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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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bei ihm auch alles bedacht und rechtzeitig Vorkehrungen getroffen, damit ihm kein Leid geschieht?«
    Trithemius hielt neuerlich inne, wandte sich diesmal aber nicht zu ihm um.
    »Herr, bitte«, rief Amos, »beantwortet mir nur noch diese eine Frage: Wo ist Kronus? Ist er in Sicherheit? Geht es ihm gut?«
    »Das sind drei Fragen«, gab der Abt zurück. »Aber es spielt keine Rolle, denn meine Antwort ist immer dieselbe: Du musst Kronus vergessen.«
    Amos spürte ein Brennen in der Kehle. »Heißt das«, brachte er hervor, »dass er nicht mehr am Leben ist?«
    Der Abt gab ihm wiederum keine Antwort, jedenfalls nicht sofort. Er hielt sich mit der Linken an der Strickleiter fest und stemmte die andere Hand gegen den Eisendeckel über seinem Kopf. »Die Verhältnisse haben sich nun einmal geändert«, sagte er dann. »So wie du dich früher an Kronus gehalten hast, wirst du dich von jetzt an nur noch an mich halten.« Noch einmal wandte er sich um und sah eindringlich zu ihm herab.
    Also war Kronus tot? Amos spürte, dass er es nicht über sich bringen würde, Trithemius diese Frage zu stellen. Und wozu auch – die Worte des alten Mannes ließen ohnehin kaum eine andere Deutung zu.
    »Vergiss ihn und halte dich an mich«, wiederholte Trithemius in abschließendem Tonfall. »Wenn du diese Regel getreulich befolgst, dann wird dir und Klara Thalgruber nichts Arges geschehen – das verspreche ich dir hiermit, Amos von Hohenstein.«
    Und wenn nicht?, dachte Amos, doch er schluckte auch diese Frage herunter. Seine Kehle fühlte sich an, als ob er siedendes Öl getrunken hätte. Und ohnehin hätte der Abt ihn wohl nicht mehr gehört – eben flog über ihm die Gitterluke zur Seite und die zierliche Gestalt in der schwarze Robe schwang sich über den Schachtrand nach draußen.
    Amos hörte leises Wiehern und eine Männerstimme, die beruhigend auf ein Pferd einsprach. Gleich darauf wurde das Eisengitter wieder über das Ausstiegsloch geschoben, und nur ein paar Wimpernschläge später hörte Amos, wie da oben eine Peitsche knallte und die Kutsche mit ratternden Rädern davonfuhr.
    Trithemius schien überhaupt keine Trauer zu empfinden, dachte er – weder über die Zerstörung seiner kostbaren Büchersammlung noch über das, was mit Valentin Kronus passiert war. Und doch konnte Amos in ihm nun nicht mehr nur den finsteren Drahtzieher sehen, der notfalls das Leben unschuldiger Menschen opferte, um irgendwelche undurchsichtigen Ziele zu erreichen. Gewiss war Trithemius kein so friedfertiger und menschenfreundlicher Mann wie Valentin Kronus – und doch gab es da etwas, das die beiden Männer zuinnerst miteinander verband.
    Amos fühlte sich jetzt ziemlich durcheinander. Und er grübelte noch immer über den Rätseln des Opus Spiritus, als er auf einmal das vertraute Ziehen in seiner Magengegend fühlte und gleich darauf ein Sausen hinter seiner Stirn.
    Bei allen guten Geistern, Amos! , rief Klara mit schriller Gedankenstimme. Du musst sofort zurückkommen – die Purpurkrieger sind mit den Bluthunden hier!
4
    S
o klar und deutlich
, wie er überhaupt konnte, stellte sich Amos das kleine Felsgelass hinter dem Geistersaal vor. Ich komme! , rief er Klara zu. Um ihn herum begann es zu brausen, alsob ein gewaltiger Sturmwind aufgekommen wäre. Er spürte eine Art Stoß in seinem Rücken und heftigen Schwindel – im nächsten Augenblick schwebte er bereits unter der Decke der Felsenkammer und schaute auf Klara und Johannes hinab. Und auf sich selbst, seinen eigenen Körper: Vollkommen reglos lag er da unten auf dem Steinsims, das ihnen als Nachtlager gedient hatte – auf dem Rücken, die Augen geschlossen, in eine Pferdedecke gewickelt, während Klara und Johannes bereits reisefertig waren.
    Im Sturzflug schoss Amos in seinen Körper zurück. Es war ein eigentümliches Gefühl, unheimlich und berauschend zugleich. Im allerletzten Moment kam es ihm vor, als ob er selbst sich entgegengeschaut hätte – so als wäre er gleichzeitig in der Luft und am Boden gewesen, herniederschießender Geist und lebendiger Leib. Seine Gliedmaßen wollten ihm nicht gleich gehorchen, er ruderte und zappelte wie ein umgekippter Käfer mit Armen und Beinen. Doch kurz darauf hatte er alle Einzelteile mit seiner Willenskraft wieder richtig zusammengefügt, wie es ihm Ritter Laurentius im
Buch der Geister
vorgemacht hatte.
    Amos sprang auf. Klara begrüßte ihn mit einem Jubelschrei. »Gerade noch zeitig – was für ein Glück! Kommt jetzt, wir müssen

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