Orden der Verderbnis - Thriller (German Edition)
an.“
Hartwig warf seinem Begleiter einen Blick zu und deutete mit
einer Kopfbewegung an, dass er den Raum verlassen sollte. Ben nahm nicht mehr
wahr, dass die beiden den Raum verließen und der Scheinwerfer ausgeschaltet
wurde. Die Tür fiel ins Schloss und dunkle Stille kehrte zurück, die nur
gelegentlich von einigen Wassertropfen unterbrochen wurde, die in
unregelmäßigen Abständen aus einer undichten Wasserleitung an der hinteren
Kellerwand auf das am Boden stehende Wasser fielen.
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+++ Freitag, 28. September - 17.34 Uhr · Kloster Auethal +++
Der Obere des Klosters, Horst Eichholz, stand an einem der
Fenster des abgedunkelten Konferenzraums und blickte durch die schrägstehenden
Lamellenvorhänge in den Innenhof der Klosteranlage. Mehrere schwere Limousinen
parkten in unmittelbarer Nähe der alten Linde, die im Zentrum des Hofplatzes
einen langen Schatten warf. Die untergehende Septembersonne spiegelte sich in
den Fenstern des gegenüberliegenden Gebäudetraktes.
„Wo bleibt Hartwig?“, fragte Eichholz, ohne den Blick von der
vor ihm liegenden Kulisse zu wenden.
„Er ist auf dem Weg und wird jeden Moment hier eintreffen.“,
antwortete sein Assistent, Markus Bezold. Er stand an dem großen Konferenztisch
in der Mitte des Raums und war damit beschäftigt, Kaffeetassen auf der
Edelholzplatte des monströs wirkenden Edelholztisches zu verteilen.
„Sehr gut!“, stellte Eichholz fest und setzte sich auf einen
der freien Stühle.
Jacob Zielinski, ein hagerer, hochaufgeschossener Mann mit
strengem Blick, saß am Kopfende des Tisches und beobachtete die Szene. Als
Provinzial des Jesuitenordens trug er die Verantwortung für Deutschland,
Dänemark und Schweden und war somit das ranghöchste Mitglied des Ordens für
diese Provinz . Er hatte in den 1980er Jahren zunächst in Wien und später
in Rom Theologie studiert, bevor er in der Erzdiözese Wien zum Priester geweiht
wurde. Ein Jahr später war er dem Jesuitenorden beigetreten und ging kurze Zeit
danach erneut nach Rom, um an der Päpstlichen Universität Gregoriana in
Theologie zu promovieren. Seit dieser Zeit hatte er systematisch sein Netzwerk ausgebaut.
Auch seine Karriere innerhalb der katholischen Kirche war nahezu perfekt verlaufen.
Nach seiner Promotion und verschiedenen Stationen in Österreich und
Süddeutschland, sowie seiner Aufnahme in das Kardinalskollegium, trug er seit
drei Jahren die Verantwortung für das Erzbistum München und Freising.
Die Ordenszentrale des Jesuitenordens befand sich seit jeher
in der Via del Casale di S. Pio V, unweit des Vatikans. Das war für Zielinski
sehr praktisch, gehörte er doch seit jener Zeit nicht nur dem engsten
Beraterzirkel des Generaloberen der Jesuiten - auch „schwarzer Papst“ genannt -
an, sondern auch dem engsten Beraterkreis des Papstes. Beide, der „schwarze“
und der „weiße“ Papst, stellten innerhalb ihrer jeweiligen Organisation die
höchste Instanz dar. Allerdings hatte der Gründer des Jesuitenordens, Ignatius
von Loyola, bereits bei der Ordensgründung festgelegt, dass sich seine
Mitglieder neben Armut und Ehelosigkeit vor allem gegenüber dem „weißen“ Papst
zu bedingungslosem und besonderem Gehorsam verpflichten müssen.
Sehr oft wurde darüber in den Medien spekuliert, wer der
eigentliche Machthaber war. Der Papst, als offizielles Oberhaupt und
Stellvertreter Gottes auf Erden oder der General des Jesuitenordens?
Einer militärischen Organisation gleich, wurden die Jesuiten
von jeher als Geheimpolizei und Armee des Papstes oder als Kompanie bezeichnet.
Die Spekulationen hinsichtlich der Machtverteilung beruhten zum einen auf der
aktuellen Situation und waren der Beobachtungsgabe kundiger Journalisten und
Vatikankennern zu verdanken. Der amtierende Papst litt seit langem an Parkinson
und die Krankheit hatte mittlerweile ein Stadium erreicht, das nichts Gutes
ahnen ließ. Viele rechneten mit seinem baldigen Ableben und da lag es auf der
Hand, dass hinter vorgehaltener Hand die ersten Namen seines möglichen
Nachfolgers gehandelt wurden. Zum anderen gab es Gruppen innerhalb der Kurie
und des Kardinalkollegiums, die gezielt falsche Meldungen kolportierten, um
Unsicherheit zu verbreiten und dann einen Kandidaten aus dem eigenen Umfeld präsentieren
wollten. Das geschah natürlich nicht öffentlich. Diese Art, seine
Machtansprüche deutlich zu machen, hatte eine lange Tradition in der
katholischen Kirche. Neben dem Opus Dei , einer Laien-Organisation
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