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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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verliebten Sprung. Nach einer Haltestelle hatten sie die Röhre verlassen und waren nun wieder dem Tageslicht ausgeliefert, im Rückfenster der Kabine entfernte sich Perugias orange braune Stadtansicht. Doch ihre Gedanken kreisten weiter, und sie nahm wieder ihr stummes Zwiegespräch mit Milena auf.
    »Sind wir jetzt ein richtiges Paar, will er mich wirklich? Übernehme ich nun doch die Mutterrolle? Oder tue ich das alles nur für dich, Milena?«
    Du gehst mit Emil los, das ist toll.
    »Warum kann ich mein Leben nicht genießen, Milena? Ich weiß doch, wie schnell es vorbei sein kann. Warum ist für mich immer alles so kompliziert, und warum stelle ich mich so umständlich an?«
    Weil du es dir unnötig schwer machen willst, du dumme Kuh! Es ist dein Leben, denk immer daran!
    »Hey!« Eva wischte sich hinter den Brillengläsern über ihre nassen Augen, schniefte und wusste nicht, ob sie doch eher lachen sollte. »Gut, ab jetzt werde ich mich nur noch um mich kümmern. Kein Rom, kein Hotel, weder Konrad noch Elio, gar nichts! Milena, warum sind wir hier? Warum hast du das getan?«
    Sie atmete tief ein. Die mit Knoblauch geschwängerte Luft zog in die allerletzten Verästelungen ihrer Lungen. Ihr war jetzt schlecht, genau wie Georg, nur dass der gemütlich in den Federn lag! Wahrscheinlich war er gestern Nacht so betrunken gewesen, dass er sich an nichts mehr erinnerte. Ihr Kopf hämmerte immer noch, und als ihr an der dritten Station Case bruciate kalter, klebriger Schweiß ausbrach, hätte sie Georg am liebsten mithilfe seines Kopfkissens erstickt.
    »Lass das, gib die sofort her!«, brüllte Emil auf einmal. Eva schaute erschrocken auf. Sie sah, wie Emil einem alten Herrn seine Kappe aus der Hand riss und sich sorgfältig wieder auf den Kopf setzte. »Mach das nicht noch mal, du alter Blödknacker!«, schrie er zu ihm hoch und stampfte mit dem Fuß auf. Dann drehte er sich wieder zum Fenster. Eva bahnte sich einen Weg durch die Menschen zu ihm.
    »Was war denn los, Emil?«, fragte sie leise, wollte ihm die Hand auf die Schulter legen, hielt sich aber zurück.
    »Der hat mir meine Kappe vom Kopf genommen!«, murmelte Emil. »Und das hasse ich!«, rief er im nächsten Moment laut gegen die Scheibe.
    »Okay! Das hat er jetzt verstanden, denke ich.« Sie drehte sich zu dem alten Herrn um. »It’s his …«, oje, wie sagte man das auf Englisch? Ihr Kopf war angefüllt mit italienischen Wörtern. »His very best …«, versuchte sie es noch mal. Seine Lieblingskappe, mein Gott! Cappello favorito auf Italienisch.
    »Sorry, I didn’t want to scare him!«, sagte der Herr, der die achtzig schon überschritten haben musste. Er trug Turnschu he an den Füßen. Eva mochte alte Leute mit Turnschuhen.
    »It’s okay !«
    Nach drei Haltestellen hielt die Bahn an einem modernen Bahnhof, mitten im Nichts, und sie konnten die Gondel end lich verlassen.
    Was fing man hier unten an, auf diesem großen Park platz?, fragte sich die Reisegruppe aufgeregt. War die railway station wenigstens in der Nähe? Eva zog Emil mit sich und überließ die verwirrten neuseeländischen Mützenklauer ihrem Schicksal.
    Am nächsten Automaten lösten sie zwei weitere Tickets und fuhren den Berg wieder hoch, zurück in die Stadt. Inzwischen war es halb zwölf. Eva sehnte sich nach ihrem Bett und friedlicher Dunkelheit hinter geschlossenen Vorhängen.
    Sie kamen an einer Metzgerei vorbei, an deren Außenfas sade zahlreiche Schinken und dicke Wurstketten unter einem borstigen Wildschweinkopf baumelten. Sogar durchsichtige Schweinsblasen hingen dort. Emil blieb stehen. »Wie lecker das riecht!«
    Evas Magen knurrte laut und verlangte heftig nach etwas Salzigem. »Wollen wir reingehen und ein Stück Schinken kaufen?« Sie wusste, dass der tierliebe Emil Fleisch über alles mochte. Wahrscheinlich hatte er sich noch keine Gedanken darüber gemacht, wo es herkam. Sie betraten den Laden, der würzige Duft hüllte sie sofort von allen Seiten ein, noch mehr Schinken, die Pfoten mit Stricken umwickelt, Würste in jeder erdenklichen Form, Einmachgläser mit Pasteten und eingelegten Pilzen umgaben sie. Im Schaufenster wurde ein ausgestopftes Ferkel von einem alten Flaschenzug in der Luft gehalten, es schien ihm zu gefallen, denn auf seinem Gesicht lag ein unbeschreibliches Lächeln. Ein flacher Korb mit Trüffeln stand auf einem Holzfass, die schwar zen Knollen waren noch ganz erdig. »Riech mal!«, forderte Eva Emil auf.
    »Was ist das? Steine?«, fragte er, hängte

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