Orchideenstaub
Pelikantinte handelte, sondern um Blut. Menschenblut, der Blutgruppe A+. Jasmin Rewe hatte 0+, genauso wie ihr Mann und Dr. Steiner. Nur Katarin Gromowa hatte die Blutgruppe A+. Es wurde gerade überprüft, ob es ihr Blut war mit dem die Zeilen geschrieben worden waren. Außerdem fehlte noch die Bestätigung aus Barcelona, dass es sich bei dem ersten geschriebenen Gedicht ebenfalls um Blut handelte. Die Tatsache, dass der Täter Spuren an beiden Tatorten hinterlassen hatte, konnte nichts Gutes bedeuten, dazu war der Täter zu organisiert. Sam führte es deshalb nicht auf Nachlässigkeit zurück, sondern eher darauf, dass sie es mit jemandem zu tun hatten, der der Meinung war, sich auf sicherem Terrain zu bewegen.
„Was hatten Sie für ein Verhältnis zu Jasmin Rewe?“
Bei diesem Namen stutzte Wimmer für einen Moment.
„Wir haben uns über eine Partnervermittlungsseite im Internet kennengelernt.“ Plötzlich schien ihm ein Licht aufzugehen. „Das glaube ich jetzt nicht. Das muss ein Scherz sein. Die Ziege hat mich doch nicht angezeigt?“ Ungläubig schüttelte er den Kopf.
„Warum meinen Sie, würde sie das tun?“
„Das kann nicht ihr Ernst sein. Ich habe sie zufällig dort gesehen und angesprochen. Ist das ein Verbrechen?“
„Zufällig? Sie sind ihr ins Hotel gefolgt.“
„Stimmt doch gar nicht.“
„Wie kommen Sie dazu, Haare von ihr bei sich zu tragen?“
Wimmers Augen zuckten nervös. Er rang nach einer Erklärung, schließlich gab er auf und erzählte den beiden Polizisten, bis auf ein paar winzige Details, die ganze Geschichte. Dass er ihr auch noch ins Hotel gefolgt war, ließ er erst einmal aus.
Juri drückte auf die Fernbedienung und zeigte Jens Wimmer die Hotelaufzeichnungen, während Sam aufstand, um den Tisch herumging und sich auf die Kante setzte. „Jasmin Rewe wurde ermordet, Herr Wimmer, just, nachdem Sie sich mit ihr im Fahrstuhl gestritten haben“, erklärte er ruhig.
Jens Wimmer öffnete den Mund, aber es kam kein Laut heraus. „W-w-wie jetzt?“, stotterte er aufgeregt. „Damit habe ich aber nichts zu tun!“
„Sie sind mit Jasmin Rewe in den 34. Stock gefahren. Was ist dann passiert?“
„Sie ist ausfallend geworden, da hab ich ihr den Fuckfinger gezeigt, und weil der Fahrstuhl nicht gleich kam, bin ich die Treppen runtergelaufen und zum Hinterausgang raus. Musste mich abregen.“
„Sie hat also allein das Zimmer betreten?“
„Natürlich.“
Juri sah Sam fassungslos an, stellte sich an die Seite und begann auf seiner Lippe herumzukauen. Er sah wütend aus.
Sam fühlte sich plötzlich miserabel, weil er sein Wissen und seine Gedanken für sich behalten hatte. Lange hatte er darüber nachgedacht, wie sich ein Deutscher, ein Franzose oder ein Spanier entschuldigen würden. Entschuldigung, excusé-moi, Monsieur und perdón, Señor. Kein Deutscher würde eine Anrede dahintersetzen. „Ist Ihnen auf dem Hotelgang im 34. Stock irgendetwas oder irgendjemand aufgefallen?“
Jens Wimmer überlegte und fuhr sich nervös über die Mütze, als würde es, darunter wieder anfangen zu jucken. „Da war nur ein Zimmermädchen mit furchtbar hässlichen Beinen. Ziemlich behaart war die Gute. Aber es gibt ja welche, die stehen auf so was.“
Nachdem Jens Wimmer gegangen war, blieben die beiden Polizisten sitzen. Sam rückte seinen Stuhl so zurecht, dass er Juri direkt gegenübersaß. Sein Partner wich seinem Blick aus und schien sich arg beherrschen zu müssen.
„Was sollte das? Du hast von Anfang an gewusst, dass er nicht unser Mann ist. Warum hast du nichts gesagt? Wir arbeiten zusammen, Sam. Du solltest hier nicht den Einzelgängertyp raushängen, der der Welt irgendetwas beweisen muss, nur weil er den letzten Fall verpatzt hat …“
Sam fiel der Kaffeebecher aus der Hand und der Inhalt ergoss sich über seine Schuhe.
„Tut mir leid, ich wollte nicht …“, begann Juri.
„Nein mir tut es leid. Du hast Recht. War uncool. Du hast trotzdem einen guten Job gemacht und es steht jetzt fest, dass Jens Wimmer den Mörder gesehen hat. Wir wissen nun, dass er sich auch beim ersten Fall als Zimmermädchen verkleidet hat. Ich für meinen Teil, weiß zurzeit nicht, wie ich diese beiden Fälle zusammenbringen kann. Deshalb kann jede Information, auch wenn sie noch so unwichtig erscheint, für uns von Bedeutung sein. O.k, Partner, ich werde mich bessern“, sagte Sam sanft, beugte sich über den Tisch und schlug Juri leicht auf die Schulter. Er mochte den Jungen immer mehr.
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