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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Verdacht der verbotenen Magie verhaftet und in vielen Fällen bei lebendigem Leib verbrannt. »Wer konnte es Amos’ Eltern da verübeln«, fuhr die Äbtissin fort, »dass sie die Zusage zurückzogen, die sie dem Opus Spiritus Jahre vorher gegeben hatten? Genauso machten es deine und auch Leanders Eltern, und zwar ganz unabhängig voneinander – eure drei Familien kannten einander ja gar nicht. Aber von alledem bekamen wir ›Dichter‹ nur wenig mit. Natürlich wussten wir, dass Ferdinand von Hohenstein sich vom Opus Spiritus losgesagt hatte. Doch sein eigener Vater versicherte uns, dass dies nur eine vorübergehende Laune sei. Und dann wurdest du eines Tages in unser Waisenheim im Kloster Mariä Schiedung gebracht, Klara – und ich hatte nicht die leiseste Ahnung, dass du eines jener Kinder warst, die unsere ›Priester‹ vor langer Zeit ausgewählt hatten.«
    Die Äbtissin unterbrach sich abermals. In diesem Moment hätte Klara auch kein weiteres Wort mehr hören mögen. Glücklicherweise schloss Mutter Sophia nun auch ihre Augen, aus Zartgefühl oder womöglich nur vor Erschöpfung. Klara war ihr jedenfalls dankbar dafür. Sie musste erst einmal versuchen, für sich allein mit dem Durcheinander in ihrem Innern klarzukommen.
    Allem Anschein nach hatten Trithemius und die anderen »Priester« also ihre Eltern töten lassen, weil die sich plötzlich geweigert hatten, ihre »auserwählte« Tochter in die Hände des Opus Spiritus zu geben. Mutter Sophia hatte nichts davon gewusst – das hatte Klara immer schon gespürt, und doch war sie unendlich froh, es nun auch aus dem Mund der Äbtissin zu hören. Aber nur ein Jahr später waren auch Amos’ Eltern umgebracht worden – und da hätten Mutter Sophia und Kronus dochendlich Verdacht schöpfen müssen? Schließlich wussten sie ja, dass Amos zu den drei »auserwählten« Kindern gehört hatte, bis seine Eltern von dieser Zusage nichts mehr wissen wollten – und dann plötzlich waren Amos’ Eltern tot und er selbst kam zu seinem Onkel nach Burg Hohenstein. Wo er dann bald schon zu Kronus’ Vertrautem wurde – ganz genau so, wie es die »Priester« zehn Jahre vorher bereits geplant hatten.
    »Bitte beantwortet mir noch eine Frage, Mutter«, sagte Klara schließlich, nachdem sie mit diesen Gedanken ein paar Mal im Kreis umhergejagt war. »Wenn Trithemius und die ›Priester‹ Euch nicht gesagt haben, dass ich eines der auserwählten Kinder war – wieso habt Ihr und Kronus mich dann trotzdem zusammen mit Amos losgeschickt?«
    Die Äbtissin öffnete ihre Augen und schaute Klara wie aus weiter Ferne an. »Das war Valentins und meine Idee – jedenfalls bildeten wir uns das ein. Wir waren uns so sicher, dass wir euch dadurch nicht in Gefahr bringen würden – ganz im Gegenteil! Du warst mir so lieb, als ob du mein eigenes Kind wärest, und Valentin ging es mit Amos genauso. Wir waren so stolz auf
Das Buch
und so stolz auf Euch, und wir wollten, dass ihr beide die Allerersten sein würdet, in denen
Das Buch der Geister
magische Gaben erweckt.«
    Mutter Sophia schüttelte tief bekümmert den Kopf. »Die ›Priester‹ stimmten unserem Vorschlag zu, ohne sich irgendetwas anmerken zu lassen. Nenne uns arglos und weltfremd – das sind Leute wie Kronus und ich in gewisser Weise bestimmt. Ein gelehrter Einsiedler und eine Nonne! Natürlich haben wir gesehen, dass ihr beide ein ähnlich trauriges Schicksal hattet – aber es sind eben schlimme Zeiten, und die Waisenhäuser sind voll mit Kindern, die ihre Eltern durch Mord oder Krieg verloren haben. Versetze dich nur mal in meine Lage, Klara: Wie hätte ich denn ahnen können, dass all das zu einem groß angelegten Plan gehörte? Dass sie deine Eltern getötet und dann auch noch die nötigen Vorkehrungen getroffen hatten, damit du gerade zu mir ins Kloster gebrachtwurdest? Und dann die gleichen Bluttaten noch einmal im Haus des armen Ferdinand von Hohenstein – nur damit Amos zu Valentin kam? Und das alles allein deshalb, damit du und Amos als Erste
Das Buch
erproben konntet, wie es die ›Priester‹ irgendwann einmal beschlossen hatten? Für einen solchen ungeheuren Verdacht fehlte uns doch jeder Anhaltspunkt – ganz zu schweigen davon, dass ich bis heute nicht begreife, was Trithemius’ Beweggründe für all das sein mögen.«
    Sie beide blieben nun längere Zeit stumm und sahen nur erschöpft und beklommen vor sich hin. Mittlerweile musste es schon spät am Abend sein. Durch den Dachstuhl sah man die Sterne am

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