Orcs ante Portas
allein weiß, was er alles angerichtet hat, während er dort unentdeckt auf der Lauer gelegen hat.
»Ich könnte Lisutaris möglicherweise eine Botschaft zukommen lassen«, erklärt Tinitis. »Gebt mir nur einen Augenblick, um wieder zu Kräften zu kommen.«
»Nein, das ist zu gefährlich. Wenn der Alte Hasius Brillantinius bereits die Stadt mit seiner Magie absucht, könnte er sie aufschnappen.«
Makri bietet sich an, nach Thamlin zu reiten, aber ich widerspreche auch diesem Vorschlag. Sie hatten Glück, dass sie auf ihrer Fahrt nach Süden nicht von einer Patrouille der Zivilgarde aufgehalten worden sind. Wir sollten unser Glück nicht überstrapazieren. Ich spiele mit dem Gedanken, selbst dorthin zu reiten, entscheide mich dann aber ebenfalls dagegen. Ich könnte mich zwar an jeder Gardistenpatrouille vorbeibluffen, aber es ist eiskalt, und vermutlich würde mir bei der Glätte irgendetwas zustoßen.
»Ich sende ihr eine Nachricht per Boten.«
Ein Außenposten der Botenzunft befindet sich nicht weit entfernt auf dem Mond-und-Sterne-Boulevard. Das bedeutet, ich muss einen eiskalten Marsch über den Quintessenzweg auf mich nehmen, aber wir müssen Lisutaris informieren. Ich frage Makri, ob sie eine Nachricht in Hochelfisch abfassen kann. Diese Sprache spricht in Turai kaum jemand, abgesehen von einigen hochrangigen Zauberern, die sie für ihre Zaubersprüche brauchen. Und eben Makri. Sie studiert diese Sprache auf der Hochschule. Rein theoretisch ist es zwar verboten, eine Nachricht abzufangen, die von einem Mitglied der Botenzunft überbracht wird, aber es kann nicht schaden, vorsichtig zu sein.
»Und was soll ich schreiben?« Makri nimmt ein Blatt Papier von meinem Schreibtisch.
»Wir haben tragischerweise die ganze Affäre durch unsere unglaubliche Blödheit vermasselt«, schlage ich vor. »Bitte komm schnell und rette unsere armselige Karikatur von einem Rettungstrupp.«
Makri runzelt die Stirn. »Ich formuliere das etwas um.«
»Vergiss nicht, den orkischen Magier zu erwähnen.« Da fällt mir ein dunkles Stück Holz auf, das aus einer der tiefen Taschen in Tinitis’ Mantel lugt. »Ist das sein Zauberstab?«, frage ich.
Sie nickt. Ich kann die orkische Magie spüren, die in diesem Stab schlummert. Menschenzauberer benutzen solche Stäbe eher selten, aber einige Ork-Magier kanalisieren ihre Energie durch diese Stäbe. Sie behaupten, sie würde dadurch mächtiger. Wir dagegen halten das für ziemlich rückständig.
Ich hatte keine Zeit, meinen magischen warmen Mantel zu flicken und aufzuladen, und bin so verfroren wie eine Eisfee, als ich endlich das Ende des Quintessenzwegs erreiche. Ich bin ganz allein auf der Straße, und der Mann, der im Posten der Botenzunft Dienst schiebt, ist überrascht, als ich hereinkomme und mir den Schnee abschüttele.
»Das muss ja wichtig sein.«
»Ein plötzlicher Todesfall in der Familie«, behaupte ich, während ich ihm den versiegelten Brief reiche.
»Glückwunsch.«
Während ich mich den Quintessenzweg zurückkämpfe, verschlechtert sich meine Laune mit jedem Schritt. Ich wollte nur vor meiner Phalanxausbildung morgen ein bisschen schlafen, und was passiert? Die Vereinigung der Frauenzimmer taucht ungeladen in meinem Büro auf und hat auch noch eine gesuchte Kriminelle im Schlepptau. Ich bekräftige mit einem Fluch, dass keine dieser Frauen jemals wieder mein Büro betreten wird. Nötigenfalls werde ich mir von Astral Trippelmond einen starken Zauber wirken lassen, um sie mir vom Hals zu halten. Gott weiß, welcher Wahnsinn Makri als Nächstes in den Sinn kommt, wenn ich ihr nicht einen Riegel vorschiebe. Dabei ist dies hier schon schlimm genug. Sollten die Behörden herausfinden, dass ich Herminis Schutz gewährt habe, muss ich aus der Stadt fliehen. Und eine Flucht aus Turai ist im Winter extrem unangenehm, das weiß ich aus Erfahrung. Wenn man die Behörden schon verärgert, sollte man das bei schönem Wetter tun.
Der Schnee verwandelt sich in Schneeregen. Als ich die Rächende Axt erreiche, bin ich so nass wie die Decke einer Meerjungfrau. Während ich verbittert die Treppe hinaufstapfe, tröste ich mich damit, dass diese närrischen Frauen wenigstens ihre Lektion gelernt haben. Ich erwarte, dass ich sie entsprechend niedergeschlagen vorfinde.
Doch kaum öffne ich die Tür, wabert mir das durchdringende Aroma einer gewaltigen Thaziswolke in die Nase, und schallendes Gelächter hallt mir in den Ohren. Makri hüpft in meinem Büro herum und fuchtelt mit
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