Oracoli (German Edition)
Lahn.« Nun konnte Cora doch nicht mehr ihr freundliches Gesicht behalten. Klar, sie musste verkaufen, natürlich würde sie nicht diesen Dumpingpreis akzeptieren, das war ihr bewusst. Trotzdem wurde sie durch die beiden Vögel wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht. Cora war nun zutiefst traurig und sagte mehr zu sich, als zu den beiden: »Ohne Atelier, ohne Fitnessraum für meinen Sohn, das schöne Haus …« Die Herren sahen sich zufrieden an. Plötzlich öffnete sich die Tür und Ludwig kam herein. Er stellte sich neben Cora und fasste sie an die Schulter. »Vielen Dank meine Herren, meine Tochter kann auf Ihr Angebot verzichten. Ich werde ihr helfen.« Cora lächelte Ludwig an. Ingolf Kolbe sah seinen Partner fragend an. Kirmes zog die Schultern nach oben, dann sah er Cora böse an. »Also wenn das so ist, brauchen Sie uns ja nicht mehr.« Dann erhob er sich abrupt und wandte sich zu Kolbe: »Herr Kolbe, wir gehen.« Als sie draußen waren, rief Kirmes zu Cora, die noch in der Tür stand: »Und vergessen Sie nicht Ihren Abgabetermin Frau Lahn!« Kolbe ließ den Motor an, er schielte gereizt zu Kirmes, der jetzt neben ihm saß. »Was sollte der Scheiß? Der steht das Wasser bis zum Hals, hä?«, zischte er. »Keine Ahnung, ich wusste nichts von einem betuchten Vater, ich schwöre!«
»Hoffentlich war das kein Fehler von mir«, sagte Ludwig, der nun Cora gegenüber, auf der Couch saß. »Nein, die haben versucht mich abzuzocken, Sie kamen genau im rechten Moment. Danke Ludwig.« Ludwig drehte sich eine Zigarette. Beim Befeuchten des Papiers sah er zu Cora und sagte: »Cora, ich meinte das vorhin ernst.«
»Dass Sie mein Vater sind? «, fragte sie, die Erstaunte spielend. Da musste Ludwig lachen. »Ich hätte Sie gerne als Tochter«, antwortete er erfreut. Dann sagte er wieder ernster: »Nein, wenn Sie möchten, ziehe ich das Ding mit Ihnen durch.« Cora betrachtete Ludwig eine Weile. Ohne ein Wort zu sagen stand sie auf und verließ das Wohnzimmer. Ludwig schaute ihr verwundert nach. ›Was kommt jetzt‹, dachte er. Nach zwei Minuten kam Cora wieder zurück, mit einer kalten Flasche Sekt und zwei Gläser in den Händen. »Darauf müssen wir anstoßen, Ludwig. Ich habe gehofft, dass Sie mir helfen werden.«
Max und Siegfried Gerber saßen in der Vorhalle eines Dortmunder Altenpflegeheims. Außer den beiden war niemand anwesend. Es war schon spät am Abend, selbst der Pförtnerraum war nicht mehr besetzt. Gelangweilt betrachteten sie die vielen Bilder an den Wänden, die von verschiedenen Heimbewohnern gemalt wurden. Dass das Thema der meisten Werke Einsamkeit war, drang den zwei Brüdern nicht ins Bewusstsein. Ein Rollstuhl kam ihnen quietschend entgegengefahren. Siegfried ging dem Rollstuhlfahrer entgegen und gab ihm die Hand. »Sie sind Herr Sassendorf?«
»Ganz recht, junger Mann, Hauptkommissar Sassendorf … äh a. D. was kann ich für Sie tun?« Siegfried Gerber griff in seine Brusttasche und zog ein Foto hervor, das er dem Kommissar überreichte. Der staunte nicht schlecht, als er den Tresor erkannte. »Kommt der Ihnen bekannt vor?«, fragte Siegfried. »In der Tat, das ist der gute alte Stahlknecht 59. Woher wussten Sie, dass ich ihn kenne?« Max, der plötzlich neben seinem Bruder stand, pfiff durch die Zähne und klopfte Siegfried anerkennend auf die Schulter. Siegfried beachtete ihn nicht und fuhr mit der Befragung fort: »Wir haben in alten Polizeiakten recherchiert. Sie haben während Ihrer Dienstzeit öfter mit dem Safe zu tun gehabt, nicht wahr?«
»Ja, am Anfang, als der Tresor auf den Markt kam, galt der Schrank für die Ganoven als unknackbar. Doch dann … warten Sie … ah ja, so um 1965 hat einer unserer Kunden, ich glaube, er wurde Schieber genannt, den Bauplan geklaut. Er ist dafür extra ins Ingenieurbüro der Firma Stahlknecht & Söhne eingestiegen. Schieber wurde zwar erwischt, konnte aber vorher noch einige Kopien im Umlauf bringen. Danach hatten wir einige Einbrüche gemeldet bekommen, bei denen der besagte Stahlknecht geknackt wurde … das waren Zeiten, ja, ja.«
»Kennen Sie noch jemanden aus der Zeit, der den Plan auch kannte, beziehungsweise, der eine Kopie erhielt?«
»Eigentlich nur einen, aber wie hieß der noch … Kuh … Puh … Ruh … ah, ja ich hab's "Lu" hieß der, Lu. Das ist aber auch schon alles, was ich über ihn weiß. Ich weiß nur, dass er Lu heißt.« Siegfried nahm einen kleinen Notizblock aus seiner
Weitere Kostenlose Bücher