Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Opus Pistorum

Opus Pistorum

Titel: Opus Pistorum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
Vom Netzwerk:
Amüsantes hält - während du, du armseliger Langweiler, nie irgendwelche Abenteuer erlebst -, sondern er klingt eher wie ein Bühnenzauberer, der eines Tages entdeckt, daß sich seine Illusionen von selbst und ohne seine Tricks ereignen. Er sieht vor Rätseln wie jeder andere, er versucht seine Abenteuer plausibler erscheinen zu lassen, indem er sie herunterspielt, aber wenn man Arthur kennt, begreift man, daß das, was er als schlechte Lüge darzustellen versucht, nur die trockene Hülse eines ins wahre Leben gerutschten Grimmschen Märchens ist.
    Es gibt Zeiten, in denen es auch Ernest gar nicht schlecht geht. Eine Zeitlang hatte Ernest eine echte, eine hundertprozentige amerikanische Indianerin zur Gespielin ... sie unterrichtete hier an der Kunstakademie Studenten im Zeichnen von Hakenkreuzen ... der alten, primitiven Pferdepimmel, und Ernest behauptet, die meisten ihrer Zeichnungen stammten geradewegs aus den Reklamen in der Metro. Ich weiß nicht mehr, wo Ernest sie kennengelernt hat, aber eine Zeitlang hat er Großer Steifer Manitu gespielt, und er schwört, er habe ihr eines Nachts betrunken den Busch mit einer Friseurschere skalpiert. Ein tolles Weib, sagt er, das Problem sei nur gewesen, er habe nicht vergessen können, daß sie eine Indianerin war - und Ernest stammt aus einem Bundesstaat) wo nur ein toter Indianer ein guter Indianer ist, oder einer, der jedes Jahr einen neuen Buick- Leichenwagen kauft, und er befürchtete, daß sie eines Nachts auf den Kriegspfad gehen und ihn umlegen könnte, also machte er Schluss mit ihr.
    Aber verdammt, jeder weiß, daß es Indianer gibt, und wenn man irgendwo wirklich einen echten findet, dann am ehesten in Paris. Arthurs gute Fee würde ihn seine Zeit nicht mit so etwas Gewöhnlichem verschwenden lassen ... wenn Arthur schon ein Abenteuer mit einer Indianerin hat, dann verfügt sie sicherlich über zwei Mösen oder etwas ähnlich Esoterisches.
    Arthur und ich spazieren die Rue de l'Estrapade entlang, bewundern das Nachmittagsangebot an Weibern und spüren die Pernods, die wir uns hinter die Binde gegossen haben. Die Sonne lacht... es ist ein Nachmittag wie jeder andere, und es gibt über Arthur nichts weiter zu erzählen, als daß ein Zauber von ihm ausgeht. Plötzlich liegt da eine Handtasche mitten auf dem Trottoir, die Menschen gehen daran vorbei oder steigen darüber, treten fast darauf, aber sie sehen sie nicht. Arthur hebt sie auf, und wir setzen uns an den Straßenrand, um hineinzuschauen.
    Kein Geld. Arthur hat nicht immer Glück. Er muß sich nicht erst entscheiden, ob er ein guter, ehrlicher Junge sein mochte, um von seiner Fee belohnt zu werden. Kein einziger Sou ist darin, also taucht die Idee, die Handtasche zu entleeren und sie in den nächsten Mülleimer zu werfen, erst gar nicht auf. Von Anfang an bleibt nichts anderes übrig, als sie zurückzugeben, wenn das überhaupt sinnvoll erscheint.
    Taschentücher, Haarnadeln, Nagellack, ein Spiegel, eine Feile, ein paar Pillen gegen Frauenleiden, ein paar Pillen dafür, eine Fotografie, einige Briefe, eine Schachtel Streichhölzer ... das langweiligste Sammelsurium, das ich je gesehen habe. Ich bin enttäuscht, und Arthur auch. Wenigstens ein paar Drinks hätten dabei herausspringen können, möchte man meinen.
    Wir lesen die Briefe. Sie sind so langweilig, daß wir sie nicht zu Ende lesen. Die Fotografie ist eine Spur besser ... ein lächelndes blondes Weib, eines von der saftigen Sorte. Arthur dreht das Bild einige Male herum, während er auf die Adresse der Briefumschläge schaut. Was meinst du, will er wissen ... ist das das Weib, dem die Tasche gehört? Sieht ihr der Name ähnlich? Ist sie eine, die Charlotte heißen könnte? Zum Ficken sieht sie gut aus, oder?
    Die Adresse ist ganz in der Nähe ... wir können in ein paar Minuten dort sein ... und Arthur will die Tasche dorthin bringen und sehen, ob wir einen Blick auf das Weib erhaschen können. Wenigstens einen Drink müsste sie uns doch anbieten, und wenn sie Nutte ist, vielleicht einen Fick ... vielleicht beides, sagt Arthur, das ist eine gute Handtasche.
    "Und wenn sie ein Besen ist?" frage ich. "Ich brauche nicht so dringend zu ficken, daß ich einen Besen reite, nur um dir Gesellschaft zu leisten."
    Sie ist kein Besen, sagt Arthur. Selbst wenn sie nicht das Mädchen auf dem Bild ist, würde doch kein Besen ein Mädchen wie das auf dem Bild kennen. Aber selbst wenn sie ein Besen ist, kriegen wir vielleicht einen Drink, und wir müssen sie ja

Weitere Kostenlose Bücher