Orchideenhaus
du verschwindest hier!«
»Ich weiß nicht, was sie in dem Brief schreibt; ich habe ihn nicht gelesen.… Ich …«
»Sie schreibt, dass sie ihn liebt und ihre gemeinsame Zeit in Bangkok nie vergessen wird. Angeblich versteht sie, dass er ihr Versprechen ihr gegenüber nicht einlösen kann. Und er soll sich um ihr ›Geschenk‹ an ihn kümmern, weil sie selbst krank und nicht dazu in der Lage ist. Mein Gott!« Olivia schüttelte den Kopf. »Und ich dachte, er wäre so distanziert, weil er seine Erfahrungen in Changi verarbeiten muss. Dabei sehnt er sich nach einer Nutte in Bangkok!« Sie sah Bill an. »Lebt dieses Mädchen noch? Elsie hat gesagt, sie wäre bei der Geburt des Kindes von … meinem Mann … gestorben. «
»Ich weiß es nicht. Möglicherweise, Miss Olivia, aber sie war sehr krank, als ich abgereist bin.«
Olivia zerriss den Brief und schleuderte die Fetzen in die Luft. »Egal. Wenn du meinen Mann siehst, sagst du ihm, dass sie tot ist. Wenn nicht, sitzt du mit deiner Frau und dem Balg auf der Straße!«
»Wie Sie meinen, Miss Olivia.«
Olivia begann, heftig atmend auf und ab zu marschieren; Schweiß trat ihr auf die Stirn. »Das Kind muss sofort vom Anwesen verschwinden! Sofort, verstehst du? Ich kann nicht dulden, dass der Bastard meines Mannes hier in Wharton Park aufwächst! Ich hole das Kind morgen früh ab und bringe es nach …«
»NEIN!« Bill war selbst über seine Vehemenz überrascht. »Tut mir leid, Miss Olivia, das Kind bleibt, wo es ist, bei Elsie und mir.« Bill begann ebenfalls zu zittern. »Werfen Sie uns raus, wenn Sie wollen, aber ich habe dem armen Mädchen
versprochen, mich um die Kleine zu kümmern, und das tue ich auch.«
»Dann müsst ihr morgen früh alle drei verschwunden sein. Es geht nicht an, dass mein Mann sich hinter meinem Rücken mit meinen Bediensteten gegen mich verschwört.«
»Wie Sie meinen, Miss Olivia. Aber mit Verlaub: Ich habe nur die Anweisungen Seiner Lordschaft ausgeführt. Er wird wissen wollen, ob die Reise … erfolgreich war. Wenn Sie das wünschen, muss ich ihm nicht verraten, von wem das Kind ist. Doch wenn Sie uns hinauswerfen, wird Seine Lordschaft bestimmt nicht lange brauchen, um zwei und zwei zusammenzuzählen. «
Olivia blieb stehen. »Versuchst du, mich zu erpressen, Bill?«
»Nein, Miss Olivia.« Bill suchte nach den richtigen Worten. »Ich schildere nur die Tatsachen. Vielleicht ist es das Beste, wenn Seine Lordschaft die Wahrheit erfährt. Damit er Ihnen, Miss Olivia, seine Entscheidungen erklären kann?«
Olivia sank auf eine Kiste und stützte den Kopf in die Hände. »Mein Gott, was für ein Desaster.«
»Bitte. Sie dürfen nicht vergessen, aus welchem Grund Seine Lordschaft mich nach Bangkok geschickt hat. Bei seiner Heimkehr ist ihm klar geworden, wie sehr er Sie liebt und dass er bleiben muss.«
Olivia hob verzweifelt den Blick. »Harry hat mich nie geliebt! Und er wird es auch nie tun. Er ist jämmerlich, unfähig und schwach. Ich verachte ihn aus tiefstem Herzen.« Sie holte ein paarmal Luft, um sich zu beruhigen. »Er hält sich heute wegen Bankangelegenheiten in London auf. Ich nehme an, du hast noch nicht mit ihm gesprochen?«
»Nein, Miss Olivia.«
»Na, das ist ja schon was. Und er weiß nichts von dem Kind?«
»Nein. Wir hatten während meiner Abwesenheit keinen Kontakt.«
»Du schwörst, dass du die Wahrheit sagst, Bill?«
»Ja, Miss Olivia. Er hätte alles aus dem Brief erfahren, aber das wird nun ja wohl nicht geschehen, oder?« Bill senkte den Kopf. »Es ist meine Schuld. Elsie hat gesagt, ich soll ihm den Brief nicht geben. Sie hat immer recht«, fügte er leise hinzu.
»Sie ist ein sehr kluges Mädchen, und du kannst dich glücklich schätzen, sie zu haben«, pflichtete Olivia ihm bei. »Sie wird kein Wort über die Angelegenheit verlieren?«
»Nein«, versprach Bill mit fester Stimme. »Sie wissen doch, wie sehr sie sich immer ein eigenes Kind gewünscht hat.«
»Ja.« Olivias Blick wurde ein wenig sanfter. »Die Kleine kann nichts dafür. Na schön, dann soll es eben so sein. Aber Seine Lordschaft darf nie etwas davon erfahren. Ich könnte es nicht ertragen, wenn er sein Herz an einen Mischling hängt, wo er doch bald sein eigenes Kind haben wird, das er lieben kann, auch wenn er nichts für seine Frau empfindet. Du musst mir versprechen, dass du, wenn du mit Seiner Lordschaft redest, nichts von dem Kind erwähnst und nur sagst, die Mutter sei tot. Mehr nicht. Die Zukunft von Wharton Park und allen,
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