroffen hatten. Umso mehr vertrauten wir darauf, dass sie bei der Auswahl der beiden anderen Probeleser mit gleichem Glück und Geschick vorgehen würden. Wir erfuhren lediglich, dass sie zwei weitere hochempfindsame Kinder gefunden hätten, deren Eltern mit ihrer Erwählung einverstanden seien. Und wenn
Das Buch
eines Tages fertig wäre – dann würdet ihr drei gerade in dem richtigen Alter sein, um seine magische Wirkung zu erproben.«
    Sie ließ Klaras Hand los und wischte sich neuerlich mit ihrem Tuch über die Stirn. Klara war sich auf einmal gar nicht mehr sicher, ob sie wirklich hören wollte, was Mutter Sophia ihr noch weiter offenbaren würde. Am liebsten hätte sie sich die Hände auf ihre Ohren gepresst und wäre aus dem Zimmer gerannt. Aber ein anderer Teil von ihr zwang sie, mit gespitzten Ohren und klopfendem Herzen sitzen zu bleiben, wo sie saß.
    Dann aber kam ein anderer, unheilvoller Wind auf, sagte die Äbtissin. Im ganzen Land brannten auf einmal die Scheiterhaufen. Der Papst erklärte alle Zauberei zu Teufelswerk. Die Inquisitoren jagten, marterten, töteten jeden, der auch nur eine einzige Silbe in der kirchlichen Glaubenslehre anzuzweifeln wagte. Wundärzte und heilkundige Frauen wurden unter dem

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