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Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Riley
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Zeitpunkt für die Rückkehr ausgesucht. Bis vor Kurzem war das hier mit den Krankenbetten und der medizinischen Ausrüstung noch ein ziemlich düsterer Anblick. «
    »Für die Jungs ein ziemlich hübscher Platz zum Erholen.«
    »Ja, wenn das Wetter gut war, saßen sie gern auf der Terrasse. Manche haben es leider nicht geschafft.« Olivia seufzte. »Einer zum Beispiel, der war wegen einer Kugel im Kopf blind geworden. Ich habe ihm vorgelesen, so oft ich konnte. Eines Nachts ist er währenddessen urplötzlich gestorben.«
    »Grässliche Erfahrung für dich.« Harry war bisher nicht in den Sinn gekommen, dass Olivia und seine Eltern im Krieg gelitten haben könnten.
    »Sind in der Nähe Bomben abgeworfen worden?«, fragte er.
»Ein paar auf Norwich, aber wir sind zum Glück ungeschoren davongekommen.«
    »Hattet ihr Todesopfer auf dem Anwesen zu beklagen?«
    »Ja. Insgesamt neun junge Männer. Ich gebe dir eine Liste mit ihren Namen; du könntest ihre Familien besuchen. Und Mr. Combe ist vor ein paar Wochen am Strand von Weybourne auf eine Mine getreten. Du kannst dir vorstellen, wie es seiner Frau geht.«
    »Ja. Arme Mrs. Combe. Eine Katastrophe. Das heißt also, wir haben im Moment keinen Verwalter?«
    »Richtig. Wir haben auf dich gewartet, damit du einen Nachfolger bestimmst. Und« – Olivia biss sich auf die Lippe – »du erinnerst dich doch sicher an Venetia?«
    Harry grinste. »Wie könnte man die vergessen?«
    »Ja, sie hat wirklich jeden Blödsinn mitgemacht. Am Ende scheint sie in Frankreich für eine Geheimorganisation tätig gewesen zu sein. Jedenfalls ist sie vor drei Jahren verschwunden. Wir haben gerade erst erfahren, was mit ihr passiert ist: Die Nazis haben sie in Paris erwischt, gefoltert und erschossen.«
    »Das tut mir leid, Olivia. Ich weiß, wie gut du mit ihr befreundet warst.«
    Olivia schluckte. »Danke. Ich bin froh, dass es endlich vorbei ist. Hoffentlich kann bald wieder Normalität einkehren. Aber jetzt«, sagte sie, räusperte sich und hakte sich bei Harry unter, »zeige ich dir den Küchengarten. Der ist so ziemlich das Einzige, was in deiner Abwesenheit wachsen und gedeihen konnte.«
    Als sie die Tür in der Mauer aufdrückte, fiel Harrys Blick auf die gepflegten Reihen Gemüse. Der Garten war nun dreimal so groß wie bei seiner Abreise.
    »Beeindruckend, Olivia.« Es gelang ihm nicht, »Schatz« zu ihr zu sagen. »Wie hast du das ohne Bill geschafft?«

    »Das weiß ich auch nicht so genau. Irgendwie kriegt man es hin. George hat getan, was in seiner Kraft stand, und so konnten wir die Patienten immerhin mit gesundem Essen versorgen.«
    Harry schaute hinüber zum Gewächshaus, in dessen Glaswänden sich die Sonne spiegelte, und ging darauf zu.
    »Leider hat das Treibhaus die Zeit nicht so gut überstanden. Wir mussten alle Blumen entfernen, um Tomaten darin anbauen zu können. Bill ist seit seiner Rückkehr sehr fleißig gewesen, hat neue Pflanzen besorgt und gesetzt, und allmählich erlangt dieser Ort wieder seine alte Pracht. Ich glaube, das tröstet ihn ein wenig.«
    »Wollen wir?« Harry deutete auf die Tür.
    »Wenn du möchtest.«
    Als sie eintraten, schlug ihnen ein intensiver Geruch entgegen, der Harry an Lidia denken ließ. Ihm schwindelte.
    »Harry, alles in Ordnung?«, fragte Olivia besorgt und nahm seinen Arm.
    Er schüttelte sie ab. »Nicht!«, herrschte er sie an, bereute seine heftige Reaktion jedoch sofort. »Entschuldige, ich …« Er begann, die Blumenreihen abzugehen. Überrascht blieb er vor einem Kasten mit Orchideen stehen. »Die waren früher nicht hier.«
    Bestürzt über Harrys Grobheit antwortete Olivia: »Stimmt. Bill hat sie mitgebracht. Erstaunlich, dass sie die lange Reise überstanden haben. Bill kümmert sich rührend um sie; seit ihrer Ankunft wachsen und gedeihen sie prächtig.«
    »Bill hatte immer schon einen grünen Daumen. Ich finde Orchideen wunderschön.« Harry beugte sich darüber, um den Duft einzuatmen und in Erinnerungen an Lidia zu schwelgen. »In Asien, besonders in Thailand, wachsen sie wie Unkraut.«

    »Das sagt Bill auch«, bestätigte Olivia, als sie das Gewächshaus verließen. »Trotz der schrecklichen Zeit, die ihr beide dort erlebt habt, findet er, es sei ein schönes Fleckchen Erde.«
    »O ja«, murmelte Harry.
     
    Nach dem Abendessen legte Harry sich zu Olivia ins Bett, nahm sie, allen guten Vorsätzen zum Trotz, in die Arme und schlief mit ihr. Ihr Körper war ihm fremd – so viel runder und voller als der von Lidia; ihre

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