Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
Blickwinkel völlig aus. Sie wollte
so viel wie möglich über Bent herausfinden. Dazu gehörte natürlich auch sein
soziales Umfeld. Zu wem hatte er Kontakt? Welche Personen zählten zu seinem
Bekannten- und Freundeskreis? Ihr war klar, dass sie nur sehr eingeschränkt
aktiv werden konnte. Auf die Möglichkeiten und Mittel, die ihr üblicherweise
als Hauptkommissarin zur Verfügung standen, hatte sie während ihrer Beurlaubungkeinen Zugriff. Allerdings war auch sie gut vernetzt. Über die Jahre konnte
sie viele wertvolle Kontakte zu Kollegen in anderen Dezernaten und Abteilungen des
Münchner Polizeipräsidiums knüpfen. Sie verfügte über einen exzellenten Ruf und
ihr Netzwerk sollte sich noch als äußerst nützlich erweisen.
Vor fünf Jahren hatte sie das Rauchen aufgegeben, doch
unmittelbar nach der Trennung von Rainer war sie schwach und rückfällig
geworden. Während eines Plauderabends mit Mona, ihrer besten Freundin, bat sie
diese um eine Zigarette. Es sollte nur die eine sein. Leider hing sie seit dem
Abend wieder an den Glimmstängeln und nun saß sie in ihrem Auto und kramte in
ihrer Handtasche. Wo war die verdammte Zigarettenschachtel? Und wo zum Teufel
war ihr Feuerzeug?
Noch während sie danach suchte, nahm sie aus den Augenwinkeln
eine auffällige Limousine wahr, die unmittelbar vor der großen Toreinfahrt
hielt. Es war ein silberfarbener Rolls-Royce. Nach einigen Sekunden öffnete
sich langsam das automatische Tor und die beiden Torflügel bewegten sich wie in
Zeitlupe zur Seite. Der schwere Wagen setzte sich in Bewegung und passierte die
Einfahrt. Bevor sich das Tor wieder schloss, konnte sie sich noch das
Kennzeichen merken. Anstelle der Zigaretten zog sie ihr Smartphone aus der
Handtasche und notierte das Kennzeichen.
Per SMS sendete sie dieses an ihren (Ex)-Mitarbeiter Adrian
Keßler und bat ihn darum, ihr den Namen des Halters mitzuteilen. Über den
Hintergrund ihrer Frage ließ sie Keßler zunächst im Dunkeln. Er meldete sich
noch am selben Abend. Mittlerweile war es nach 23.00 Uhr und Verena spürte
jetzt deutlich die physischen und psychischen Belastungen des ausklingenden Tages.
Nachdem Keßler über sein Gespräch mit Bent berichtet hatte,
nannte er ihr den Namen des Fahrzeughalters.
„Das, was ich Ihnen jetzt sage, werden Sie mir nicht
glauben.“
„Machen Sie es bitte nicht so spannend!“
„OK. Der Mann heißt Peter Hartwig !“
Verena stutzte, als Keßler den Namen nannte. Sie dachte
zuerst, sie habe sich verhört.
„Wiederholen Sie das bitte nochmal!“
„Peter Hartwig. Sie haben schon richtig gehört. Wenn mich
nicht alles täuscht, empfing unser erstes Mordopfer, Florian Baumert, kurz vor
seinem Tod hintereinander zwei Besucher. Einer davon hieß Peter Hartwig.“
„Verdammt nochmal, Sie haben Recht!“
Keßlers Stimme war dabei, sich vor Aufregung zu
überschlagen.
„Hartwig wohnt in Starnberg. Aber das haben Sie ja schon aus
dem Kennzeichen STA schließen können.“
„Keßler, wie ich Sie kenne, ist das doch nicht alles, was Sie
rausgefunden haben, oder?“
„Chefin, Sie kennen mich doch. Wenn das alles sein sollte,
wäre ich nicht Adrian Keßler!“
Er lachte und Verena konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
„Also, was haben Sie noch?“, fragte Verena ungeduldig.
„Peter Hartwig ist kein Unbekannter. Ich habe den Namen mal
spaßeshalber durch unsere Datenbank laufen lassen und siehe da: Bingo! Im
Nachhinein nur ärgerlich, dass ich das nicht früher gemacht habe.“
„Jetzt bin ich aber richtig neugierig!“
„Sie sitzen ja gut und ich will es kurz machen: Hartwig war
früher beim BND.“
„Beim Bundesnachrichtendienst? Das ist ja mal eine Überraschung!
- Und? Kommt noch mehr?“
„Ja! Seine Akte sagt, dass Hartwig über sehr gute Kontakte
zum ehemaligen russischen Geheimdienst KGB und zum MFS, also dem ehemaligen
Ministerium für Staatssicherheit der DDR, verfügte. Er ist 59 Jahre alt und
befindet sich bereits seit mehreren Jahren im vorzeitigen Ruhestand.“
Verena saß da und ließ die Worte Keßlers auf sich wirken. Sie
blickte gedankenverloren durch die Frontscheibe ihres Wagens auf eine
Straßenlaterne, deren Strahlen die Umgebung in ein gelbliches Licht tauchte.
„Chefin? Sind Sie noch da?“, wollte Keßler wissen.
„Ja. Ich bin noch da. Alles in Ordnung.“
Verena stellte sich die Fragen: Was hat ein Polizeirat mit
einem ehemaligen Agenten des Bundesnachrichtendienstes zu tun? Und warum
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