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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Papa!« Emil stöhnte genervt.
    »Irgendwas muss er anfangs noch zu fressen gefunden haben. Aber wie ist er reingekommen? Durch ein Rohr? Und warum ist er nicht wieder gegangen, als es nichts mehr für ihn gab?«, fragte Eva. Sie drehte den Wasserhahn über dem Spülbecken an, es floss, aber es stank faulig.
    »Jedenfalls ist es ziemlich ekelhaft. In die Matratze im Schlafzimmer hat er auch eine Grube gefressen, da liegt der ganze Boden voll mit kleinen Schaumstoffstücken, habt ihr das gesehen? Überall seine Haare, seine Zahnabdrücke, sein Kot.« Das war Helga. »Was machen wir, meine Lieben? Fahren wir ins Hotel?«
    Sie schwiegen. Emil schaute von einem zum anderen. Helga drückte auf den Lichtschaltern neben der Tür zur Pergola herum.
    »Der arme Marder!« Emil kniete vor dem Sofa nieder.
    »Geh nicht zu nah ran, bitte! Wer weiß, was der hatte … Jetzt schauen wir erst noch, wie es in UNO und ALTRO aussieht, dann fahren wir wieder«, sagte Georg.
    Sie gingen hinüber. Helga hatte offensichtlich den Schalter für die kleine Lampe neben dem Trichter gefunden, der Lichtkegel legte sich weich über die stark gewachsenen Pinien, die in die Breite gegangenen Büsche und die etwas mickrig gebliebenen Lorbeerbäume.
    Eva schloss UNO auf, sie machte einen Schritt vorwärts und wäre mit ihren hohen Sandalen fast lang hingeschlagen. Wasser! Auf dem Fußboden stand eine riesige Pfütze, bis unter das Bettgestell. Die Matratze, die sie hochkant auf das Bett gestellt hatten, leuchtete unter ihrem Plastiküberzug grün und blau gefleckt, in dem kaum zwölf Quadratmeter großen Raum roch es wie in einer Tüte mit schimmeligem Brot. Eva watete durch die eiskalte Lache ins Bad.
    »Schimmel!«, rief Georg. »Raus, raus, Emil, schnell!«
    Die anderen verließen rückwärts den Trullo, sie hörte Georg draußen vor ALTRO mit den Schlüsseln hantieren.
    Das Bad war halbwegs in Ordnung, wenn man dem Dreck auf Waschbecken und Toilette, den vielen Spinnweben, vier toten Stinkewürmern und zahlreichen leblosen Kellerasseln keine Beachtung schenkte. Sie ging durch die zweite Tür und betrat ALTRO, Georg öffnete gerade das hellblaue Eisengitter hinter der Eingangstür. Hier sah es besser aus. Kein Wasser, kein Schimmel, doch alles war von einer sandigen Schicht überzogen, die Plastikhülle der Matratze schimmerte gelblich.
    »Der Sand ist über die Jahre aus der Kuppel gerieselt, weil Mimmo sie damals nicht verputzt hat«, erklärte Eva Helga. Milena hat den Anblick der einzelnen Steine immer besonders schön gefunden, fügte sie im Stillen hinzu.
    »Warum darf ich nicht rein!?«, hörte man Emil von draußen.
    Der Ofen hatte Rost angesetzt, obendrauf lag ein toter Gecko.
    »Richtig nett schaut’s hier aus«, bemerkte Helga, nachdem sie einen Blick ins Bad geworfen hatte, »ich gehe mal den Rotwein öffnen auf den Schreck, einen Korkenzieher habe ich drüben schon gesehen. Alkohol desinfiziert.«
    Eva guckte Helga hinterher. War sie megacool, wie Jannis es genannt hätte, oder doch bloß egoistisch?
    »Die ›Aaseln‹ fegen wir morgen raus! Das lässt sich alles ganz leicht beheben.« Georg rieb sich mit den Händen durchs Gesicht, ein Zeichen, dass er nicht weiterwusste.
    »Lass Emil doch kurz rein, hier ist kein Schimmel«, sagte Eva zu Georg. Sofort steckte Emil neugierig seinen Kopf durch die Tür.
    »Was sagst du dazu?«, fragte Georg ihn. »Nicht so schön, oder?« Sie schauten sich an. Ein stummes Dreieck.
    Keiner will den ersten vernichtenden Satz sprechen, dach te Eva, als ob wir Milena dadurch schaden, selbst Emil spürt das. Emil zuckte mit den Schultern, die Enttäuschung des wasserlosen, zugemüllten Trichters stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
    Helga erwartete sie mit drei vollen Rotweingläschen auf der obersten der beiden flachen Stufen, die vom Felsplateau hinunter zum Trichter und zum Olivenhain führten. Für Emil hatte sie eine Schüssel Milch mit Müsli vorbereitet, auf die er sich gierig stürzte. »Erst Hände waschen, Emil!«
    »Womit denn?!«
    »Nimm das Mineralwasser aus dem Auto. Warte, ich komme mit und helfe dir!«
    Eva setzte sich zu Helga auf die Stufe. Als Georg mit Emil wiederkam, stießen sie an und tranken. Helga stieß einen kleinen Seufzer aus. Außer dem Rauschen des aufkommenden Windes in den Blättern der Olivenbäume, der Grille, die irgendwo in der Nähe des Trichters zirpte, und Emils lei sem Mampfen hörte man nichts. Zwei Fledermäuse zischten ab und zu in lautlosem Sturzflug

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