Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
ausführlich von seiner Verhaftung, dem Gefängnisaufenthalt und seiner
Vernehmung durch die Polizei berichtet. Selten hatte er den Vater so
aufgebracht erlebt. Wütend hatte er seine Hasstiraden gegen alle Feinde des
Ordens abgefeuert und die Mission Nagys als wichtigen Bestandteil des Heiligen
Krieges gegen das Böse in der Welt deklariert.
Nachdem sich der Vater langsam beruhigte, erhielt Nagy
die Anweisung, seine Mission bis auf weiteres zu unterbrechen. Bedingt durch
die unvorhergesehenen Ereignisse, ausgelöst durch die Ermittlungen der Polizei,
sollte er weitere Instruktionen abwarten. Auf keinen Fall durfte das große
Ziel gefährdet werden. Der Vater würde seine schützende Hand über
ihn halten. Das Netzwerk, über das er verfügte, garantierte eine nahezu
perfekte Abschirmung und Sicherheit, auch gegenüber der Kriminalpolizei. Er war
unantastbar, da er das Werkzeug Gottes war. Sollte man ihn erneut angreifen,
demütigen oder verletzen, würden die Rache und der Zorn Gottes unsäglich
schrecklich sein. Seine Feinde hatten keine Chance.
Nagy faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in seine
Hosentasche. Er stand auf, ging zu dem kleineren der beiden Aquarien und nahm
den Casher aus dem Unterschrank. Der Rest war Routine. Er entnahm dem Becken
einen Fisch und setzte diesen im größeren Becken ab. Es dauerte nicht lange,
bis dem Fischlein der giftige Zahn einer im Sand lauernden Kegelschnecke zum
Verhängnis wurde. Das Gift tat schnell seine Wirkung.
Vergil Nagy liebte
Rituale. Neben der Fütterung der Schnecken gehörten auch die täglichen Gebete
dazu. Seit frühester Kindheit betete er täglich zu seinem Gott. Doch erst
während der frühen Jahre im Kloster Auethal hatte er durch die Exerzitien
gelernt, was die Beziehung zwischen Gott und
Mensch ausmacht. Dort erfuhr er als Empfangender alle Dimensionen, die
für die Brüder und Priester des Ordens von Bedeutung sind. Er war fest davon
überzeugt, aus den Exerzitien mehr Klarheit für sein eigenes Leben gewonnen zu
haben. Bereits damals hatte er gelernt, dass die Geistlichen Übungen von
dem Ordensgründer Ignatius von Loyola aus seinen Lebenserfahrungen entwickelt
und in nahezu unveränderter Form bis heute eingesetzt wurden.
Nagy war zufrieden und schaltete
das Licht im Wohnbereich aus. Vor der Nachtruhe würde er zu seinem Gott beten
und ihn inständig um Unterstützung bei seiner wichtigen Aufgabe bitten.
33
+++ Mittwoch, 26. September - 16.45 Uhr · Haus
von Thomas Bent, München +++
Die letzte Begegnung mit Bent liegt einige Jahre zurück , erinnerte sich Ben Seybold, als er
seinen Wagen direkt vor dem großen Tor des Bungalows in München-Bogenhausen
anhielt. Verena hatte ihn gewarnt. Aus ihrer Sicht musste er damit rechnen,
dass das Haus und das Grundstück genauso gut gesichert waren, wie das von
Hartwig. Auch den hohen Metallzaun hatte sie detailliert beschrieben. Doch das
konnte ihn nicht davon abhalten, sich das Haus genauer anzuschauen.
Zu Seybolds Plan gehörte das vorherige Auskundschaften der
örtlichen Gegebenheiten. Damit hatte er unmittelbar nach dem Gespräch mit
Verena begonnen und dabei festgestellt, dass sich Bent eine Haushälterin
leistete, die um 9.00 Uhr kam und um 18.00 Uhr das Haus wieder verließ.
Abgesehen davon, dass sie anscheinend auch diverse Einkäufe erledigte, hielt
sie sich tagsüber im Haus auf. Bent kam in der Regel erst nach 18.00 Uhr nach
Hause.
Seybold hatte sich in einem Baumarkt einen Werkzeugkoffer,
einen blauen Montageanzug und eine dazu passende Kappe besorgt. So bekleidet
stand er jetzt vor dem großen Tor zu Bents Grundstück. Er drückte auf den
Klingelknopf neben dem Tor.
„Ja bitte?“, ertönte eine weibliche Stimme durch den
Lautsprecher der Wechselsprechanlage.
„Guten Tag! Mein Name ist Stefan Lenzen von den Stadtwerken
München. Wir führen eine Überprüfung der Stromversorgung durch.“, antwortete
Seybold und schaute betont freundlich in Richtung der kleinen Kamera oberhalb
des Lautsprechers.
„Stadtwerke München? Davon weiß ich ja gar nichts. Davon hat
man mir Herr Bent nichts gesagt. Vielleicht ist es besser, wenn ich ihn anrufe
und frage!?“
„Das ist schon in Ordnung, gute Frau.“, beruhigte Seybold die
Haushälterin. „Der Termin ist mir Herrn Bent abgestimmt. Schauen Sie bitte …“
Er zog einen Ausweis aus der Brusttasche des Montageanzugs
und hielt diesen gut sichtbar vor das Kameraauge. Bei dem Ausweis handelte es
sich um eine Fälschung, die er am Abend
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