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Orangenmond

Orangenmond

Titel: Orangenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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gemacht, ein Chaos, säg ich öi. Das Auto steht also auf einem Tieflader, Kamera vor der Windschutzscheibe, nur ein kleines Team auf der Ladefläche vom Truck, wo zieht, Regie, Ton, Script und ich davor, mee passed nöd druff, es ist eng, es ist November und oben in der Toskana ungewöhnlich kalt, die beiden Darsteller im Auto sollen sich streiten. Milena spricht ihren Text, sie kann immer ihren Text, aber der andere Hauptdarsteller, übrigens damals der junge Mario Tizio, hat einen Hänger nach dem anderen. Milena spielt großartig, er versieched’s. Noch einmal. Sie fanged a, d’Milena isch genial, ihre Mimik zum Niederknien, die Kamera liebt sie, ich glaube ihr alles, was sie sagt – de Mario weiß nach dem ersten Satz wieder nicht weiter. Die Regie bricht ab, gibt über de Walki im Wagen Bescheid. Noch mal, ›Und bitte!‹, noch ein Take, Abbruch, wieder ein Take, Abbruch. Er kann es einfach nicht. D’Milena bliibt fründli, aber ich merke, der Regisseur, der geniale Giuseppe Canotto, isch nach äm zwanzigste Mal kurz davor, d’Mario z’haue. Da greift d’Milena beim nächsten Take zu einem Trick, sie sagt auch den Text von Mario, legt ihm die Sätze wie Fragen in den Mund, er muss nu na nicken und nicht mehr viel spielen, verwirrt genug ist er ja. Dann gibt sie ihm ein Kuss, mitten auf den Mund, gleich darauf spöizt sie ihm is Gsicht! Großartig! Wir waren baff. ›Gekauft!‹, schreit Giuseppe. ›Nächste Einstellung!‹ So war sie! Eine Göttin. Und noch däzue begabt!« Er hob sein Glas. »Auf deine Mami, liebä Emil, diese wunderbare, wunderbare Frau!«
    Emil schaute mit glasigen Augen von seinem Kopfkissen hoch, das Georg ihm aus seiner Jacke zusammengedreht hatte. Er lag auf drei aneinandergeschobenen Stühlen, kurz davor einzuschlafen.
    »Ich glaube, sie hat mir davon erzählt«, sagte Georg. »War das in der Nähe von Pisa, draußen bei Mucigliani?«
    »Nein!« Konrad schüttelte vehement den Kopf. »In Mucigliani war das Landhaus, die Fahrt war woandersch. Ganz woandersch! Kanntet ihr euch da schon?« Selbst Emil würde die jämmerlich unterdrückte Eifersucht in seiner Stimme bemerken, wenn er nicht schon eingeschlafen wäre.
    »Nein, aber wir sind später einmal zusammen dort gewesen.« Georg nahm Emils dünne Sweatshirt-Jacke von der Stuhllehne und breitete sie behutsam über seinem schlafenden Sohn aus. »Mit Emil. Ein kleiner Familienausflug zu den Drehorten von ›Gino und die Frauen‹.«
    Helga lächelte vor sich hin und schaute betont auffällig im Lokal umher, dessen Tische sich schon geleert hatten. Sie hör te nicht mehr zu, doch Eva konnte es ihr nicht verdenken. Seit über einer Stunde schwärmte Konrad nun schon von i hrer Schwester, sie hatten Tiramisu und panna cotta gegessen und Espresso getrunken, doch er war noch lange nicht fertig. Während er ihr ebenmäßiges Gesicht, ihren wandlungsfähigen Ausdruck, ihre Leichtigkeit, Kühnheit, Klugheit pries, waren sie bei Ramazzotti und Grappa angekommen.
    »Einmal«, begann Konrad mit einem Seitenblick auf Emil, »jetzt wo er schläft, kann ich es ja erzählen …!«
    »Ich gehe mal ins bagno .« Helga erhob sich leicht und elegant wie eine Katze. Eva sah sie durch den Raum schweben, dann aber an dem Tisch stehen bleiben, zu dem sie schon den ganzen Abend hinübergeschaut hatte. Ein älterer Herr, dezent gebräunt und mit einem schmalen weißen Oberlippenbart, saß dort neben seiner wesentlich jüngeren, sehr kurvigen Freundin. Definitiv keine Italiener, auch keine Deutschen. Der Mann trug ein teures, gut sitzendes Hemd, seine Augen waren sehr lebhaft, irgendwie frech. Vielleicht war das neben ihm ja doch nur seine Tochter.
    Helga wechselte ein paar Worte mit den beiden, lachte ihr Zahnlachen und tänzelte weiter, Richtung Toiletten. Eva kritzelte mit gesenktem Kopf auf dem Tisch herum und faltete dann einen Seehund aus ihrer Papierserviette, genötigt, Konrads weitschweifigen Ausführungen weiter zuzuhören.
    »… sie hatte also diese Szene mit dem Geliebten, ein Kreis von Schienen war um das Bett gebaut, Milena hat außer einem fleischfarbenen Tanga nichts an. Im Vertrag war zwar die Klausel gestanden, nur bis zu ihrem verlängerten Rücken, und daran musst du dich ja als Kameramann halten, aber manchmal verrutscht der Bildausschnitt eben … Milena hat da nie Theater gemacht. Da giits ganz anderi, anstrengend, säg ich dir, sehr anstrengend, zum Beispiel diese andere Deutsche, die, wo viel in Italien dreht, Katarina

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