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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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bestellen, somit hatte der Boiler das Wasser über Nacht nicht erhitzen können und sie hasste nichts mehr, als morgens noch halb verschlafen kalt zu duschen. Nach einer Katzendusche stand sie, eingewickelt in ein Handtuch, mit Gänsehaut vor dem Spiegel.
    Der Raum war ihr irgendwie bekannt vorgekommen. Sie überlegte. Der Aktenraum im Heim vielleicht? Sie hatte die Schlüssel noch nicht wieder zurück an ihren Platz gelegt.
    Ihrem Vater würde es eh nicht auffallen und Rafael wurde erst in einer Woche zurückerwartet.
    Sie schlüpfte in eine Jeans, zog sich eine weiße Bluse an und fuhr, ohne zu frühstücken in ihr Praxis in die Clínica Medellin, wo bereits drei Patienten auf sie warteten.
    Am Mittag verließ sie die Praxis früher als sonst und anstatt zu ihren Eltern zum Mittagessen zu fahren, fuhr sie beinahe wie ferngesteuert ins Behindertenheim.
    Musik und metallische Geräusche ertönten wieder aus der Pathologie, als Lea zum zweiten Mal die Tür zum Aktenraum aufschloss. Irgendetwas störte das Bild hier drin, fand Lea und sah sich erneut um. Regale, Regale, graue Aktenschränke und dann stand da in der Mitte dieser alte Holzschrank, der irgendwie hier nicht reinpasste. Wahrscheinlich noch ein Überbleibsel aus den alten Zeiten.
    Lea schalt sich eine dumme Gans. Nur weil die alte Aleida auf dem Sterbebett von einem schrecklichen Geheimnis gesprochen hatte, sah sie in jedem Raum Gespenster, interpretierte etwas in einen Traum hinein, das wahrscheinlich jeglicher Realität entbehrte. Ein schreckliches Geheimnis konnte so vieles bedeuten, gerade für Katholiken.
    Sie hörte plötzlich Schritte auf dem Gang näher kommen. Sie sah sich um. Wo sollte sie sich verstecken? Panik kam in ihr hoch. Hier gab es kein Versteck, außer das hinter der Tür. Bleib ruhig, ermahnte sie sich. Du brauchst dich überhaupt nicht zu verstecken. Du bist die Schwester des Chefs. Doch ihre eigenen Worte klangen in diesem Moment nicht gerade überzeugend. Die Schritte machten vor der Tür halt, ein Schlüsselbund klimperte. Ein Schlüssel wurde in das Schloss gesteckt. Ein kurzes Zögern, dann ging die Tür langsam auf.
    Lea hielt den Atem an.
     
     

42.
     
     
     
    BERLIN  Judith Weinmann war gerade dabei aus dem Hotel auszuchecken, als ein junger Mann neben sie trat, seinen Ausweis vorzeigte und sie bat, mit ihm zu kommen. Sie versuchte eine gelassene Miene aufzusetzen, obwohl in ihrem Innern genau das Gegenteil der Fall war. War irgendetwas schief gegangen? Sie waren wohl nicht vorsichtig genug gewesen. Sie versuchte sich zu beruhigen. Versuchte sich an die Abmachungen im Ernstfall zu erinnern. Sie hatte alles auswendig gelernt und spulte die Sätze in ihrem Gedächtnis ab. Ja, sie hatte alles behalten, glaubte sie zumindest.
    Der junge Polizist gab während der Fahrt kein einziges Wort von sich, nur das Funkgerät knisterte ab und zu und gab eine Meldung in Codewörtern von sich, die ein Normalsterblicher nicht verstand. Endlich hielten sie vor einem großen grauen Gebäude.
    „Kommen Sie herein“, sagte ein gut aussehender Mann zu ihr und stellte sich als Sam O´Connor vor.
    Judith betrat den Raum. Dann trafen sich ihre Blicke. Rafael Rodriguez saß auf einem Stuhl. Er sah müde aus. Jetzt hieß es, das Band in ihrem Kopf abspielen zu lassen.
    „Okay. Sagen Sie immer noch, dass Sie alleine Kaffee trinken waren?“
    Rafael ließ die Finger knacken und sah Sam wütend an.
    „Das ist doch unglaublich. Sie spionieren mir nach? Ich wollte …“
    Sam hob die Hand, unterbrach Rafael mitten im Satz und gab Juri ein stummes Zeichen. Daraufhin führte Juri Judith Weinmann wieder aus dem Raum und schloss die Tür hinter sich.
    „So nun hoffe ich für Sie, dass sich Ihre beiden Geschichten decken. Wer ist die Frau und warum haben Sie sich mit ihr in der Cafeteria getroffen?“
    Rafael kniff den Mund zusammen wie ein trotziges Kind.
    „Na, was ist?“
    „Wir haben uns zufällig getroffen. Sie ist eine alte Bekannte.“
    „Ärztin?“
    „Ja.“
    „Wo kommt sie her?“
    „Aus Israel. Wir haben uns vor Jahren mal hier in Berlin auf einem Kongress getroffen.“
    Israel. Zum zweiten Mal in kurzer Zeit stolperte er über dieses Land. Erst der Brief von Ernst Ritter, jetzt diese Frau. Doch dazwischen lagen fünfzig Jahre. Eine Verbindung war also wirklich sehr zweifelhaft.
    „Was macht sie hier in Berlin?“, fragte Sam weiter.
    „Ich denke sie ist wegen des Kongresses hier.“
    „Dann frage ich mich, warum sie gerade auschecken

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