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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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meines Bruders, in dem es unglaublich nach geschlossenen Fenstern roch.
    Die Pflege unserer Zimmer hatten meine Eltern uns schon sehr früh übertragen, offiziell eine pädagogische Maßnahme, die uns zu mehr Selbstständigkeit erziehen sollte, was bei mir auch funktionierte. Bei Hannes nicht. Aber meine Eltern meinten, jeder sei seines eigenen Glückes Schmied – wenn er sich so wohlfühlte, sollte er es so haben.
    Also musste ich in der zugemüllten Bude von Hannes auf der alten Matratze schlafen, deren Sprungfedern wir durch ausgiebiges Hüpfen aufs Äußerste strapaziert hatten. Ich war stinksauer.
    Veeti war fünfzehn, aber schon fast so groß wie mein Vater. Sein Deutsch war sehr schlecht. Er konnte nur ja, nein, danke, bitte und Prost sagen. Am ersten Abend fand er den Alkoholschrank meiner Eltern, trank einen halben Liter Wodka und erbrach sich in meine Puppenwiege, wo Echthaar-Emily schlummerte. Nach dieser Aktion wurde sie erst Glatzen-Emily, um dann doch ein verfrühtes Grab in der Restmülltonne zu finden. Meine Eltern beschlossen, dass Veeti Heimweh hatte, und versuchten, ihm etwas zu bieten. Wir fuhren ins Schwimmbad. Erst als wir in der Umkleidekabine waren und meine Mutter sagte, die Badeanzüge hätte sie natürlich zu Hause gelassen, dämmerte mir, was Sache war. Wir gingen gar nicht schwimmen. Wir gingen – typisch finnisch – in die Sauna.
    »Das habe ich noch nie gemacht«, sagte meine Mutter aufgekratzt, »da wird es dringend Zeit.«
    »Ich geh nicht mit«, versuchte ich zu protestieren, aber genau wie meine Eltern mir nicht erlaubten, den Rosenkohl liegen zu lassen ohne wenigstens eine Gabel voll zu essen, kam ich auch hier nicht drum herum.
    »Du musst es wenigstens einmal probieren, damit du weißt, ob du es magst oder nicht«, lautete die ungerührte Ansage meiner Mutter.
    Was war das bitte schön für eine total beknackte Logik? Ich musste mir ja auch nicht erst mit dem Hammer auf den Daumen schlagen, um zu wissen, dass es wehtat. Ich fand es schon zu Hause unangenehm, dass meine Eltern so einen befreiten Umgang mit allem Körperlichen pflegten und dauernd nackt durchs Haus rannten oder andere Dinge taten, die eigentlich für ein Bett vorgesehen waren und nicht für den Garten (ja, ich hatte sie gesehen) oder das Badezimmer (dito). Aber dass ich hierbei jetzt mitmachen und ebenfalls in aller Öffentlichkeit blank ziehen sollte, war der Schock schlechthin.
    »Aber Hannes ist auch nicht mit«, jammerte ich.
    »Der hat ein Fußballspiel«, sagte meine Mutter. »Und jetzt stell dich nicht so an – dir guckt keiner was weg.«
    Ich wickelte mich in das Handtuch, setzte mich auf die unterste Bank in eine Ecke und schwitzte. Alle anderen legten sich nackt auf ihre Handtücher. Keiner sagte ein Wort. Die meisten schlossen die Augen und entspannten sich. Sphärische Klänge ertönten aus unsichtbaren Lautsprechern, rötliche Lampen tauchten alles in ein warmes Zwielicht. Erst schaute ich nur auf den Boden, doch dann konnte ich nicht anders und lugte verstohlen zu Veeti, der gegenüber auf der obersten Bank lag, die Beine von sich gestreckt, die Arme locker auf der Brust verschränkt. Er sah schon fast aus wie ein Mann, mit muskulösen Armen und Beinen und dem schwarzen Schamhaar, das zwischen seinen Beinen spross.
    Trotz des Halbdunkels bemerkte ich plötzlich eine Bewegung, und ich konnte nicht anders – ich musste hinschauen. Veetis Penis fing plötzlich an zu wackeln, er pulsierte, und mit jedem Pulsschlag wuchs er, in die Länge, in die Breite und in die Höhe. Ein solches Schauspiel hatte ich noch nie gesehen, und ich konnte den Blick nicht abwenden. Veetis Penis war bald so dick wie eine Fleischwurst im Ring. Ich musste schlucken. Das war ja so ekelhaft!
    In dem Moment bemerkte ich, dass Veeti die Augen geöffnet hatte und mich anzüglich angrinste. Oh mein Gott! Ich wollte rausrennen, aber in meiner Panik bemerkte ich nicht, dass der Fuß meines Vaters auf einem losen Zipfel meines Handtuchs lag und es einklemmte. Das Handtuch glitt mir aus den schwitzigen Händen, fiel zu Boden, und ich stand nackt und schutzlos in der Sauna, als ausgerechnet in diesem Moment die Tür aufgemacht wurde und die hereindringende Helligkeit meine weiße Haut erstrahlen ließ. Als ich mein Handtuch wieder an mich gerafft hatte, rannte ich mit knallrotem Kopf raus.
    Veeti grinste jedes Mal, wenn er mich in den folgenden zehn Tagen seines Aufenthalts zu Gesicht bekam. Das war mir so schrecklich peinlich, dass

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