OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger
ich dir damals nur abgeluchst, weil Bruder Egbert dich prüfen wollte. Und diesmal nehme ich euch ja erst recht nichts weg – ihr habt doch gerade selbst erklärt, dass ihr euch nicht erleuchten lassen wollt.«
»Aber du darfst genauso wenig nach Rogár gehen, Leander.« Klara sah ihn beschwörend an. »Denk doch an deine Eltern, denk an die schreckliche Nacht, als sie umgekommen sind! Nur wegen Trithemius und Faust sind sie gestorben!«
Leanders Augen wurden mit einem Mal dunkel und schmal. »Du verstehst gar nichts«, stieß er hervor. »Gerade damit sie nicht umsonst gestorben sind, muss ich nach Rogár.«
Trithemius schüttelte seufzend den Kopf. »So sei es also. Vorerst wird nur Leander das Erbe der alten Schriftmagier antreten.« Er trat zu Amos und streckte auffordernd seine Hand aus. »Gib mir
Das Buch
.«
Amos wollte zu dem hohlen Eichbaum hin zurückweichen, doch mit einem katzenhaften Satz versperrte Faust ihm den Weg. »Du bist nicht nur ein Dieb, sondern auch noch ein Dummkopf«, sagte Amos zu Leander. »Du hattest es nicht verdient, dass Klara dir auch nur die erste Geschichte vorgelesen hat – und mehr wirst du von dem
Buch der Geister
auch nicht bekommen.« Er verschränkte die Arme vor der Brust – in der Herztasche unter seinem Gewand steckte
Das Buch
.
»Sei nicht töricht, mein Sohn«, sagte der Abt. »Gib mir
Das Buch
! Eile ist geboten und so werde ich Leander die restlichen drei Geschichten unverzüglich und an einem Stück vorlesen.« Er schaute Amos so sanftmütig an, als ob er nach wie vor nur die fürsorglichsten Gefühle für ihn hegte. »Danach wirst du
Das Buch
sogleich zurückerhalten – ich schwöre es dir, wenn du willst.«
»Schwört, was Ihr mögt –
Das Buch
gebe ich Euch trotzdem nicht.«
Der Abt machte einen weiteren Schritt auf Amos zu, und im selben Moment legte Faust seine Hände von hinten auf Amos’ Schultern. »Gib es ihm«, sagte der Zauberer dicht neben Amos’ Ohr. »Kronus hat dich beauftragt, Trithemius
Das Buch
zu bringen. Du willst doch nicht gegen Kronus’ Weisung verstoßen?«
»Oh nein, das werde ich nicht tun«, sagte Amos und sah weiterhin nur den Abt an. »Ich erinnere mich genau an Kronus’ Worte: › Du wirst wissen, wem
Das Buch
zugedacht ist. Bring es ihm und Du wirst unsterblich werden .‹« Mit einem Mal wurde ihm ganz ruhig zumute. »Ich habe lange gebraucht«, fuhr er fort, »um herauszufinden, wen Kronus mit dieser Anweisung eigentlich gemeint hat. Aber jetzt weiß ich, wem er
Das Buch der Geister
zugedacht hat. Und Ihr, Herr, seid es nicht.«
Amos hatte noch nicht ganz fertig gesprochen, da fuhr Faust ihm mit einer Hand vorne in sein Wams und wollte ihm
Das Buch
aus der Tasche ziehen. Doch Amos warf sich nach vorn und der Abt taumelte zurück. Mit lautem Ratsch riss das Wams des Maurerlehrlings Kupferschuh entzwei,
Das Buch
fiel heraus und klatschte vor Amos auf den Boden. Er bückte sich blitzschnell und riss es wieder an sich. Doch ehe er sich erneut aufgerappelt hatte, schlang ihm Faust von hinten einen eisenharten Arm um seine Kehle und drückte ihn vollends zu Boden.
»Genug jetzt«, sprach der Zauberer dicht neben seinem Ohr. »Um ein Bürschlein wie dich zu bezwingen, brauche ich nicht einmal Magie.« Er drückte noch etwas fester zu und Amos keuchte vor Angst und Atemnot.
Klara wollte ihm zu Hilfe eilen, doch Leander packte sie beim Arm und hielt sie fest. »Du Idiot!«, schrie ihn Klara an. »Hätte ich dir doch deine Stimme nicht zurückgegeben!« Sie biss ihm mit aller Kraft in den Unterarm und Leander heulte auf und taumelte zurück.
Amos wurde schwarz vor Augen. Er spürte, wie Trithemius ihm
Das Buch
aus den Händen zu winden versuchte, doch er hielt das schmale Lederbändchen krampfhaft fest. Seine Kehle brannte, vor seinen Augen wirbelten feuerfarbene Zeichen im Kreis – das eckige S, die zum V gespreizten Finger, die Raubvogelkralle …
Mit seiner letzten Kraft riss er sich aus Fausts Umklammerung los und stieß den Abt abermals zurück. Er taumelte einige Schritte weit in das unterirdische Gelass hinein, und dabei keuchte er und schüttelte seinen Kopf, um wieder klarer zu sehen, doch alles um ihn herum blieb verschwommen. Von hinten stürzte neuerlich der hünenhafte Faust auf ihn zu, und am liebsten hätte Amos sich einfach wieder zu Boden fallen lassen. Sie hatten doch überhaupt keine Chance mehr! Alles war ganz und gar missraten und verloren. Der Abt würde ihm
Das Buch
entreißen und Leander zum
Weitere Kostenlose Bücher