Orcs ante Portas
hätten sie sich meiner entledigt. Niemand interessiert sich im Moment für die Wahrheit hinter der Ermordung von Calvinius.
Noch mehr Bonzenkutschen verzögern unseren Marsch. Diesmal sind es Prinz Dös-Lackal und verschiedene Mitglieder des Kriegsrates. Heute ist ein großer Tag. Unsere gesamte Streitmacht versammelt sich auf dem Truppenübungsfeld.
Sobald ich vor dem Tor bin, beeile ich mich, zu meiner Phalanx zu kommen. Unsere Lanzen wurden auf Karren herangeschafft, und ich beaufsichtige meine Abteilung, während sie sich aufstellt. Die Lanzen ragen beinahe sieben Meter aus der Phalanx heraus. Als Korporal meiner Abteilung stehe ich in der dritten Reihe. In den beiden ersten Reihen stehen die jüngsten und kräftigsten Männer. Sie müssen große Schilde tragen und fangen die volle Wucht des feindlichen Angriffs ab. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass dies nicht gerade der gemütlichste Ort auf dem Schlachtfeld ist. Als ich einige der inkompetenteren Soldaten meiner Abteilung anbrülle, mache ich das hauptsächlich deswegen, weil ich weiß, dass die jungen Männer in den ersten Reihen wie die Fliegen sterben, wenn wir unsere Aufgabe nicht ordentlich erledigen.
Ghurds Phalanx kann ich nicht sehen. Sie hat irgendwo links von uns Aufstellung bezogen. Ich bedauere, dass wir uns heute Morgen gestritten haben, zweifellos wird er heute Abend seine Angst vor einer Hochzeit überwunden haben. Oder zumindest wird er mir nicht mehr die Schuld daran geben. Ghurd und ich sind schon zu lange Kampfgefährten, als dass wir uns lange über so etwas streiten. Dafür haben wir einfach zu viel miteinander durchgemacht.
Senator Marius gibt einen Befehl, und die Zenturionen schreien uns an. Wir marschieren über das Feld, machen kehrt und kommen wieder zurück, mehr oder weniger in Formation. Wenigstens ist niemand hingefallen. Das ist schon ein Fortschritt. Wir schaffen es sogar, neben Prätor Raffius’ Phalanx Stellung zu beziehen, ohne in sie hineinzulaufen. Die Söldnerbrigaden haben mittlerweile das Stadion Superbius verlassen und beteiligen sich an den Übungen. Da sie jetzt mit ihren eigenen Manövern beschäftigt sind, haben sie keine Zeit mehr, uns zu verspotten. Ich höre, wie Viaggrax seine Leute anbrüllt. Dem jungen Toggalgax muss nach den Erlebnissen der letzten Nacht der Kopf zerspringen. Ich bin immer noch verärgert, dass Makri ihn in ihr Zimmer gelassen hat, auch wenn ich nicht weiß, warum eigentlich. Wie sie ganz richtig gesagt hat, geht mich das gar nichts an.
Nach einer Stunde Drill lässt uns Senator Marius in einer Reihe antreten.
»Bereitet euch für die Ankunft des Prinzen vor.«
Prinz Dös-Lackal trottet auf seinem Pferd heran. Es ist ein prächtiger Hengst, und der junge Prinz gibt in seinem glänzenden Kettenhemd und seinem vergoldeten Helm einen kolossalen Kriegsherrn ab. Er klappt das Visier des Helms hoch und spricht zu uns. Er ist ein guter Redner, und ich spüre, dass die Männer um mich herum bei seinen aufmunternden Worten Mut schöpfen. Ich selbst wäre noch etwas zuversichtlicher, wenn der Prinz jemals eine Armee in eine Schlacht geführt hätte. Wenigstens sieht er kompetent aus.
Nach seinen netten, aufbauenden Worten empfiehlt er uns nachdrücklich, nicht im Angesicht des Feindes zu wanken. In dem Moment wird er von trommelnden Hufen unterbrochen. Lisutaris, die Herrin des Himmels, prescht auf einer weißen Stute heran. Die Zauberin trägt ein Männerwams und eine Hose. Diese Kleidung habe ich seit dem letzten Krieg nicht mehr an ihr gesehen. Außerdem hat sie ein Schwert um ihre Taille gegürtet. Hinter ihr galoppiert Makri auf einem schwarzen Pferd. Sie trägt ihren leichten Panzer, den sie aus den Ork-Landen mitgebracht hat. Es ist ein schwarzer Lederharnisch, der sehr geschickt mit einem Kettenhemd verstärkt worden ist. Vom Rest der Zaubererinnung ist nichts zu sehen. Offenbar ist Lisutaris in aller Hast hergeeilt. Sie springt von ihrem Pferd und nähert sich dem Prinzen.
Ich bin nahe genug, dass ich die Unterhaltung mit anhören kann. Sie fängt nicht gerade gut an. Prinz Dös-Lackal zeigt wenig Respekt für Lisutaris’ Rang und erkundigt sich grob bei ihr, was sie denn hier zu suchen habe. Lisutaris informiert ihn, dass sie dringende Nachrichten für ihn hat. Der Prinz erwidert, dass ihre Nachrichten gefälligst warten können, bis er die Truppen zu Ende inspiziert hat. Lisutaris widerspricht und meint, so viel Zeit bliebe nicht. Schließlich schreien sie sich an. Dass sie
Weitere Kostenlose Bücher