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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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der Stelle aufsuchen.«
    Amos fühlte sich wie in zwei Teile zerrissen. Er hatte letzte Nacht ja mit eigenen Ohren gehört, wie Klara mit Mutter Sophia gesprochen hatte. Die gütige Äbtissin war für Klara, was Kronus für ihn gewesen war – Mutter Sophia hatte an Elternstatt bei ihr gestanden, nachdem ihre wirklichen Eltern umgekommen waren. Und wenn Kronus noch am Leben wäre, sagte sich Amos, und ich selbst eine solche Botschaft von ihm bekommen hätte – ich würde auch alles stehen und liegen lassen, um zu ihm zu eilen.
    Aber auf der anderen Seite hatte er Trithemius doch versprochen, dass er sich künftig an ihn halten würde, so wie er sich früher an Kronus gehalten hatte. Also würden sich seine und Klaras Wege nun doch wieder trennen – für etliche Tage oder sogar für längere Zeit? Diese Vorstellung gefiel ihm ganz und gar nicht – gerade jetzt, da die Sache mit Johannes zwischen ihnen stand, wollte und musste er doch bei Klara sein.
    »Wie willst du sie denn überhaupt treffen?«, fragte er. »Ist Mutter Sophia denn nicht mehr im Inquisitionsgefängnis?«
    Klara zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht«, sagte sie in einem Tonfall, als ob sie gleich anfangen würde, zu weinen. »Ich weiß nur, dass sie mich angefleht hat, sofort zu ihr zu kommen. Sie ist so schwach, dass schon diese kurzen Gedankenbotschaften, die sie mir ab und zu geschickt hat, eigentlich über ihre Kräfte gehen. Ich muss zu ihr, Amos – bitte, versteh das doch!«
    »Ich verstehe es ja«, sagte er und spürte nun selbst ein Brennen in der Kehle. »Ich wünsche mir nur so sehr, dass wir nicht schon wieder getrennt werden.«
    Das wünsche ich mir auch, mein Auserwählter. Aber es ist ja nur für kurze Zeit .
    Bruder Egbert schien noch immer bestürzt. Offenbar hatte er den Auftrag bekommen, sie beide unbedingt zusammen – undnatürlich mit dem
Buch der Geister
– in diesen Baumeisterwagen zu setzen, der sie zu Trithemius bringen sollte. Und wenn sie ihn nun fragen würden, warum Amos nicht genauso gut allein nach Würzburg fahren könnte – dann würde der alte Mann wieder nur in flehentlichem Tonfall schwören, dass er weiter nichts wisse.
    Amos beschloss, es trotzdem zu probieren. »Wenn ich Trithemius
Das Buch
bringe«, begann er, »dann hat er doch alles, was er braucht – warum sollen Klara und ich also unbedingt beide zu ihm kommen?«
    Bruder Egbert sah sich nach allen Seiten um. Von der anderen Seite der Lichtung aus machte ihm Rolfus ein Zeichen, dass sie schleunigst wieder aufbrechen müssten. Egbert nickte ihm zu und wies gleichzeitig mit fuchtelnder Hand Leander und Walter zurück, die sich ihnen nähern wollten. Ich kenne seine Beweggründe nicht, antwortete er auf dem Gedankenweg, aber ich kann auch nur wenig Rätselhaftes daran finden. Wahrscheinlich will Trithemius euch einfach Gelegenheit geben,
Das Buch
zu Ende zu lesen, bevor ihr es endgültig in seine Hände gebt .
    Darüber musste Amos erst mal einen Moment lang nachdenken. »Damit mögt Ihr recht haben, Herr«, sagte er schließlich. »Die Frage ist nur, was er sich davon erwartet, dass Klara und ich
Das Buch
fertig lesen.«
    Egbert schaute mit verdrossener Miene vor sich hin. Er schien am Ende seiner Überredungskünste angelangt und wartete bloß noch ab, wie sich Amos und Klara entscheiden würden.
    »Ich bitte Euch, geleitet mich mit Euren Leuten bis vor die Stadtmauern von Nürnberg, Bruder Egbert«, sagte Klara. »Ich verspreche Euch und ich schwöre dir, Amos« – sie lächelte ihn auf eine Weise an, die ihm gar keine andere Möglichkeit ließ, als zurückzulächeln –, »dass ich geradewegs nach Würzburg eilen werde, sobald ich mit Mutter Sophia gesprochen oder auf anderem Weg erfahren habe, was sie mir mitteilen will. Schließlich will auch ich so bald wie möglich die dritte Geschichte lesen und mit dir, mein Auserwählter …« Sie hielt inne und sah Amos an. IhreAugen funkelten dunkelgrün und ihre Mundwinkel zuckten vor zärtlichem Spott. »… machen, was uns die Novizenregel dann endlich erlaubt.«
6
    V
on zwei schwerblütigen
Mähren gezogen, fuhr der Wagen ruckend an und zuckelte auf der Straße gemächlich dahin. Amos saß zwischen den schweigsamen Männern, die ihn beinahe nur mit Blicken und Gesten begrüßt hatten, und das Herz wurde ihm mit jedem Achsrattern und Räderächzen noch schwerer. Klara stand mit Egbert, Leander und den anderen am Waldrand, hinter Buschwerk und tief hängendem Geäst halb versteckt. Mit seinen

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