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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Kratzen ihrer Pfoten auf dem rauen Felsgrund und die stampfenden Schritte der Purpurkrieger hörte, die die unaufhörlich heulenden Tiere an Leinen oder Ketten führten.
    Leander machte Klara ein Zeichen – sie sollte als Nächste durch das kopfstehende V gehen. Er selbst folgte dichtauf, und als Amos zögerte, versetzte ihm der Steinmetz einen kräftigen Schubs. Amos prallte gegen Leanders Rücken. Mehr über- als hintereinander stolperten sie voran. Nach ein paar Schritten hatten sie das kopfstehende V tatsächlich schon wieder hinter sich, und Amos wandte sich im Gehen zurück, um nach Walter und Johannes zu sehen.
    Der Steinmetz bewegte sich rückwärts durch die Engstelle, wie er es angekündigt hatte. Er ging weit vornübergebeugt und zog Johannes, der auf dem Rücken lag, an seinen Händen hinter sich her. Und gerade in diesem Moment tauchte zehn Schritte hinter ihnen ein Purpurkrieger auf.
    Was dann geschah, konnten Amos und Klara nicht mit eigenen Augen sehen – der breite Rücken des Steinmetzes versperrte ihnen den Blick. Aber nachher erzählte Walter ihnen und allen anderen, wie sich alles abgespielt hatte.
    Als der Purpurkrieger bemerkte, wie dicht sie ihrer Beute auf den Fersen waren, beugte er sich vor und ließ seinen Bluthund von der Leine. Es war der größte Hund, den Walter jemals gesehen hatte, von der Statur eines ausgewachsenen Rehbocks, mit schweißglänzendem, struppig braunem Fell, blutunterlaufenenAugen und furchterregenden Reißzähnen. Die Bestie schnellte wie vom Katapult abgeschossen auf sie beide zu und landete krachend auf der Brust des armen Johannes. Im nächsten Augenblick hatte der Bluthund seine Kiefer um Johannes’ Kehle geschlossen – und da wusste sich Walter keinen anderen Rat mehr: Er ließ die Hände des nach wie vor bewusstlosen Jungen los und stolperte rückwärts, so schnell er nur konnte, aus dem umgekehrten V heraus. Blitzschnell richtete er sich auf, packte mit beiden Händen die Seilenden, die über der Engstelle vor der Felswand herabhingen, und warf sich mit aller Kraft nach hinten.
    Nur einen halben Herzschlag später begann es über ihnen im Gestein zu knirschen und zu krachen. Der Steinmetz rappelte sich aufs Neue auf, rannte hinter den anderen her und machte Amos im Laufen wilde Zeichen, dass er mit ihm kommen solle.
    Doch Amos stand wie gelähmt da und starrte auf das donnernde Verhängnis. Eine Wolke aus gewaltig großen Steinbrocken entlud sich tosend und dröhnend und verschüttete den Felsgang gerade hinter dem kopfstehenden V. Die Steintrümmer waren durch ein Netz aus armdicken Seilen unter der Decke des Felsgangs festgehalten worden, bis Walter an den Enden gezogen und so die Gerölllawine entfesselt hatte.
    Nur noch gedämpft klang das Geheule der Bluthunde zu ihnen herüber. Amos lauschte angestrengt, aber er konnte keinerlei Schmerzensschreie hören. Doch er bezweifelte, dass dies ein gutes Zeichen war.
    Endlich gelang es ihm, sich von dem beklemmenden Anblick loszureißen. Jetzt verstand er, warum Egbert sie so zur Eile gedrängt hatte und warum er und der Steinmetz sich so zuversichtlich gezeigt hatten, dass sie hinter der Wegenge in Sicherheit wären. Falls die Purpurkrieger überhaupt versuchen würden, den verschütteten Gang frei zu räumen, würden sie mindestens einen Tag dafür brauchen.
    Egberts Plan war also aufgegangen. Nur Johannes hatte es nicht geschafft. Er war noch am Leben, Amos spürte es genau.Aber was ihm nun bevorstand, war womöglich noch grässlicher, als von Steintrümmern erschlagen oder von den Bluthunden zerfleischt zu werden.
    Auf Gnade oder Ungnade war er den Männern ausgeliefert, für die er nichts anderes als ein Verräter und Gefolgsmann des leibhaftigen Satans war.
5
    G
eblendet kniff Amos
die Augen zusammen und beschirmte sie zusätzlich mit der flachen Hand. Nach den vielen Stunden in der Düsternis des Berges kam ihm sogar das Dämmerlicht hier draußen im Dickicht grell vor.
    »Meine Güte«, sagte Klara, »viel länger hätte ich es da drinnen wirklich nicht ausgehalten. Man kommt sich wie gefangen vor – eingesperrt in sich selbst.«
    Sie standen am Rand einer kleinen Lichtung. Bis zu dem Städtchen Pegnitz waren es nur noch wenige Meilen – jedenfalls laut Leander, der froh schien, dass er endlich wieder seine Schreibtafel verwenden konnte. Er stand neben Amos und Klara, kritzelte eifrig und hielt ihnen dann das Schieferstück aufs Neue hin.
    »Jetzt vorlesen!« , entzifferte Amos. Er musste lachen.

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