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Orchideenhaus

Orchideenhaus

Titel: Orchideenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Riley
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der Welt aufbrechen. Und Alicia ist mehr als beschäftigt mit ihrer großen Familie.«

    »Kann ich mir vorstellen. Sie schickt mir manchmal Fotos und schreibt immer, ich soll zu ihnen kommen, aber ich will ihr nicht zur Last fallen. Außerdem hab ich keinen Führerschein, und Zugfahren mag ich nicht. Vielleicht finden sie ja irgendwann mal die Zeit, mich zu besuchen, so wie du heute.«
    »Ich verspreche dir, dass ich in Zukunft versuchen werde, öfter herzukommen. Jetzt bin ich ja wieder im Land.«
    »Du willst also hierbleiben?«
    »So genau weiß ich das noch nicht.« Julia seufzte. »Ich werde Entscheidungen treffen müssen, um die ich mich bisher gedrückt habe.«
    »Das kann ich verstehen. Aber du wolltest mich etwas fragen. «
    »Weißt du, dass Wharton Park verkauft wird?«
    »Ja.«
    »Kit Crawford, das ist der Erbe, behält das Geviert und zieht in euer altes Cottage.«
    Elsie legte den Kopf in den Nacken und lachte lauthals, bis ihr die Tränen kamen. »Master Kit zieht in unser altes Gärtnercottage? « Sie schüttelte den Kopf.
    »Doch, es stimmt«, beharrte Julia. »Er muss das Anwesen verkaufen, weil es hoch verschuldet ist und für die Renovierung sehr viel Geld nötig wäre. Außerdem war euer Cottage sehr hübsch«, fügte sie hinzu.
    »Mag sein, aber die Vorstellung, dass Lord Crawford in unsere bescheidene Hütte zieht, bringt mich trotzdem zum Lachen.« Elsie zog ein Taschentuch aus ihrem Ärmel und putzte sich die Nase. »Entschuldige, Liebes. Erzähl weiter.«
    »Die Handwerker haben die Bodendielen rausgerissen.« Julia holte das Tagebuch hervor. »Und das hier gefunden.«
    Elsie schien es zu erkennen.

    »Ja«, sagte sie nur.
    »Über einen Aufenthalt im Changi-Gefängnis in Singapur während des Krieges.«
    »Ich weiß, worum es darin geht, Julia.« Elsie traten Tränen in die Augen.
    »Tut mir leid, Oma. Ich wollte dich nicht aus der Fassung bringen. Du musst es nicht lesen. Ich möchte dich nur fragen, ob Großvater Bill es geschrieben hat. Er war doch während des Kriegs in Asien, oder? Manches von dem, was er mir damals in den Gewächshäusern erzählt hat, deutet darauf hin. Obwohl er mir nie verraten hat, wann und wo«, fügte sie hastig hinzu, als sie sah, dass Elsie blass wurde.
    Elsie nickte erst nach einer ganzen Weile. »Ja, er war dort.«
    »In Changi?«
    Wieder nickte Elsie.
    »Dann ist es also sein Tagebuch?«
    Erneut kurzes Schweigen, bevor Elsie fragte: »Julia, hast du es gelesen?«
    Julia schüttelte den Kopf. »Nein, ich wollte, aber irgendwie …« Sie seufzte. »Ich könnte mir vorstellen, dass die Geschichte ziemlich traurig ist, und im Moment bin ich mit meiner eigenen Trauer beschäftigt.«
    »Verstehe.« Elsie stand auf und ging zum Fenster, vor dem dicke Schneeflocken das Gras in dem kleinen Garten bedeckten. Obwohl erst kurz nach vier, wurde es bereits dunkel. Mit dem Rücken zu Julia sagte sie: »Das Wetter wird schlechter. Möchtest du über Nacht bleiben?«
    »Ich…« Als Julia den Schnee sah und sich die Heimfahrt und das triste Cottage vorstellte, antwortete sie: »Ja, gern.«
    Elsie wandte sich zu ihr um. »Gut. Weißt du was? Ich mache uns was zu essen. Bei der Arbeit kann ich am besten denken. Und nachdenken muss ich jetzt. Schau du doch währenddessen
einfach fern, ja?« Sie deutete auf die Fernbedienung und verließ das Zimmer.
     
    Fünfundvierzig Minuten später, nachdem Julia sich eine harmlose Talentshow angesehen und unvermutet Spaß daran gefunden hatte, kam Elsie mit einem Tablett ins Wohnzimmer zurück.
    »Es ist fast sechs, und am Samstag gönne ich mir immer einen Noilly Prat. Ich habe auch ein Fläschchen Rotwein von einer Freundin. Keine Ahnung, ob der was taugt, aber möchtest du welchen?«
    »Warum nicht?«, sagte Julia, froh darüber, dass Elsie wieder rote Wangen hatte.
    »Der Shepherd’s Pie steht im Ofen. Es dauert nicht mehr lang, bis wir essen können.« Elsie reichte Julia ein Glas und nahm selbst einen Schluck. »Beim Kochen hab ich nachgedacht; jetzt bin ich ruhiger.«
    »Tut mir leid, Oma. Ich wollte dir wirklich keinen Kummer bereiten. Mir war nicht klar, wie schmerzhaft das für dich ist.« Julia nippte an ihrem Wein. »Meine Gedanken kreisen in letzter Zeit nur um mich selbst; ich werde anfangen müssen, mich wieder mit den Gefühlen anderer zu beschäftigen.«
    Elsie tätschelte Julias Hand. »Das ist doch klar. Es hat dich ja auch knüppeldick erwischt. Außerdem hast du mir keinen Kummer bereitet. Es war nur ein Schock, das

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