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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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von ihm, mit einem fremden Mädchen an der Mauer des Orangengartens, wälzte sie sich unruhig auf die andere Seite. Sie schnupperte am Kopfkissen. Grüner Tee. Gemischt mit reiner apulischer Luft, dem Duft der roten Erde und den nahen Rosmarinsträuchern. Als sie gerade dabei war wegzudämmern, hörte sie Emil nebenan auf der anderen Matratze glücklich seufzen: »Wie mit Mama. Die ganze Familie!«

 
    25
    Am nächsten Morgen stach Eva schon sehr früh die Sonne in die Augen, und selbst unter der dünnen Decke wurde es ihr schnell zu warm. Sie setzte sich auf und sah in die Runde, sie fühlte sich herrlich ausgeruht.
    Helga hing zusammengekrümmt wie ein kleiner Käfer fast schon im Moskitonetz, sie hatte sich die ganze Nacht anscheinend nicht bewegt. Eine ganz passable Bettgenossin auf einer ein Meter vierzig breiten Matratze. Eva ging mit dem Kopf dichter an das Netz, um besser hinübersehen zu können. Georg hatte die Arme im Schlaf über das Gesicht gelegt und das T-Shirt wegen der Wärme ausgezogen, sein Oberkörper sah aus wie in der Werbung für das Parfüm, dessen Name ihr jetzt partout nicht einfallen wollte. Emils Platz war leer. Sie zog das Moskitonetz am Fußende unter der Matratze hervor und befreite sich aus dem feinmaschigen Zelt.
    Sie ging ins Haus. Die Toilette konnte man Gott sei Dank noch benutzen, auch wenn das Wasser, das aus dem Spülkasten rauschte, stank. Sie putzte sich die Zähne mit Mineralwasser, sah über das kleine Kackwürstchen des Marders neben dem Kamin hinweg, das Georg am Abend zuvor bei sei ner ersten Notreinigungstour übersehen hatte, und öffnete die Tür zum Hof. Die frisch gefegten Steine waren warm unter ihren Füßen, obwohl es erst halb acht war. Sie atmete tief ein, das dünne Gezwitscher einiger Vögel war zu hören, sonst nichts. Der perfekte Morgen, um zu laufen! Aber ohne Wasser zum Duschen keine gute Idee. Sie ging einmal um die Trulli herum, bei Tageslicht sah alles noch trostloser aus. Tonnen von Laub, vom Wind in den Ecken aufgetürmt, auf jedem Fleckchen Erde vertrocknetes Unkraut, winzige schwarze Olivenkerne überall, dazwischen die blauen und grünen Patronenhülsen der Jäger.
    Mimmo musste her. Und frisches Wasser. Sie holte ihr Handy aus dem Haus und ging zu Emil, der halb im Trichter auf dem Treppchen stand.
    »Was müssen wir heute machen?«, fragte er nach einem gegenseitigen Guten Morgen von unten herauf. »Müssen wir wieder einen Freund von Mama treffen?«
    »Nein, hier in Ostuni nicht. Ich denke, wir machen alles ein bisschen sauber, kaufen richtig gute Sachen zum Essen ein, gehen in die Stadt und natürlich an den Strand.«
    »Und wann …?« Er beugte sich vor.
    »Morgen!«, sagte sie schnell. »Spätestens übermorgen ist der Trichter wieder zum Schwimmen da.«
    Die Makler sollen ja einen guten Eindruck vom Grundstück bekommen, fügte sie im Stillen hinzu und folgte Emils Blick. Wie sie schon vermutet hatte, lagen Papier und Plastikfetzen in der ehemaligen Höhle, auch hier viel Laub, ein paar große Zweige und ein roter Plastikfußball. Die schwimmbadblaue Farbe war in großen Stücken von den Wänden abgefallen, das Grau des Betons hatte sich wieder durchgesetzt.
    »Ich gehe den Platz suchen, wo Papa gestern den Marder begraben hat. Wie doof, dass ich nicht dabei sein durfte. Wenn ich ihn finde, lege ich ihm ein Kreuz aufs Grab«, rief Emil und sprang aus dem Trichter.
    »Tu das«, murmelte Eva.
    Wasser also. Tommasos Nummer war nach all den Jahren noch in ihrem Handy gespeichert. Sie schaute auf die Uhr, halb acht, da war der Mann schon seit zweieinhalb Stunden unterwegs und belieferte alle Zisternen rund um Ostuni mit Wasser. Gab es mittlerweile Empfang in dieser Gegend? Sicher waren in den letzten fünf Jahren zusätzliche Handymasten aufgestellt worden, aber ob es für die einsame Contrada Vallegna reichte?
    Ihr Handy überlegte lange, entschied sich dann aber für ein klares Nein. Kein Empfang. Dann also das Dach.
    Wenn man auf die Plattform kletterte, die den großen Trullokegel hinter dem Anbau umgab, und sich dort an die äußerste Kante stellte, konnte man telefonieren. Das Gegenteil von einem Funkloch, ein Sendeloch. Sie stieg die schmalen Stufen hoch, die sich um die Außenmauer wanden, jede nur einen Fuß breit, richtete sich auf und rief ihn an.
    Er meldete sich sofort, dem Motorenlärm nach saß er am Lenkrad. Nach ein paar Worten der Begrüßung – hier ist Eva, Schwester von Milena, genau, der attrice , danke für dein

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