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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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ließ, wie Sam fand. Sie gab ihm ihre warme gepflegte Hand zur Begrüßung und steckte sie gleich darauf zurück in ihre Manteltasche.
    Sam öffnete die Akte. Ein ungelöster Mordfall von vor vier Jahren aus einem Wiener Hotel. Allerdings handelte es sich hier nicht um die Frau eines Arztes, sondern um eine Prostituierte namens Anna Galanis. Sie war tot im Hotelbett, mit einem Laken zugedeckt, gefunden worden. Todesursache: intrakardiale Giftinjektion. Obwohl die Dame in der Kartei einer Begleitagentur war, konnte man nicht herausbekommen, mit wem sie sich an dem besagten Abend getroffen hatte. Man vermutete, sie hatte sich spontan mit ihrem Mörder verabredet.
    Unter den Beweismitteln lag auch ein kleiner Zettel. Sam las die Zeilen und seufzte. „Vor ein paar Tagen dachte ich, der Fall ist so gut wie gelöst. Gestern wurde ich eines anderen belehrt, wobei ich noch einen kleinen Hoffnungsschimmer hatte. Heute weiß ich, dass wir weit entfernt davon sind, diesen Typen zu fassen“, stellte er resigniert fest.
    „Na, wer wird denn da so pessimistisch sein. Sie haben in Ihrer Dienstzeit eine überdurchschnittlich hohe Erfolgsquote zu verzeichnen, vergessen Sie das nicht, O’Connor.“
    Doch auch Brenners ermutigende Worte konnten Sam nicht fröhlich stimmen, weil der Moment des Erfolgs, die damit verbundene Genugtuung und der Stolz auf die Arbeit, immer sehr kurz waren und deshalb schnell in Vergessenheit gerieten. Er hielt genauso lange an, bis der nächste Fall auf dem Tisch lag. Es konnte sich dabei um eine Woche, einen Tag oder ein paar Stunden handeln. Die Geschwüre der Gesellschaft wuchsen von Tag zu Tag.
    Brenner schlug ihm väterlich auf die Schulter, verzog dabei schmerzhaft das Gesicht und verabschiedete sich, während Fräulein Beauchamp wieder ihre Hand aus der Manteltasche zog und sie ihm hinstreckte. Sam ergriff sie und stellte fest, dass sie in den letzten Minuten um einige Grade abgekühlt war.
    Die beiden gingen Richtung Ausgang, während Sam sich nach der Beschilderung der Gates umsah. Er drehte sich noch einmal nach Brenner und seiner Vertretung um, als sie sich ebenfalls umdrehte und ihm ein letztes Lächeln zuwarf, bevor die automatische Tür sich zwischen ihnen schloss.
     
    Während Sam im Wartesaal saß und auf den Aufruf seines Fluges wartete, sah er sich die Fotos des dritten Opfers an. Sie waren aus verschiedenen Blickwinkeln aufgenommen. Keine Verstümmelungen, keine weit aufgerissenen starren Augen. Die Frau sah eher aus, als würde sie schlafen. War dieser Mord der Anfang einer Serie gewesen? Ein kleiner Probelauf vielleicht? Wenn dem so war, hatte sich der Täter rasant entwickelt. Es gab aber keine weiteren Fälle in den vergangenen Jahren. Was hatte der Mörder also in der Zwischenzeit gemacht? Hatte er wegen eines anderen Deliktes im Gefängnis gesessen und war deshalb nicht aktiv gewesen?
     
    Nach einem Flug mit einigen Turbulenzen, bei dem sich Sam zwei Pakete Pfefferminzbonbons reingestopft hatte, um die Panik und aufkommende Übelkeit zu überwinden, landete er schließlich wohlbehalten auf dem Hamburger Flughafen.
    Eine halbe Stunde später hörte er sich Juris ausführlichen Bericht an, der sichtlich stolz auf seine Recherchearbeit war und als sie sich schließlich die Aufzeichnungen aus dem Fahrstuhl ansahen, fiel Sam sofort an Jens Wimmer etwas auf, das nicht in sein derzeitiges Täterbild passte. Doch er wollte Juri nicht frustrieren und hielt es für besser, darüber erst einmal zu schweigen.
    „Hier sieh dir das an. Der Typ wird richtiggehend aggressiv. Und sie pöbelt ihre Internetbekanntschaft an. Alles leider ohne Ton. Aber er wird uns sicherlich gleich Näheres dazu sagen können. Er sitzt nämlich nebenan.“
    Sam sah seinen Partner an und lächelte. „Prima. Weißt du, seit wann er von seiner Reise zurück ist?“
    „Seit heute früh. Und da haben wir ihn uns gleich geschnappt.“
    „O. k. Dann wollen wir mal.“
     
     

1953
     
     
     
    BRASILIEN   Orgelmusik erfüllte die hohen mit dicken dunklen Holzbalken verzierten Räume, als Heinrich durch das alte ehemalige Kloster geführt wurde, vorbei an Wandgemälden, die den heiligen Blasius und andere Märtyrer zeigten, vorbei an Statuen des heiligen Georgs, wie er mit einer Lanze gegen den Drachen, das Böse, kämpfte. Sie gingen über einen mit kleinen Steinen gepflasterten Innenhof, in dessen Mitte ein prachtvoller alter Baum stand und seine starken knorpeligen Äste in alle Himmelsrichtungen streckte. Wo er

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