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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Rätseln entzweigerissen, mit denen er sich herumgequält hatte, seit seine Eltern in jener Nacht umgekommen waren. Und genauso , fuhr er fort, müssenauch sie es gewesen sein, die meine Eltern durch Sturm und Feuer umgebracht haben – die Geister, Klara, verstehst du, niemand sonst! Weil meine Mutter und mein Vater den Weg nicht freigeben wollten, den die Geister für mich vorgesehen hatten.
    Klara machte immer noch so ein verschlossenes Gesicht – als ob sie eine Burg wäre und alle Tore verriegelt hätte. Ihre Augen sahen vor Schmerz und Kummer beinahe schwarz aus. Und wie sollen die Geister das angestellt haben , fragte sie – deine Eltern durch Sturm und Feuer umgebracht?
    Diesmal war es Amos, der bloß ratlos den Kopf schütteln konnte. Irgendwie haben die Priester ihnen diese Macht gegeben, dachte er, aber eigentlich verstand er selbst nicht, wie das möglich sein sollte. Und dann auf einmal schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass Geister vielleicht nur ein anderes Wort war für Hass oder Habgier oder Rachedurst. Ja, das schien ihm sogar ziemlich überzeugend: Wer nicht seinem eigenen Willen und natürlich auch seinem Gewissen gehorchte, der gab sich gleichsam den Geistern in die Hände – ob er nun ausdrücklich an die Macht der Geister glaubte oder auch nicht.
    Ich glaube, du hast recht, Amos, flüsterte da mit einem Mal Klara. Wie konnten wir nur derart blind sein? Sie flüsterte mindestens genauso überstürzt, wie er selbst eben auf sie eingeredet hatte. Erinnerst du dich, was passiert ist, als Höttsche deinem Vater das Schwert aus der Hand geschlagen hat?
    Amos spähte in sich hinein und sah alles wieder vor sich: Mit einer mühelosen Bewegung hieb Höttsche dem Vater das Schwert aus den Händen, und dann schlitterte die Waffe im Zickzack über den Boden und … Das eckige S, sagte er. Der magische Blitz – und auch dieses Zeichen hat die Priesterin dem jungen Bräutigam auf die Stirn gemalt.
    Damit die Geister durch ihn seine Kinder behüten können, ergänzte Klara. Sie waren jetzt beide so aufgeregt, dass sie sich zwingen mussten, in Gedankensprache zu flüstern, anstatt die Schreie auszustoßen, die ihnen in der Kehle saßen wie hungrigeVögel. Und genauso haben sie Höttsche als deinen Hüter eingesetzt , fuhr Klara fort. Schon durch das eckige S im Ruß haben die Geister gezeigt, dass sie auf Höttsches Seite sind oder dass sie ihn als ihr Werkzeug verwenden. Du hast doch auch gesehen, wie die beiden Rechtsgelehrten erst das Zeichen gemustert und sich dann bedeutungsvoll angeschaut haben?
    Amos nickte. Ja, das ist mir aufgefallen , sagte er.
    Und wenn Höttsche selbst es da noch nicht gemerkt hat , fuhr sie fort, dann muss ihm spätestens unten im Keller, bei deinem und Odas Versteck, klar geworden sein, dass die Geister ihn zu deinem neuen Beschützer erwählt haben. Er hat sich die Stirn befühlt – so als ob er sich vergewissern wollte, dass sie ihm wirklich gerade dieses Zeichen in die Stirn gehauen haben. Und dann hat er sich leise davongemacht, weil er plötzlich verstanden hat, dass genau das jetzt von ihm erwartet wurde.
    Ohne es recht zu bemerken, waren sie wieder stehen geblieben, nur noch wenige Schritte vom Sockel des Priesters entfernt. Vielleicht verstehen wir das ja auch alles falsch , sagte Amos, obwohl er ja spürte, dass sie dem tiefsten Geheimnis des Opus Spiritus niemals näher gewesen waren. Was haben denn Trithemius und die anderen »Priester« im Opus Spiritus davon, wenn die Geister wieder so mächtig werden wie vor tausend Jahren? Sie selbst sind dann doch auch nur noch Gefäße und Werkzeuge der Geister – oder etwa nicht?
    Klara schien seine Frage gar nicht richtig gehört zu haben. Ja, so muss es gewesen sein , murmelte sie gedankenverloren. Bei mir war es Mutter Sophia, die von den Geistern zu meiner neuen Hüterin bestimmt worden ist, nachdem meine Eltern … Sie unterbrach sich unvermittelt und schaute ins Leere.
    Ich war erst ein paar Tage bei ihr in Mariä Schiedung, fuhr sie nach einigen Augenblicken fort, da erzählte mir Mutter Sophia, dass sie seit Kurzem ein Muttermal in ihrer linken Ellenbeuge hätte – geformt wie ein winziges X. Das Zeichen sei ihr gerade an dem Tag zum ersten Mal aufgefallen, als ich zu ihr gebracht wordensei. Wenn sie es nur aus dem richtigen Winkel anschaue, so hat sie damals mit einem listigen Lächeln hinzugefügt – dann sehe es beinahe aus wie ein Christuskreuz. Und was auch immer die Ketzerund Hexenjäger noch an

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