Orchideenhaus
zusammenführen und somit Mittel freisetzen für den Erwerb moderner Geräte und die Beschäftigung eines Verwalters, der sein Handwerk versteht.«
»Das klingt alles sehr positiv.«
»Ja, aber dann wäre noch kein Penny übrig, um das Gebäude selbst wieder auf Vordermann zu bringen. Der Gutachter, der sich das Anwesen angeschaut hat, schätzt, dass es mehrere Millionen kosten würde, das Haus halbwegs zu sanieren. Ohne Veränderungen im Innern wie eine neue Küche oder ein Bad, das sich tatsächlich nutzen ließe. Hier gibt es insgesamt sechzehn Bäder, keins davon renoviert.«
»Wäre es denn möglich, ein paar Monate durchzuhalten, bis ein neuer Interessent gefunden ist?«
Kit nickte. »Ja, wenn ich die Verwaltung selbst übernähme, was hieße, dass ich andere Dinge, die ich eigentlich vorhabe, auf Eis legen müsste. Je länger ich hier bin, desto weniger möchte ich mich von Wharton Park trennen. Du warst mir in dieser Hinsicht auch keine besondere Hilfe«, fügte er hinzu.
Julia sah ihn verwundert an. »Was willst du damit sagen?«
»Die Familienhistorie zu hören, hat Wharton Park Bedeutung und Wert verliehen, die es zuvor nicht besaß. Dazu
kommt unsere gemeinsame Geschichte. Wenn es Wharton Park nicht gäbe, hätten wir uns damals nicht kennengelernt.«
»Nun«, sagte Julia, die ob seines intensiven Blicks nervös wurde, forscher, als sie eigentlich beabsichtigte, »das wird eine schwere Entscheidung.«
»In der Tat. Und mir bleibt nicht viel Zeit, sie zu treffen. Außerdem muss ich zugeben, dass ich heute Abend nicht nur sehen wollte, wie es dir geht, sondern mir deine Gesellschaft gewünscht habe. Es fehlt mir, dir dabei zuzuschauen, wie du deine Suppe schlürfst und dir die fieberheiße Stirn abwischst.«
»Tatsächlich! Eine sonderlich gute Gesprächspartnerin kann ich in meinem Zustand nicht gewesen sein.«
Kit legte die Gabel auf seinen leeren Teller.
»Mir ist Schweigen von jemandem, dessen Gesellschaft ich genieße, deutlich lieber als ständiges Geplapper von jemandem, der mich nervt.«
Julia aß stumm ihre Nudeln auf, legte die Gabel beiseite und hielt den Blick auf den Teller gerichtet.
»Jedenfalls«, fuhr Kit nach einer Weile fort, »war es schön, dich wiederzutreffen. Ich habe den Tag damals, als ich dich zum ersten Mal spielen hörte, nie vergessen … Wirst du in Norfolk bleiben?«
»Ich weiß es noch nicht. Letztlich habe ich erst vor zwei Wochen angefangen, über meine Zukunft nachzudenken.«
»Verstehe. Mir ist vor langer Zeit etwas Ähnliches passiert. Das verändert das Leben und die Persönlichkeit. Bei mir hatte es zur Folge, dass ich praktisch unfähig war, eine langfristige Beziehung einzugehen. Ich muss der wahre Albtraum gewesen sein. Bis vor ein paar Jahren.« Er grinste.
»Hm«, murmelte Julia, der keine bessere Antwort einfiel.
»Ich hoffe, inzwischen ein besserer Mann geworden zu sein.
Möglicherweise kam erschwerend hinzu, dass ich nicht der Richtigen begegnet bin. Allzu viele verwandte Seelen trifft man nicht im Leben, stimmt’s?«
»Stimmt.« Julia spürte, wie ihr Tränen in die Augen traten. Sie sah auf die Uhr. »Kit, ich muss nach Hause. Ich bin … müde.«
»Natürlich.« Kit legte seine Hand auf die ihre. »Sehen wir uns wieder?«
»Ja.« Julia entzog ihm die Hand, stand auf und ging zur Tür.
Kit folgte ihr. »Wie wär’s mit Montagabend?«
»Ich … weiß nicht.«
Kit verstellte ihr den Weg und küsste sie. Die Berührung traf sie wie ein Stromstoß. Sie drehte den Kopf zur Seite, doch er schlang die Arme um sie.
»Julia, tut mir leid, wenn ich das Falsche gesagt habe, wenn dir alles zu schnell geht. Du hast mir gefehlt. Ich lasse dir Zeit, das verspreche ich dir. Ich kann dich verstehen, wirklich.«
»Ich …« Julia löste sich aus seiner Umarmung, verwirrt über die widersprüchlichen Gefühle, die Kit in ihr weckte. »Gute Nacht, Kit.«
»Ich rufe dich in den nächsten Tagen an.Vielleicht können wir am Montag …«
Doch da war sie schon aus der Tür und hastete zu ihrem Wagen.
28
Die folgenden beiden Tage gammelte Julia im Cottage herum, unfähig, sich vor dem nagelneuen Flachbildschirmfernseher zu entspannen, der geliefert und in einer Ecke des Wohnzimmers aufgestellt worden war. Sie machte lange Spaziergänge
durch die Marschen und versuchte den Grund für ihre innere Unruhe herauszufinden.
Es war alles so verwirrend; Kit verwirrte sie. In der einen Minute warnte er sie, was für ein »Albtraum« er sei, in der nächsten
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