Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Riley
Vom Netzwerk:
beizubringen. Er wurde mit einem hübschen Lächeln und einer ziemlich unbeholfenen Aussprache dessen, was er ihr vorsagte, belohnt.
    Harry blieb der Mund offen stehen, als Lidia wieder auftauchte. Sie trug nun eine Hose ähnlich der seinen und eine schlichte rosafarbene Baumwollbluse im chinesischen Stil. Am stärksten verändert wirkte ihr Haar: Sie hatte den strengen Knoten gelöst, so dass es sich in seiner ganzen glänzenden dunklen Fülle über die Schultern bis zur Taille ergoss.
    Harry streckte unwillkürlich die Hand aus, um sie durch die üppige Pracht gleiten zu lassen. Dann fiel ihm auf, dass Lidia keine Schuhe an den winzigen, zarten Füßen trug. Ihre hübsch geformten Zehen faszinierten ihn, denn von England her kannte er keine nackten Frauenfüße. Der Anblick erschien ihm so intim, dass eine Welle der Begierde ihn überrollte. In
diesem Moment war er froh über die seltsame Schürze vor seinem Unterleib.
    »Wir müssen in anderen Zug umsteigen«, erklärte Lidia.
    Harry verabschiedete sich von dem kleinen Mädchen und folgte Lidia.
    Die Kleine rief ihnen nach: »Ihr zwei verliebt! Ihr heiraten! «
    Es folgte eine anstrengende dreistündige Zugfahrt, nach der Harry froh war, endlich das Ziel zu erreichen. Ein Bus brachte sie zu einem Pier, vor dem sich das türkisfarbene Meer und in der Ferne eine wolkenverhangene, gebirgige Insel erstreckte.
    »Koh Chang«, erklärte Lidia. »Und da ist mein Onkel!«
    Harry folgte Lidia zu einem der zahlreichen Fischerboote aus Holz, die sanft auf den Wellen schaukelten. Er hielt sich im Hintergrund, als Lidia ihren Onkel begrüßte. Es folgten eine Unterhaltung in schnellem Thai und wiederholtes Deuten auf Harry, bevor Lidia ihn heranwinkte.
    »Harry, das ist mein Onkel Tong. Er kann kein Englisch.«
    Onkel Tong verneigte sich zu einem traditionellen Thaigruß und bedachte ihn anschließend mit einem zahnlosen Grinsen und einem kräftigen Händedruck. Lidia übersetzte seine Worte für Harry. Ihr Onkel, sagte sie, freue sich, ihn zur Tradition des songkran in der Familie willkommen zu heißen.
    »Bitte sagen Sie Ihrem Onkel, ich fühle mich geehrt, hier sein zu dürfen«, erwiderte Harry, während Tong ihm ins Boot half und sie sich auf den Weg nach Koh Chang machten.
    Die Sonne ging über dem glatten Meer unter; als sie fünfzehn Minuten später das Ufer erreichten, war es völlig dunkel. Tong kramte zwei Öllampen hervor und zündete sie an. Lidia beobachtete neugierig Harry, wie ihr Onkel ihm auf festen
Boden half und er zum ersten Mal den weichen Sand unter seinen Füßen spürte.
    »Willkommen, Harry, auf der Insel von meinem Vater«, sagte Lidia mit einem Lächeln.
    Harry konnte aufgrund der Dunkelheit nicht viel erkennen, nur, dass sie einen Strand entlanggingen. Zwischen hohen Palmen befanden sich Holzhütten, die vom sanften Schein der Öllampen erhellt wurden. Als sie sich ihnen näherten, kamen ein paar Kinder und eine ältere Frau über den Sand auf sie zu. Lidia lief ihnen entgegen und umarmte die Frau. Harry vermutete, dass es sich um Lidias Großmutter handelte.
    »Kommen Sie, Harry, lernen Sie meine Familie kennen. Sie freuen sich alle, dass Sie hier sind und songkran mit uns feiern.«
    Harry wurde sämtlichen Verwandten vorgestellt: Lidias Großeltern, Onkel und Tante mit ihren vier Kindern sowie einer weiteren Tante, deren Mann und drei Kindern.
    Tong reichte Harry eine Flasche Bier, der sich damit auf eine Matte setzte und sogleich von all den kleinen Nichten und Neffen umringt war. Sie konnten ein wenig Englisch und bombardierten ihn mit Fragen über den Krieg.
    Harry antwortete, so gut er es vermochte, obwohl er nicht wusste, ob sie viel von dem verstanden, was er sagte. Deshalb illustrierte er seine Ausführungen mit Gesten. Als er seine imaginäre Waffe auf einen imaginären japanischen Soldaten richtete, begannen die Kinder am Strand herumzulaufen, »Peng! Peng!« zu rufen und ebenfalls mit imaginären Waffen zu zielen.
    Lidia trat aus der Dunkelheit und setzte sich neben Harry. »Sie schlafen in Hütte an Strand. Meine Tante richtet sie.«
    »Danke. Und wo übernachten Sie?«
    »In Haus meiner Großmutter, in Dorf hinter Strand.«
    »Wer wohnt hier?«

    »Onkel Tong, Tante Kitima und ihre Kinder. Er ist Fischer und gern in Nähe von Arbeit. Sie bauen gerade großes Haus in Dorf und leben später dort.«
    »Ich würde hierbleiben«, murmelte Harry und betrachtete den Mond, dessen Zu- und Abnehmen er schon in Changi verfolgt hatte. Deshalb

Weitere Kostenlose Bücher