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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Vater hätte mich auch nur gestört, mein Gott, der wusste ja immer alles besser, der hätte mir garantiert auch noch erklärt, wie ich richtig gebäre!«
    Eva beugte sich zu Georg: »Sorry, will nicht die Spielverderberin sein, aber es ist schon kurz vor zehn. Wie lange willst du hier noch weiter Rezepte aufschreiben, fotografieren und essen?«, raunte sie ihm zu, während ihre Blicke über seine klare blaue Handschrift auf dem weißen Papier flogen. »Mein Kapital« nannte Georg die dicke, in oranges Leder eingebundene Kladde, die er immer mit sich führte. »Wir haben nichts herausgefunden bis jetzt.«
    »Das bekomme ich hin«, flüsterte er zurück. »Weiß auch schon, wie.« Laut sagte er: »Ja, ich glaube, wir sollten wirklich gehen. Wo ist eigentlich Emil?« Eva konnte einen leichten Anflug von Panik in seiner Stimme hören.
    Sie fanden ihn im dunklen Garten bei den Kaninchenställen, über denen nur eine funzelige Lampe brannte. Ein alter Mann in einem abgeschabten, stark eingelaufenen braunen Anzug setzte ihm gerade einen winzigen Hasen auf die Handflächen, der dort ruhig verharrte.
    »Mio marito«, sagte Laura, die in ihrer Schürze hinter ihnen hergekommen war und nun auch wieder ihre zertrete nen Galoschen trug. »Giorgio!« Sie packte Georg am Arm, ihre Stimme wurde heiser. »Vieni domani per la ricetta?« Eva schaute Georg fragend an. Was für ein Rezept?
    »Sì, sì, vengo.« Er vollführte eine Geste des Aufschreibens mit seinen Händen. »Sag ihr, aber nur, wenn es sie nicht stört!«
    Laura nickte, die Aussicht, dass Georg am nächsten Tag noch einmal zurückkäme, um das Rezept für den Spinatkuchen zu holen, ließ sie wie einen Teenager erröten. »Papa, ich kann den Hasen haben!«, sagte Emil und hielt sich das kleine Fellbüschel an die Wange. »Hat dieser Herr gesagt, er heißt nämlich Emilio, so wie ich!«
    »Wer? Der Herr oder der Hase?«, fragte Georg.
    Der Alte nickte und grinste, wobei er seine Lippen fest aufeinanderpresste. Sein weißes Haar stand über den Ohren ab, mit seinen Hochwasserhosen und den zu kurzen Ärmeln erinnerte er ein wenig an einen Clown.
    »Den können wir nicht mitnehmen, setz ihn bitte wieder in den Stall zurück.«
    »Aber ich vermisse meine Chammis so!«
    »Du hast doch die Fotos von Sandy und Theo dabei!«
    »Ja, aber die kann ich nicht streicheln.«
    »Der Hase bleibt hier.« Georg strich dem winzigen Tier vorsichtig über das Fell, dann über Emils Kopf. » Emilio mio , überleg doch mal: Wo sollen wir ihn auf unserer Reise denn lassen? Im Hotel etwa?«
    »Okay, dann nicht …«, sagte Emil und schickte einen langen Seufzer hinterher.
    Eva imitierte das Geräusch. Mann, konnten diese grünen Augen traurig gucken, Milena hatte den gleichen Blick früher bei ihr auch draufgehabt. Emil strafte sie mit einem bösen Blitzen aus ebendiesen Augen.
    »Ich muss mich nur noch verabschieden!«
    Sie gingen zum Auto, an dem Helga im Schein der einzigen Straßenlaterne stand und in Georgs Kladde blätterte. »Ich stehe mir hier wie einst Lili Marleen die Beine in den Bauch. Und wie war das mit: ›Wir gehen da jetzt kurz rein, sagen Guten Tag, essen nichts, trinken nichts und setzen uns auch nicht lange hin!‹? An mir hat’s diesmal nicht gelegen! An mir nicht! Hier, dein Buch, das hättest du nun beinahe vergessen!«
    Georg verdrehte die Augen und nahm sein Notizbuch von ihr entgegen. Eva hauchte sich in die Hand, um zu überprüfen, ob sie eine Fahne hatte, beendete ihr Experiment aber, als sie Jannis verkünden hörte, nun doch zum Krankenhaus fahren zu wollen.
    »Wie viel Champagner hast du getrunken? Ich könnte jetzt nicht mehr fahren!« Er winkte ab.
    Laura kam mit zwei großen, in Alufolie gewickelten Paketen angewackelt, piadine mit Schinken und Spinat für Davide. »Bringst du ihm, ja?!«, fragte sie ihn auf Italienisch, aber Jannis verstand sie mühelos.
    »Ma certo!«, antwortete er. »Siehst du, Madamchen, ich muss da hin!« Er küsste Eva auf beide Wangen. »Ich hasse dich, du Allerschönste!«, flüsterte er warm in ihr Ohr und schickte dann laut hinterher: »Ich ruf euch an, wenn das Baby da ist.«
    »Va bene!« Georg klopfte ihm auf die Schulter. »Seit wann nennt er dich Madamchen?«, raunte er Eva zu, dann wurde sein Gesicht ärgerlich, als er etwas hinter ihr erblickte. »Emil, bring den Hasen zurück und wasch dir sofort die Hände, ich sehe den Buckel in deinem Ärmel!«

 
    7
    » Was machen wir hier im Dunkeln?«, fragte Eva. »Und wie lange

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