Orchideenhaus
Bett aus, wie diese am Frisiertisch Make-up auflegte.
»Ich fühle mich schon ein bisschen auf den Schlips getreten, weil du mich im Stich lässt, Darling. Ich dachte, wir hätten einen ›Nichtheiratspakt‹ geschlossen, und ein paar Monate später marschierst du einfach vor den Altar! Bist du dir sicher, dass Harry der Richtige ist?«
»Ich liebe ihn und Wharton Park.«
»Dir ist schon klar, dass du den Rest deines Lebens an dieses Haus gekettet sein wirst, oder? Und mindestens einen Erben gebären musst?«
»Ich liebe Kinder«, erklärte Olivia. »Und möchte auch welche.«
»Weißt du eigentlich, ob Harry dich liebt?«
»Natürlich tut er das«, antwortete Olivia ein wenig zu schnell. »Warum um Himmels willen sollte er mich sonst heiraten?«
Nach dem Abendessen trottete Olivia erschöpft in ihr Zimmer und zuckte erschreckt zusammen, als sich auf dem Treppenabsatz zwei Hände um ihre Taille schlossen. »Hallo, Schatz, wie fühlst du dich?«
Harry schmiegte sein Gesicht an ihren Nacken. Olivia roch, dass er getrunken hatte.
»Ich bin ein bisschen nervös«, gab sie zu. »Und du?«
»Ich glaube, ich bin froh, wenn alles vorbei ist und wir einfach Mr. und Mrs. Crawford sein dürfen. Geht’s dir nicht ähnlich?«
»Ja.«
Er küsste sie sanft auf die Stirn. »Genieße deine letzte Nacht der Freiheit, Schatz. Wir sehen uns morgen in der Kirche.«
Als Olivia kurz darauf im Bett lag, hatte sie Schmetterlinge im Bauch. Es war nicht die Trauungszeremonie, die sie nervös machte, sondern die darauf folgende Nacht, die sie zum ersten Mal mit Harry im großen Schlafzimmer mit Blick auf den Park verbringen würde.
Ihr war klar, was sie erwartete – Venetia hatte sie nur zu gern in den körperlichen Aspekt des Ganzen eingeweiht. Doch sosehr Olivia sich auch bemühte: Es fiel ihr schwer, sich ein solches Maß an Intimität mit Harry vorzustellen. Und sie wusste nicht, ob er genauso wenig Erfahrung hatte wie sie. Hoffentlich nicht, dachte sie.
Sie tröstete sich mit dem Gedanken, dass es sich um einen Initiationsritus handelte, den alle verheirateten Frauen durchliefen. Und, dachte Olivia noch bevor sie einschlief, um die einzige Methode, mit der sich Kinder zeugen ließen.
Der folgende Morgen dämmerte hell und kühl herauf.
Elsie betrat um acht Uhr mit einem Frühstückstablett ihr Zimmer.
»Immer mit der Ruhe, Miss, ich habe alles im Griff. Schauen Sie« – sie deutete auf einen Zettel –, »ich habe einen Zeitplan für den Morgen gemacht.«
Elsies Anwesenheit beruhigte Olivia ungemein. »Du bist ein Schatz. Danke«, sagte sie, als Elsie das Tablett aufs Bett stellte.
»Ich kann’s kaum noch erwarten, Sie in dem Kleid zu sehen«, sagte Elsie und deutete auf die herrliche Satinkreation an der Schneiderpuppe in einer Ecke von Olivias Schlafzimmer. »Lady Crawford meint, sie kommt nach dem Frühstück rauf zu Ihnen. Danach lasse ich Ihnen ein Bad ein und mache Ihnen die Haare.«
Um neun Uhr klopfte es an Olivias Tür.
»Herein.«
Adrienne trat mit einem großen Lederetui ein und küsste Olivia auf beide Wangen. » Chérie , heute ist der glücklichste Tag meines Lebens. Zu sehen, wie mein Sohn eine Frau heiratet, die ich liebe wie meine eigene Tochter … Was mehr könnte eine Mutter sich wünschen? Komm, ich möchte dir etwas zeigen.«
Adrienne ging zu einem Hocker, setzte sich darauf und winkte Olivia heran. Dann öffnete sie das Etui, in dem sich eine prächtige Diamanthalskette sowie dazu passende Ohrhänger befanden.
»Die sind für dich, Olivia. Du sollst sie heute tragen. Alle Crawford-Bräute der letzten zweihundert Jahre haben sie getragen. Du wirst sie behalten und der Braut deines Sohnes am Tag ihrer Hochzeit geben.«
»Sie sind wunderschön«, hauchte Olivia. »Danke, Adrienne. «
»Danke nicht mir, chérie «, sagte Adrienne und erhob sich. »Ich verlange nur, dass wir weiter gute Freundinnen bleiben. Aber jetzt muss ich los und mich um alles kümmern. Ich freue mich schon darauf, dich später am Tag offiziell in der Familie willkommen zu heißen.«
Um halb zwölf war Olivia angezogen und fertig. Elsie betrachtete sie voller Bewunderung.
»Miss Olivia, Sie sind so schön … Ich glaube, ich könnte Sie auch heiraten«, bemerkte sie kichernd, als sie Olivia die langen weißen Satinhandschuhe reichte.
»Danke. Ich bin schrecklich nervös.« Olivia breitete die Arme aus. »Komm, lass dich umarmen. Das brauche ich jetzt.«
»Natürlich, Miss.« Elsie legte vorsichtig die
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