Ordnung ist nur das halbe Leben
zu sagen: »Verlauf dich nicht.«
»Tsess«, machte sie verächtlich und stakste davon. Währenddessen machte sich Sundance über die Muffins her. Ihre Pausbacken waren randvoll mit Gebäck, ihre Augen strahlten glücklich.
»Iss lieber nicht so viel, sonst wird dir noch schlecht, mahnte ich nach dem dritten.«
»Mir wird nie schlecht«, informierte sie mich und aß weiter.
Die Tür ging auf, und Cassidy kam wieder herein.
»Was um alles in der Welt …?«, stammelte ich. Ihre Oberweite war deutlich angeschwollen. Da, wo vorher ihre murmelgroße Mädchenbrust gewesen war, pressten sich jetzt zwei Apfelsinen durch den goldenen Stoff.
»Hast du dir da etwa was reingestopft ?« Ich starrte Cassidy entgeistert an. Sie hatte sich außerdem die Augen stark mit Kajal umrandet und dunkelgrauen Lidschatten aufgetragen. Wenn ihre ungelenken Bewegungen und die Schicht Babyspeck nicht gewesen wären, hätte man sie glatt für achtzehn halten können.
Sie zuckte mit den Achseln. » Ich geh dann mal«, verkündete sie.
»Nein!«, rief ich. »Du bleibst hier! Iris kommt jeden Moment und zeigt uns unseren Platz für das Konzert.«
»Ist doch voll öde hier!«, schmollte sie. In diesem Augenblick kamen zwei junge Männer rein. Sie schienen von der Technikcrew zu sein, denn an ihren Gürteln hingen Taschen mit Kabeln und Schraubenziehern und Zangen.
»Hi«, grüßte der Jüngere von beiden. Sie schnappten sich am Büfett Sekt und Brötchen.
Sofort eilte Cassidy zu ihnen. »Hi«, flötete sie. »Ich bin Cassidy. Und wer seid ihr?«
Mir stand der Mund offen. In ihrem Alter hätte ich mich das niemals, niemals, niemals getraut. Selbst heute würde ich so was nicht machen.
»Ich bin Greg«, sagte der Jüngere. »Und das ist Bonzo.« Greg schätzte ich auf etwa zwanzig, Bonzo war altersmäßig schwerer einzuordnen, da er den sichtbaren Anteil seines Gesichts mit einem zauseligen Bart und einer dicken Wollmütze auf ein Minimum reduziert hatte.
»Was macht ihr hier? Gehört ihr zu Shakiras Crew?«, säuselte Cassidy und warf einen ehrfurchtsvollen Blick auf das Werkzeug.
Greg sagte: »Klar. Wir hängen mit ihr ab, reisen durch die Welt – das ganze Programm.«
Das war so was von gelogen, und jeder mit nur ein bisschen Grips hätte das sofort geschnallt.
»Cooool«, hauchte Cassidy. Jetzt, wo sie mit den Jungs sprach, war ihr arroganter Tonfall auf einmal verschwunden. Sundance war inzwischen zu den Würstchen übergegangen und trank Orangensaft dazu. Mir wurde schlecht beim Zugucken.
»Mach doch mal eine Pause, Sundance«, sagte ich. »Das Zeug läuft nicht weg.«
Das schien sie tatsächlich zu beruhigen, denn sie nahm sich nur einen neuen Orangensaft, setzte sich auf einen Stuhl und gab sich der Verdauung hin. Noch mehr Leute kamen rein, die sich über das Büfett hermachten, während Cassidy weiter den Techniker anhimmelte, der leichte Beute witterte und anfing, an ihren Lamettafransen zu zupfen.
»Hey, willst du mal die Soundanlage sehen?«, fragte Greg und stürzte seinen Sekt hinunter.
»Klar«, sagte Cassidy.
Sundance beschloss, dass sie genug verdaut hatte, oder vielleicht machte sie auch nur die Konkurrenz um das Futter nervös. Auf jeden Fall stand sie auf und ging wieder zum Büfett. Sie würde sich hundertprozentig bald übergeben! Und Cassidy war gerade dabei, mit Greg zu verschwinden.
»Cassidy«, rief ich. »Lass uns mal deine Mutter anrufen.«
Sie schnaubte verächtlich: »Meine Mutter kann mich mal.« Sie nahm Gregs Hand und ließ sich von ihm wegziehen.
Mist! Was sollte ich bloß machen? Es musste ein Wunder geschehen!
Und dieses eine Mal hörte der Himmel auf mich.
Es geschah ein Wunder.
Ein Engel kam herein, ein kleiner, schöner, zierlicher Engel mit blonden, langen Locken. Sie nahm sich einen Becher mit Wasser und lächelte mir zu.
Ich stupste Sundance in die Seite und flüsterte aufgeregt: »Da ist Shakira!«
Sundance vergaß für einen Moment, in das Brötchen zu beißen.
»Wie dünn sie ist«, sagte ich pädagogisch wertvoll. »Sie isst bestimmt nicht viel.«
Sundance’ Augen bekamen einen merkwürdigen Glanz. Cassidy ging aus der Tür. Ich schrie ihr hinterher: »Cassidy! Shakira ist hier!«
Aber es kümmerte Cassidy nicht im Geringsten. Ohne auch nur eine halbe Sekunde innezuhalten, verschwand sie mit dem lüsternen Techniker.
Ich wollte ihr gerade hinterhereilen, da fragte Shakira: »What’s wrong with her?« Sie zeigte auf Sundance.
Jetzt erst bemerkte ich, dass das Mädchen
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