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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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Er war ehrlich und sagte was ihm nicht passte gerade heraus. Er war immer noch nicht dazu gekommen, mehr über ihn zu erfahren. Das Einzige was er wusste war, dass Juri gerne Speed-Datings besuchte, Kakao liebte, eine Schwester hatte und hinter jedem Rock her war, aber feste Beziehungen ablehnte.
    „Sam, ich weiß nicht, ob es wichtig ist, aber in einer Woche ist in Berlin der größte Ärztekongress der Welt. Es werden elftausend Mediziner aus 41 Nationen erwartet. Was meinst du?“
    Sam hob eine Augenbraue und dachte über den Inhalt der Information nach. Er stand auf, ging zum Fenster und öffnete es so weit wie möglich. Er hatte in der letzten halben Stunde Kopfschmerzen bekommen und brauchte dringend frische Luft. Draußen herrschte die ganze Bandbreite von Grautönen. Einfach deprimierend. Er dachte wieder an die Sonne und das Meer in Barcelona. „Willst du was trinken?“
    Juri nickte und Sam ging raus an den Getränkeautomaten. Wollte die Zeit nutzen, in seinem Kopf aufzuräumen. Er drückte auf doppelten Espresso, wartete, bis der kleine Pappbecher gefüllt war, und trank ihn in einem Schluck weg. Die Koffeinspritze würde seinen Kopfschmerz mildern. Dann erst drückte er auf die Taste für den Kakao. War es Zufall, dass dieser Ärztekongress in einer Woche stattfand? Arbeitete der Mörder auf das Event hin? Elftausend Mediziner? Wie viele kamen mit einem Partner? Sie würden in der ganzen Stadt verteilt sein.
    „Ich vermute, wir werden in den nächsten Tagen ein nächstes Opfer haben. Irgendwo in Europa. Und das Schlimmste ist, wir können nichts dagegen tun“, sagte er, während er Juri den Kakao reichte.
    „Vielleicht sollte man ein Rundschreiben an die Hotels rausschicken, die ihre Gäste warnen sollen“, schlug Juri vor.
    „Warnen vor was oder vor wem? Vor Zimmermädchen?“ Sam legte Juri die Akte des dritten Falls auf den Tisch und erklärte ihm kurz, was der Obduktionsbericht hergegeben hatte.
    „Keine Arztfrau, nur eine Prostituierte? Ein Versuchskaninchen?“
    „Keine Ahnung. Nur warum hat er bei ihr auch so einen kleinen Zettel mit einer Nachricht hinterlassen? Sie muss also zum Plan gehört haben.“
    Juri legte eine Folie mit den Versen unter einen Overheadprojektor und warf das Bild an eine weiße Wand.
    „Wollen mal sehen, was sie uns noch erzählen können.“
     
    Verlassen und leer muss werden der Leib
    Ob alt, ob jung, ob Mann, ob Weib.
     
    Doch wem gilt das Forschen, das endlose Leid
    Ob Spender, Empfänger, es heilt keine Zeit.
     
    Gesunde zu Krüppeln, verstummt ist ihr Schrei
    Der Tod als Erlösung, er machte sie frei.
     
    Sie lasen die Zeilen beide für sich. Nach dem dritten Mal hielt Sam inne. „Ich hasse Gedichte und so Zeugs, aber wenn mich nicht alles täuscht, fehlt da was.“
    „Du meinst noch ein Verslein?“
    „Er bezieht sich bei dem zweiten Zweizeiler auf die Forschung. Doch vorher steht nichts davon.“
    „Verstehe ich nicht.“
    „Er schreibt, doch wem gilt das Forschen, doch keiner redet vom Forschen. Weißt du, was ich meine?“
    „Ja und nein. Du willst mir vermutlich sagen, es gab noch einen Mord nach der Prostituierten Anna Galanis und vor Frau Rewe?“
    „Ja, das denke ich.“
    Sam rief Brenner an und erzählte ihm von seinem Verdacht und kurz danach telefonierte er mit Peter Bauer in München. Aber keiner von beiden hatte bisher etwas im System gefunden.
    Am frühen Abend setzte Juri Sam in seinem Hotel ab. Aber anstatt auf sein Zimmer zu gehen, machte Sam einen Spaziergang durch die Innenstadt. Ein Stück an der Alster entlang, vorbei am Atlantik Hotel und plötzlich fand er sich vor dem Restaurant wieder, das Linas Mutter gehörte. Er hatte sich seit der Beerdigung im letzten Jahr nicht mehr gemeldet und war beschämt darüber. Immerhin hatte die Frau ihr einziges Kind verloren. Er wollte gerade auf dem Absatz kehrtmachen, als die Tür aufging und Consuela vor ihm stand. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt und Sam dachte schon, sie würde ihm nun die Leviten lesen, aber sie sagte nur in sanftem Ton: „Ich habe gehofft, dass Sie eines Tages vor der Tür stehen würden, Sam, und vor allem, dass ich Sie dann auch dabei erwische.“ Sie lächelte und zog ihn ins Restaurant. „Es gibt da nämlich etwas, was ich Ihnen zeigen wollte.“
    Sie sagte es in einem geheimnisvollen Ton, sodass Sam unwillkürlich kalt ums Herz wurde. Er nahm auf einem Stuhl Platz und wagte nicht nachzufragen, um was es sich dabei handelte. Ihr Gesichtsausdruck

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